Besuch auf der Baustelle

  11.08.2020 Boswil

Führung durch das Sigristenhaus

Zurzeit wird das Sigristenhaus modernisiert und umgebaut. Wie der Stand der Arbeiten ist, konnte man auf einer exklusiven Baustellenführung erleben.

Nach dem Foyer für die Alte Kirche realisiert die Stiftung Künstlerhaus Boswil ein weiteres zentrales Bauprojekt: Das denkmalgeschützte Sigristenhaus wird aufwendig ausgebaut. Das multifunktionale Haus der Musik bietet ihnen den dringend benötigten Raum. Von aussen kaum zu erkennen, ist die zukünftige Nutzung im Inneren nun teilweise bereits sichtbar. Viele Neugierige konnten sich am Wochenende einen Einblick verschaffen. --sab


Alt und Neu in Harmonie

Exklusive Baustellenführung durch das Sigristenhaus Boswil

Das alte Sigristenhaus wird umgebaut. Der Bau macht grosse Fortschritte und verändert sich stetig. Nun erhielten am Wochenende Interessierte einen Einblick in dieses imposante Bauprojekt.

Sabrina Salm

Äusserlich wird das Sigristenhaus kaum verändert. Der Charakter des einfachen Holzhauses bleibt bestehen. Im Inneren wird das Haus umfassend modernisiert und den heutigen Anforderungen angepasst. Was genau gemacht wird, wie es zurzeit aussieht und was daraus werden soll – das weckt die Neugier vieler Leute. Diese Neugier konnte nun am Wochenende etwas gestillt werden. Eliane Windlin vom zuständigen Architekturbüro Gian Salis Architektur führte die Interessierten durch die Räume des historischen Hauses. Für viel Staunen sorgte der Anblick der Umbauarbeiten. Schnell wurde auch für den Laien ersichtlich, dass hier alte und neue Bausubstanz zu einer Harmonie werden.

Viele Herausforderungen bewältigt

Das Haus wurde frühestens 1675 erstellt, und zwar als Wohnhaus, welches erst später durch eine Scheune erweitert wurde. Das Sigristenhaus erhält nach dem Umbau die Funktion vom Probehaus. «Es wird eine halböffentliche Funktion bekommen», erzählt Eliane Windlin. Zwei Proberäume entstehen direkt unter dem Dach. Im Erdgeschoss finden die Büros der Geschäftsstelle, ein Sitzungszimmer, das Stiftungsarchiv, die Werkstatt und Lagerräume Platz. Sechs Gästezimmer stehen zukünftig zur Verfügung. «Der einmalige Charme ist eine grosse Herausforderung beim Umbau», weiss Windlin zu berichten. Für die künftige Nutzung müssen moderne Anforderungen, zum Beispiel beim Schallschutz, Brandschutz und bei der Haustechnik, in einem über 300-jährigen Haus Platz finden. Besonders auch die Auflage der Denkmalpflege ist eine Herausforderung für sich. Das Sigristenhaus ist ein typisches Hochstudhaus, in der Fachsprache Giebel-Ständerbau genannt. Der Hochstud, ein massiver Pfosten, reicht vom Fundament bis unter den Giebel, ähnlich wie bei einem Zelt. «Die Konstruktion ähnelt auch einem Stecksystem», erklärt die Architektin weiter.

Früher hatte das Sigristenhaus ein Strohdach, vor etwa 100 Jahren bekam es dann Ziegel. «Diese Ziegel wurden ohne Massnahmen auf das Dach gesetzt, was zur Folge hatte, dass sich alles verzogen hat. Das Stecksystem wurde labil.» Diese besondere Konstruktion bleibt aber erhalten und wird durch gezielte Massnahmen gestützt. Die historische Hochstudkonstruktion wird auch das Rückgrat des modernen Ausbaus bilden und im Entree sichtbar sein. Vom Eingang sieht man dann bis ins Dach hinauf.

Optik bewahren

Ein neues Fundament ist ebenfalls entstanden, während das Haus noch darauf stand. Wo nötig wurden Sichtachsen gemacht, damit man die Dunkelheit brechen kann und so mehr Tageslicht in das Haus kommt. Ein eingebauter Lift macht das zukünftige Sigristenhaus rollstuhlgängig. Versucht wird, so viele Holzwände und -balken wie möglich zu behalten. «Sie werden nur mit einem weichen Schwamm abgewaschen, damit sie ihre Strukturen nicht verlieren», verrät Eliane Windlin. Tannenholz ist das meistverwendete Holz. Eiche wurde nur sparsam eingesetzt. «Wir bleiben der gleichen Holzart treu. Denn wir wollen die Optik bewahren.» Im grossen Saal unter dem Dach wird ein Hagenbuchenparkett verlegt. Das ist ein einheimisches Holz, das optisch dem Tannenholz ähnelt und viel aushalten kann, so wie etwa das Gewicht eines Flügels.

«Beim Umbau gab es viele Überraschungen», erzählt Eliane Windlin. «Viele kleine Sachen, die für uns ein grosser Kraftakt waren, die man am Schluss aber nicht sieht.» Als Beispiel nennt sie den Ersatz eines faulen Pfostens, der nun inwendig einen Stahlpfosten hat. «Damit die Optik und die Sicherheit stimmen.»

Der ganze Umbau kostet 5,3 Millionen Franken. Noch fehlt der Stiftung Künstlerhaus Geld, was sie hofft, über Spenden zu gewinnen. Im Frühling 2021 ist die Eröffnung des umgebauten Sigristenhauses geplant. Was nicht nur bei den Leuten, die nun den Zwischenstand kennen, schon sehnlich erwartet wird.


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