Aufwendiges, aber lohnendes Amt

  07.04.2021 Bünzen

Nach acht Jahren legt Marcel Egg sein Amt im Bünzer Gemeinderat nieder – Ersatzwahl im Juni

Aus beruflichen und familiären Gründen erklärte der parteilose Marcel Egg per Ende Mai seinen Rücktritt aus dem Gremium, dem er seit 1. Januar 2013 angehört.

Susanne Schild

Bereut hat Marcel Egg seine Entscheidung, sich als Gemeinderat für Bünzen einzusetzen, keine einzige Minute. Als er damals aus der Schulpflege austrat, suchte er einen neuen Ausgleich zu seiner beruflichen Tätigkeit. «Ich engagiere mich gerne in meiner Freizeit», betont der IT-Manager. Überraschend kam seine Wahl vor acht Jahren für ihn nicht. «Ich war damals der einzige Kandidat und wurde in stiller Wahl gewählt.» Seine Freude über das ausgesprochene Vertrauen sei gross gewesen.

Das Amt war für ihn kein Einstieg in eine politische Karriere. «Im Gegenteil, für mich war wichtig, das Amt als Parteiloser auszuführen. Ich wollte mein Amt mit positiver Kraft begleiten, unabhängig von einer Partei.» Interessiert habe ihn vor allem, wie die Gemeinde funktioniert, einen Einblick in die Arbeit der Verwaltung zu bekommen und dadurch die Prozesse besser zu verstehen.

Verantwortung für das Gemeinwesen tragen

Das Amt als Gemeinderat sah er als Chance an, die Geschicke der Bünzer Geschichte für einen kurzen Zeitraum mitgestalten zu dürfen. «Ich wollte mich in die Gesellschaft einbringen. Das Amt ist aufwendig, aber lohnend.» Jeder, der sich an der Dorfgemeinschaft und dessen Zukunft beteiligen wolle, sei im Gemeinderat und den Kommissionen «ganz wichtig». «Ich lebe gerne in Bünzen. Habe viel Freude in der Gemeinde. Diese Freude wollte ich durch meinen persönlichen Beitrag in der Gemeinde erhalten.» Es gebe allerdings viele Möglichkeiten, sich in eine Gemeinde einzubringen. Er habe eben die des Gemeinderats gewählt, um Verantwortung für das Gemeinwesen zu tragen. Als sehr positiv bewertet er die Zusammenarbeit im Gremium. Er bezeichnet den Bünzer Gemeinderat als Räderwerk. Alles greift ineinander. «Man kann viel bewirken, wenn man Hand in Hand arbeitet. Die Möglichkeit, durch Abwägen und Finden einen Einfluss auf die positive Entwicklung von Bünzen zu nehmen, war uns allen wichtig.» Der Gemeinderat sei ein eingespieltes, harmonisches Team.

Während seiner Amtszeit sei das Gremium mit vier Gemeinderäten ein relativ stabiles Konstrukt gewesen. «Nur ein Sessel war immer wieder vakant.» Mehrheitsentscheide wurden immer sportlich mitgetragen, als Einheit zog man an einem Strang. «Wir haben diskutiert und kollegial nach konstruktiven Lösungen gesucht. Es war ein Miteinander und kein Gegeneinander», betont er.

Eine bewegte Amtszeit liegt hinter ihm

Neben grossen Herausforderungen in seiner Amtszeit habe es auch viele Höhepunkte gegeben. Der Zusammenschluss im Januar 2020 von 23 Gemeinden, zu denen auch Bünzen zählt, zum Gemeindeverband Bevölkerungsschutz und Zivilschutz Freiamt, war einer davon.

Ebenso die Fusion der drei Feuerwehren Boswil, Bünzen und Kallern im Januar 2020. «Das war auch für mich eine historische Entscheidung. Denn noch vor Jahren war die Feuerwehr eine heilige Kuh. Das war damit vorbei», erinnert sich Egg zurück. Natürlich habe man die Eigenständigkeit verloren, aber auch zugleich viel gewonnen. Die Vorbereitungen zur Feuerwehr Freiamt-Mitte seien damals sehr gut abgelaufen, und alle hätten mit viel Engagement zu dem Erfolg beigetragen.

Im August 2014 wurde nach einer rund eineinhalbjährigen Bauzeit die neue Brücke über die SBB-Strecke in Boswil/Bünzen dem Verkehr übergeben. «Das war ein weiteres Highlight meiner Amtszeit.» Die drei Ereignisse waren für ihn besonders einschneidend, da sie in sein Ressort Verkehr, Feuerwehr und Zivilschutz fielen.

Die Arbeit ist umfangreich, aber machbar

Im Mai tritt Marcel Egg nun aus beruflichen und familiären Gründen zurück. «Durch meine Kaderstellung wurde es für mich immer schwieriger, alles unter einen Hut zu bringen.» Dennoch ist er überzeugt, dass das «zeitteure» Hobby Gemeinderat, das man sich einfach nicht mehr leisten kann, kein generelles Problem ist. «Es ist viel mehr eine Wertfrage.» Die Vereinbarung von Politik, Familie und Beruf sei eine Frage, die sich jeder selbst stellen müsse. «Es liegt an der eigenen Person und nicht an der zunehmenden Komplexität des Amtes», ist Egg überzeugt. «Bei mir war mein Beruf einfach das Zünglein an der Waage.» Als Gemeinderat übernehme man Verantwortung. Die Arbeit sei umfangreich, aber machbar, müsse aber mit den persönlichen Lebensinhalten in Einklang sein.

Er hinterlässt eine Lücke im Gemeinderat

Bereits 2017 war in den Medien zu lesen, dass Frau Gemeindeammann Marlies Müller Dietrich eigentlich zurücktreten wollte, jedoch in stiller Wahl nochmals als Gemeinderätin und Gemeindeammann gewählt wurde. Ihr Amt führt sie seitdem nur als Übergangslösung aus. Damals sagte sie, dass die Gemeinde generell analysieren müsse, weshalb es so schwer geworden sei, Gemeinderatsmitglieder zu rekrutieren. «Selbstverständlich haben sich die Zeiten geändert, und die zeitlichen Ansprüche an Familie und Beruf sind gewachsen. Aber es müsste doch trotzdem gelingen, genügend geeignete Leute für die öffentlichen Ämter zu gewinnen.» Mit dem Rücktritt von Marcel Egg tut sich eine weitere Lücke im Gemeinderat auf.

Auf die Frage, ob sein Rücktritt ein weiterer Schritt Richtung Fusion der bisher unabhängigen Gemeinden Boswil und Bünzen sei, antwortet Egg: «Der Trend geht in diese Richtung.» Auch Marcel Egg sieht das Problem, dass die fähigen Leute immer eingespannter sind. «Für die Ämter im Gemeinderat und in den Kommissionen steht keiner Schlange», räumt er ein.

Eine mögliche Fusion könne deshalb auch eine Chance sein. Synergien könnten genutzt werden. «Ich kann aber auch die Befürchtungen nachvollziehen, dass es den Anschein hat, die Eigenständigkeit und Identität der beiden Gemeinden gehen verloren. Das ist aber nicht in allen Punkten so, vieles bleibt so, wie es ist. Es gibt genügend Beispiele in unserer Nähe, die das bestätigt haben», so Egg. Die endgültige Entscheidung würden aber die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger treffen. «Ich bin überzeugt, dass eine Lösung gefunden wird, die für alle stimmt.» Jetzt hofft der scheidende Gemeinderat, dass für seine Ersatzwahl im Juni ein geeigneter Kandidat oder eine geeignete Kandidatin gefunden werden kann.

Denn für Marcel Egg steht fest, dass es für ihn kein Comeback geben wird. «Das Kapitel Gemeinderat ist für mich definitiv abgeschlossen.» Sein Dank gilt seinen Ratsmitgliedern, die ihm schon jetzt fehlen werden.


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