AUSTAUSCHJAHR

  14.05.2021 Kolumne

Sarah Schönenberg, Paraguay.

Das Land, in dem die Suppe fest ist

In diesen inzwischen beinahe vier Monaten habe ich gemerkt, wie gross der Unterschied zwischen den Menschen, ihrer Kultur und Eigenarten hier zu den Verhaltensweisen der Menschen in der Schweiz ist. So wie uns Schweizern nachgesagt wird, dass wir immer pünktlich sind, so muss man sich hier auf das genaue Gegenteil einstellen. Denn hier ist es normal, dass man sich mindestens eine halbe Stunde später trifft als abgemacht. Für mich war (und ist) das ziemlich mühsam, obwohl ich mir inzwischen angewöhnt habe, mich mit meinen Freunden immer rund eine Stunde früher zu verabreden, als ich mich eigentlich mit ihnen treffen möchte.

Ein anderer Bereich, in dem der Unterschied zwischen Schweizern und Paraguayern meiner Meinung nach riesig ist, ist die Offenheit. Während wir Schweizer dazu neigen, anfangs eher kühl zu reagieren und über viele Dinge nicht mit jedem zu sprechen, so sind die Menschen hier das genaue Gegenteil. Es kommt sogar vor, dass wir mit unseren Lehrpersonen über unsere (nicht) vorhandenen Beziehungen sprechen.

Die Kultur eines Landes wird auch immer von den verfügbaren Nahrungsmitteln und den daraus gezauberten Gerichten geprägt. In Paraguay sind – soweit ich weiss – Fleisch (in jeglicher Form) und Maniok die zwei am häufigsten gegessenen Nahrungsmittel. Eine der beliebtesten Zubereitungsarten von Fleisch ist hier Asado, welches unserem Grillieren ähnelt. Und für die, die sich gerade nichts unter Maniok vorstellen können, das ist eine aus Südamerika kommende Wurzel, die ähnlich wie Kartoffeln schmeckt.

Doch auch die in der letzten Kolumne erwähnten Chipas und der Terere sind Teil der typischen Speisen Paraguays. Der Terere gehört inzwischen sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe und hat einen eigenen Feiertag in Paraguay. Nebst dem Terere gibt es auch noch zwei andere ebenfalls traditionelle Getränke: Mate und Cocido. Mate ist (eigentlich) die heisse Form des Tereres. Hierbei werden mehrheitlich dieselben Kräuter wie bei Terere genutzt und wahlweise mit heissem Wasser oder Tee aufgegossen. Doch es gibt auch Mate Dulce, bei dem Milch mit Zucker und Honig aufgekocht und danach auf Kokosraspeln und Gewürze gegossen wird. Cocido schmeckt für mich ähnlich wie Kaffee, doch er wird aus karamellisierten Kräutern und Wasser gekocht, und danach kann man nach belieben Milch und/oder Zucker hinzufügen.

Und zuletzt ein Gericht, das oftmals zu Asado gegessen wird: die Sopa. Wer Spanisch kann, weiss dass Sopa übersetzt Suppe heisst. Doch wenn man in Paraguay «Sopa» bestellt, bekommt man eine Art salzigen Biskuitkuchen, der traditionellerweise unter anderem aus Maismehl, Milch und paraguayischem Käse zubereitet wird. Die Suppe heisst hier hingegen Caldo.

Sarah Schönenberg wohnt mit ihrer Familie in Boswil. Sie ist 17 Jahre alt und besucht seit Sommer 2019 die Kantonsschule Wohlen. Momentan lernt sie rund 10 000 Kilometer entfernt in Concepción (Paraguay) ein anderes Leben kennen und berichtet regelmässig darüber.


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