Beinwil und der Windpark

  13.10.2020 Beinwil/Freiamt

Mitwirkungsverfahren startete gestern Montag

Der geplante Windpark in Beinwil hat schon für viele Diskussionen gesorgt. Jetzt läuft das Mitwirkungsverfahren.

Es ist klar: Am Schluss entscheidet die Beinwiler Stimmbevölkerung an einer Einwohnergemeindeversammlung, ob sie die Nutzungsänderung annimmt oder nicht. Es wird einer der letzten Schritte sein, bevor der Windpark Lindenberg realisiert oder begraben wird. Projektleiter Roland Eichenberger weiss: «Wir haben noch einige Hürden vor uns.» Bis Mitte März läuft nun das Mitwirkungsverfahren. --ake


Ganz viele Kriterien erfüllen

Seit gestern läuft die Mitwirkung zum Projekt Windpark Lindenberg in Beinwil

Der Windpark Lindenberg beschäftigt die Beinwiler Bevölkerung schon lange. Es gibt Gruppierungen, die sich für ihn einsetzen und solche, die gegen die vier geplanten Windräder ankämpfen. Gestern startete das Mitwirkungsverfahren. Projektleiter Roland Eichenberger stellt die neusten Erkenntnisse vor.

Annemarie Keusch

«Wenn alles wie am Schnürchen läuft, haben wir im Jahr 2023 die Baubewilligung.» Projektleiter Roland Eichenberger sagts im Wissen, dass wohl nicht alles wie am Schnürchen laufen wird. «Dass es Gegenwind gibt, ist anzunehmen.» Mit vielen Studien, Berechnungen und Messungen versucht die Windpark Lindenberg AG, den Gegnern diesen Wind aus den Segeln zu nehmen. In einer Ausstellung im Mehrzweckgebäude des Schulhauses Beinwil sind all diese Resultate, Statistiken und Messungen ausgestellt. Bis die Mitwirkung am 13. Oktober fertig ist, ist an allen Werktagen jemand von der Windpark Lindenberg AG da, um Fragen zu beantworten. «Wir wollen transparent sein, offen kommunizieren, vor allem auch weil wegen des Coronavirus keine öffentliche Orientierungsversammlung stattfinden kann.»

Die Mitwirkung sei eine wichtige Phase. Ob Interessengruppen, Verbände, Vereine oder Privatpersonen – alle können ihre Ideen, ihre Änderungswünsche und ihre Bedenken angeben. Eichenberger rechnet längst nicht nur mit Eingaben aus Beinwil, obwohl alle vier geplanten Windräder auf Beinwiler Gemeindegebiet vorgesehen sind. «Beispielsweise vom Hämikerberg erwarten wir Reaktionen.» Alle Eingaben werden am Schluss in einem Mitwirkungsbericht zusammengefasst.

Viele Kriterien zu erfüllen

Von der öffentlichen Auflage, von einer Abstimmung an der «Gmeind» in Beinwil, geschweige von einer erteilten Baubewilligung ist das Projektteam noch weit entfernt. Aber auch der Weg bis zur jetzigen Mitwirkung war weit. «Wir haben viel gearbeitet», sagt Roland Eichenberger und meint nicht nur die Windpark Lindenberg AG, sondern auch die Begleitgruppe und die freiwillige Steuergruppe. Nur schon bis die Standorte für die vier geplanten Windräder festgelegt waren – auf der Luzerner Seite des Lindenbergs ist ein weiteres Windrad geplant, das aber ein Projekt von privaten Investoren ist –, dauerte es. «Es mussten viele härtere und weichere Kriterien erfüllt sein», weiss Eichenberger. Vom Windaufkommen über Abstand zu Antennen bis zum Meteoradar Albis – viele Einflüsse wirkten ein.

Ein besonderes Augenmerk legte die Windpark Lindenberg AG auf den Umweltschutz, namentlich auf Brutund Zugvögel und auf Fledermäuse. Gerade vonseiten Umweltverbände wurde die Gefährdung dieser Tiere immer wieder genannt. «Es stimmt, Kollisionen kommen vor, aber es ist ein seltenes Ereignis», sagt Roland Eichenberger. Zum Schutz von Brutvögeln, etwa Störchen oder Greifvögeln, werden verschiedene Massnahmen getroffen. Ist ein Acker bei den Windrädern frisch gepflügt und zieht viele Vögel an, werden die Windräder für einen halben bis zu einem Tag abgeschaltet. Zudem ist geplant, die bestehenden Freileitungen auf einer Länge von 3,3 Kilometern in den Boden zu verlegen. «Das kommt dem Vogelschutz zugute», betont Eichenberger.

Strom für 7250 Haushalte

Rücksicht soll auch auf die Fledermäuse genommen werden. Nachts, bei Temperaturen über sieben Grad und weniger Wind als fünf Meter pro Sekunde fährt die Anlage automatisch herunter, weil dann die Fledermäuse aktiv sind. «Ja, es kann sein, dass eine Anlage pro Nacht mehrmals startet und herunterfährt, aber das ist alles bei den Berechnungen eingeflossen.» Und diese Berechnungen sehen vor, dass die vier Anlagen Strom für 7250 Haushalte liefern, «vor allem Winterstrom». Weil Solarund Wasserenergie mehrheitlich im Sommer gewonnen wird, sei das eine ideale Ergänzung.

150 Meter Nabenhöhe, 158 Meter Rotordurchmesser, 229 Meter Gesamthöhe und 5,3 Megawatt Leistung im Vollbetrieb. Bis zu vier Meter werden die Fundamente für die vier Anlagen im Boden verbaut. Über ein Jahr wurde getestet, ob diese die Grund- und Quellwasserfassungen nicht beeinträchtigen. «Wir können heute sagen, dass es keine Verbindungen zwischen den Standorten und den öffentlichen Grund- und Quellwasserfassungen gibt», betont Roland Eichenberger. Mittels Markierstoffen, die an den geplanten Standorten in den Boden verteilt wurden, sei das getestet worden. «Von diesen Markierstoffen wurde bei keiner Fassung etwas nachgewiesen.»

20 Jahre Lebensdauer

Roland Eichenberger betont, dass der Windpark Lindenberg für die Region viele Vorteile bringt. Er erwähnt den Steuereffekt. In den ersten 16 Jahren, in denen die Anlagen in Betrieb sind, spülen sie jährlich mindestens 100 000 Franken in die Kasse von Beinwil, weil die Windpark Lindenberg AG in der Gemeinde gemeldet ist. Etwa 20 Jahre ist die Lebenszeit der Anlage. «Nachher muss die Bevölkerung entscheiden, ob sie rückgebaut wird oder ob neue Anlagen installiert werden», sagt Roland Eichenberger. Überhaupt, die Beinwiler Bevölkerung hat bei der Realisierung des Projekts das letzte Wort.

Verschiedene «Zückerli»

Und Ammann Albert Betschart betont, dass bei der Argumentation der finanzielle Aspekt keinesfalls zuvorderst stehen dürfe. «Die Bürgerinnen und Bürger sollen entscheiden, ob sie der Nutzungsänderung zustimmen oder nicht, ganz einfach.» Auch die Tatsachen, dass sich die Bevölkerung mit bis zu fünf Prozent des Aktienkapitals am Projekt beteiligen kann, dass die Windpark Lindenberg AG Freileitungen verkabeln wird, dass ein Fussweg von Brunnwil auf den Horben realisiert wird oder dass sie sich am Begleitprojekt Trinkwassernetz Reusstal beteiligt, sollen nur untergeordnete Rollen spielen. «Wir wollen uns in der Region vernetzen und engagieren, darum machen wir das», sagt Roland Eichenberger zu den «Zückerli».

Die erste Vorprüfung – 17 Ordner voll – ist beim Kanton abgegeben. Projektleiter Eichenberger und Gemeindeammann Betschart wissen: «Es gibt noch viele Hürden.»


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