«Das ist schon frustrierend»
17.04.2025 WohlenRechnung der Gemeinde: Besser als budgetiert, aber dennoch knapp im Minus
«Nur» ein Minus von 205 000 Franken statt eines von 1,64 Millionen: Die Rechnung ist deutlich besser als erwartet. Ohne den massiven Anstieg bei den Pflegekosten und anderen nicht ...
Rechnung der Gemeinde: Besser als budgetiert, aber dennoch knapp im Minus
«Nur» ein Minus von 205 000 Franken statt eines von 1,64 Millionen: Die Rechnung ist deutlich besser als erwartet. Ohne den massiven Anstieg bei den Pflegekosten und anderen nicht beeinflussbaren Posten würde es noch besser aussehen. «Man sieht, dass wir sparsam unterwegs sind», betont auch Gemeinderätin Denise Strasser.
Chregi Hansen
Auf den ersten Blick ist das Ergebnis schlecht. Die Rechnung der Gemeinde (ohne Spezialfinanzierung) schliesst mit einem Minus von 205 000 Franken. Das konsolidierte Ergebnis (mit den Spezialfinanzierungen) liegt sogar bei minus 922 000 Franken. Und das in einer Zeit, in der die Gemeinde eigentlich dringend Geld braucht.
Und dennoch ist die zuständige Gemeinderätin Denise Strasser durchaus zufrieden. Denn damit schneidet man deutlich besser ab als budgetiert. Mehr noch: Wäre die Steuerfusserhöhung auf 120 Prozent durchgekommen, dann könnte man jetzt ein schönes Plus verbuchen. Und das sei wichtig. «Viele haben das Gefühl, es reiche, wenn die Gemeinde so viel einnehme, wie sie ausgibt. Das funktioniert aber nicht, wenn wir investieren wollen», sagt die Finanzministerin. Und das Investitionsvolumen bleibt in Wohlen hoch.
Steigende Strompreise fallen stark ins Gewicht
Kommt dazu, dass auch im vergangenen Jahr einige Faktoren die Rechnung beeinflusst haben, die so nicht vorgesehen waren. Da sind zum einen die Abschreibungen beim Schulhaus Halde. Hier musten 579 000 Franken ausserordentlich abgeschrieben werden für Anlagen, die nicht mehr in Betrieb sind. «Diese Abschreibungen waren für das laufende Jahr geplant. Wir mussten diese aber vorziehen, weil wir die Anlagen bereits nicht mehr nutzen», erklärt die Finanzministerin. Zudem ging die planmässige Abschreibung der neuen Junkholz-Halle vergessen, das sind nochmals 168 000 Franken.
Viel mehr ins Gewicht fallen aber Kosten, die der Gemeinde einfach verrechnet werden, ohne dass sie Einfluss nehmen kann darauf. Allen voran die Restkosten der Pflegefinanzierung. 4,7 Millionen Franken musste Wohlen für das Jahr 2024 zahlen. 900 000 Franken mehr als budgetiert. «Das ist schon frustrierend. Das sind Ausgaben, mit denen wir so nicht gerechnet haben. Und die wir wieder andernorts kompensieren müssen. Von daher ist das jetzige Ergebnis noch besser, als es auf den ersten Blick scheint», betont Strasser. Stark belastet wird Wohlen auch durch die steigenden Strompreise. «Der Budgetierungsprozess lief schon, als wir die Zahlen für das Jahr 2023 erhalten haben und gesehen haben, was das für uns ausmacht», erklärt die Gemeinderätin. Der Preisanstieg sorgt für Mehrkosten von 450 000 Franken.
Zahlungsmoral sinkt
Es gibt aber auch Erfreuliches. So sind die Steuereinnahmen gestiegen. Bei den juristischen Personen um 700 000 Franken, bei den Quellensteuern um 610 000, bei den Erbschafts- und Schenkungssteuern um 220 000 und bei den natürlichen Personen um fast 200 000 Franken. Richtig budgetieren lassen sich davon nur Letztere. Weiterhin hoch ist allerdings der Steuerausstand, er ist zwar leicht gesunken, liegt aber immer noch bei 19,3 Prozent. «Das entspricht leider einer allgemeinen Tendenz, die Zahlungsmoral sinkt. Das sehen wir auch bei den Beiträgen für die Krankenkassen», ärgert sich Strasser. Für nicht bezahlte Prämien musste die Gemeinde letztes Jahr 150 000 Franken mehr aufwenden als budgetiert. «Letztlich müssen dann die ehrlichen Menschen für die unehrlichen zahlen.»
Weniger Sozialausgaben
Eine erfreuliche Tendenz zeigt sich bei den Sozialkosten. Diese sind weiter gesunken und liegen mit 2,9 Millionen um 1,2 Millionen Franken unter dem Budget. «Hier zeigen die eingeschlagenen Massnahmen Wirkung», freut sich Strasser. Und noch auf einen Punkt weist die Ressortvorsteherin hin. Beim Unterhalt im Hochbau liegt man unter Budget. «Uns wird vorgeworfen, dass wir Geld ausgeben, wenn es vorhanden ist. Hier sieht man, dass wir wirklich nur das tun, was nötig ist.» Letztlich aber müsse die Gemeinde auch investieren. Und: Erfreulich sei momentan auch die Situation am Zinsmarkt. Im Schnitt hat die Gemeinde ihre Darlehen für 1,35 Prozent aufgenommen. Wie sich die wirtschaftliche Situation entwickle, das könne angesichts der momentanen politischen Situation aber niemand sagen. «Aber einfach Geld auf Vorrat aufnehmen macht auch keinen Sinn. Wir müssen es ja auch irgendwann zurückzahlen», so Strasser.
Noch einmal konnte die Gemeinde von der Aufwertungsreserve profitieren, 1,25 Millionen Franken kamen so buchhalterisch in die Kasse. Und auch der Finanzausgleich fiel mit rund 5 Millionen Franken wieder hoch aus. Für Denise Strasser ist der Betrag angemessen angesichts der Leistungen, welche die Gemeinde übernimmt. Aber es brauche Anpassungen. «Was die Restkosten der Pflegefinanzierung betrifft, muss etwas passieren. Darunter leiden alle Gemeinden. Im Grossen Rat ist auch einiges am Tun. Leider geht es in der Politik eher langsam vorwärts», sagt die Wohler Grossrätin.
Schulden steigen weiter an
Die Investitionsrechnung der Einwohnergemeinde (ohne Spezialfinanzierungen) verzeichnet Nettoinvestitionen von 14,2 Mio. Franken. Diese sind um einen Drittel geringer als budgetiert ausgefallen. Von den Investitionen konnten nur gerade mal 4,5 Mio. Franken aus eigenen Mitteln finanziert werden. Dies führt zu einem Finanzierungsfehlbetrag von 10 Mio. Franken. Die Nettoschuld der Einwohnergemeinde ist somit auf 66 Mio. Franken gestiegen und beträgt 3663 Franken pro Einwohner. Und liegt damit weit über den empfohlenen Zahlen des Kantons. «Bei meinem Amtsantritt war unser Finanzhaushalt im gelben Bereich. Jetzt wird es bereits orange», gibt Denise Strasser zu. Und das sei kein angenehmes Gefühl, fügt sie an. Sie hätte es sich auch anders gewünscht, als sie ihr Amt angetreten hat. Sie weiss, dass sie für viele eine Hoffnungsträgerin war. «Diese Zahlen belasten mich», gibt sie denn auch zu. Und ist froh, dass sie ihr Amt Ende Jahr abgeben kann.
Immerhin: Unter dem Strich schliesst die Rechnung besser ab als budgetiert. Das gebe auch etwas Luft für den Budgetierungsprozess, der bereits begonnen hat. Einfach wird es aber auch in Zukunft nicht, dessen ist sich die Gemeinderätin bewusst. «Das Ganze sähe viel besser aus, wenn das Volk das neue Abfallreglement angenommen hätte», meint sie zum Schluss. Das Nein zum Steuerfuss von 120 Prozent könne sie durchaus verstehen, das Nein zu den Grüngutgebühren hingegen nicht. «Zahlen müssen wir die Kosten ja sowieso», macht sie deutlich.
Die wichtigsten Zahlen
Die Erfolgsrechnung der Gemeinde mit einem Aufwand und Ertrag von je 88,1 Mio. Franken schliesst mit einem Aufwandüberschuss von 205 000 Franken ab.
Zum Gesamtergebnis haben im Wesentlichen folgende Gründe geführt: Minderaufwendungen beim Personalaufwand von 180 000 Franken, wovon die grösste Einzelposition bei den Löhnen an die Lehrkräfte mit 130 000 Franken auszumachen ist. Beim Sach- und übrigen Betriebsaufwand sind die Honorare für externe Berater und Gutachter 115 000 Franken unter dem Budget ausgefallen. Zudem ist für den Unterhalt an den Hochbauten 161 000 Franken weniger ausgegeben worden als budgetiert.
Mehrausgaben gab es beim Sachund übrigen Betriebsaufwand um 54 000 Franken; aufgrund der Erhöhung der Konditionen des Strompreises auf den 1. Januar 2024 erhöhen sich die Ver- und Entsorgungskosten der Liegenschaften um 450 000 Franken. Die Kosten für Dienstleistungen von Dritten erhöhen sich um 205 000 Franken, wovon allein die vom Familiengericht angeordneten Massnahmen 130 000 Franken ausmachen. Wiederum höher als budgetiert sind die Restkosten für die Pflegefinanzierung in Alters- und Pflegeheimen mit 392 000 sowie der ambulanten Pflege mit 643 000 Franken ausgefallen. Gegenüber dem Vorjahr beträgt die Erhöhung gesamthaft 766 000 Franken. Die Finanzierung der nicht bezahlten Krankenkassenprämien hat das Budget um 155 000 Franken überschritten.
Mehrerträge sind zu verzeichnen bei den Gewinn- und Kapitalsteuern juristische Personen 702 000 Franken, Quellensteuern 609 000 Franken, Gebühren für Amtshandlungen 276 000 Franken, Erbschafts- und Schenkungssteuern 221 000 Franken, Einkommens- und Vermögenssteuern natürliche Personen 198000 Franken.
In der Investitionsrechnung sind Ausgaben von 16,2 Mio. Franken und Einnahmen von 2,4 Mio. (inklusive Spezialfinanzierungen) erfasst. Für die Projekte der Bildung sind 13,5 Mio. ausgewiesen, 4,9 Mio. weniger als budgetiert. Die Ausgaben für Verkehrsprojekte von 1,7 Mio. sind für Kantonsund Gemeindestrassen sowie für den Regional- und Agglomerationsverkehr aufgewendet worden und liegen 568 000 Franken unter dem Budget. Dem Ergebnis von 13,8 Mio. steht eine Selbstfinanzierung von 4,5 Mio. gegenüber. Der Finanzierungsfehlbetrag hat sich aufgrund der geringeren Nettoinvestitionen um 8,6 Mio. Franken auf beinahe die Hälfte reduziert. --zg