«Das Volk liebt die Freiheit»
16.08.2025 WohlenLandammann-Stammtisch in der Integra: Dieter Egli stellte sich etlichen Fragen und Themen
Muntere Fragerunde in der Integra. Und ein Landammann in bester Laune. Dieter Egli meisterte ein interessantes Stammtischgespräch souverän. Und der Kanton Aargau kann ...
Landammann-Stammtisch in der Integra: Dieter Egli stellte sich etlichen Fragen und Themen
Muntere Fragerunde in der Integra. Und ein Landammann in bester Laune. Dieter Egli meisterte ein interessantes Stammtischgespräch souverän. Und der Kanton Aargau kann aufatmen: Regierungsrat Dieter Egli will keiner sein wie US-Präsident Donald Trump.
Daniel Marti
Bei der Integra ist man sich gewohnt, zusammen den Austausch vorzuleben. Deshalb sagt man dort auch Du zueinander. Und einfach «Hoi», wie Geschäftsleiter Jonas Meier erklärte. Damit war eigentlich das Eis schon gebrochen. Diese Lockerheit nahm Dieter Egli dankend an. Er habe sein Hobby zum Beruf machen können, als er in den Regierungsrat gewählt wurde, erklärte er. «Ich habe gute Leute, die mich unterstützen», weiss er heute. «Und meine Arbeit macht mir Spass.»
Alle sind stolz auf ihre Region
Unter solchen Voraussetzungen kann man sich locker einer Fragerunde stellen. Er hoffe einfach, dass das Freiamt da in Aarau nicht vergessen gehe, sagte ein erster Fragesteller. Vor allem bei den Verkehrsanbindungen. «Das sagen alle Leute über ihre Region», konterte Egli, «denn alle Menschen sind im Aargau stolz auf ihre Region und wollen dass die eigene Region gut behandelt wird.» Er wisse, dass vor allem die Zugverbindungen oft als Problem angeschaut werden im Freiamt. «Aber der Kanton spricht mit den SBB, und deshalb wurde in den letzten Jahren einiges getan fürs Freiamt.»
Er wisse auch, dass seine Entscheidungen Konsequenzen haben, so Egli weiter. Darum sei es lohnenswert, sich selbst zu hinterfragen. «Habe ich denn an alles gedacht?» Beispielsweise auch bei der Unterstützung der Stiftung Integra. Man könne immer alles besser machen, fügte der Landammann an. «Nur stellt sich die Frage, ob man genügend Geld und die richtigen Leute hat.» Eine Kostenfrage sei zum Beispiel auch die Schaffung einer Fachstelle für Menschen mit Beeinträchtigung. «Hier läuft nicht viel», gab er zu, «und wir tun uns schwer damit.» Die Kritik sei also schon angebracht.
Gewalt an den Bahnhöfen, die Mafia ist da
Wie er denn zur Künstlichen Intelligenz (KI) stehe, wollte man vom Landammann wissen. KI sei eine Hilfe, «aber es gibt Arbeiten, die weiterhin von Menschen gemacht werden müssen.» Oder wie sieht es mit den vielen Konflikten und mit der Gewalt im öffentlichen Raum aus? Nicht so gut. «Vor allem bei den Bahnhöfen herrschen schwierige Situationen.» Auch in Brugg und in Wohlen. Auf der Strasse seien verschiedene Täter schnell einmal gefasst, «aber im Online-Bereich ist alles grenzenlos, da sind die Täter irgendwo». In diesem Bereich benötige die Polizei mehr Mittel und Spezialisten. Auch der Umgang mit der Mafia sei alles andere als einfach, so der 55-Jährige. «Die Mafia gibt es im Aargau, auch hier im Freiamt.» Die Geschichten seien bekannt.
Die unbefriedigende Situation rund um bezahlbaren Wohnraum, die Freiwilligenarbeit, die zu wenig geschätzt werde, fehlende Seniorentreffs, die Armut der Rentner wurden ebenfalls angesprochen. Die Problemthemen sind dem Regierungsrat bewusst, nur müsse man aufpassen, «dass wir diese Bereiche nicht gegeneinander ausspielen, denn damit lösen wir die Probleme nicht». Bei allen Bereichen stelle sich die Frage, ob sie einem wichtig sind und ob man sich Veränderungen leisten könne. Und wer sich besser und lauter wehre, komme vielleicht schneller zum Ziel, gab er ehrlicherweise zu.
Angst, aber keine Riesenkatastrophe
Aber die Gewalt in den Fussballstadien könne er besser lösen, lautete ein Einwand. «Zum Glück hat der Aargau kein Team in der Super League», konterte er. Aber in der Schweiz wehre man sich gegen personalisierte Tickets, das sei nicht immer verständlich. «Zudem ist nur ein halbes Prozent der Besucher in den Stadien gewalttätig. Aber der Datenschutz und die Freiheitsliebe machen die Situation schwierig. Sicherheit bedeutet immer auch, dass ein Stück Freiheit verloren geht.» Und das Schweizer Volk liebe halt die Freiheit.
Auch das aktuellste Thema musste zwangsläufig angesprochen werden: die Zölle, die der US-Präsident Trump der Welt und der Schweiz um die Ohren schlägt. Wie es denn die Aargauer Unternehmen treffe, wollte man vom Innenminister wissen. Man müsse eben mit diesem Präsidenten in Amerika leben, meinte er nüchtern. Und die Aargauer Wirtschaft habe schon manchen Schock überstanden: Corona, der starke Franken, nun die Zölle. «Der Aargau steht für qualitativ gute Arbeit», darauf müsse man setzen. «Aber der Aargau exportiert viel, davon gehen 23 Prozent in die USA», rechnete er vor. Einen grossen Teil davon macht die Pharmaindustrie aus. Und gerade die Situation der Pharmaindustrie mache ihm Angst, aber er erwarte für den Aargau trotzdem keine Riesenkatastrophe.
So wie der US-Präsident möchte er nicht sein
Dem Regierung oder der gesamten Politik fehle doch der Mut, man müsse doch auch einmal auf den Tisch klopfen, lautete ein weiterer kritischenr Standpunkt aus dem Publikum. So einfach sei das eben nicht, so Dieter Egli. Oft habe er eine gute Idee, dann aber kommen die kritischen Einwände und die Hinweise, worauf man alles schauen müsse. «Nach der guten Idee fängt die Arbeit erst an, dann folgen die Überzeugungsarbeit und die politischen Diskussionen.»
Und der Landammann machte auch gerne einen Vergleich: Wenn er einfach im Alleingang bestimmt, nur weil der denkt, er wisse alles besser, «dann bin ich ja wie der Präsident der USA, aber genau so möchte ich nicht sein». Diese Aussage wurden von den rund 80 Besucherinnen und Besuchern dankend angenommen.
«Kann nicht einfach sagen, der Gallati soll das richten»
Wenigstens bei der Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri hätte er aber mutig auf eigene Faust vorgehen können oder müssen. «Oft wird am falschen Ort gespart», ärgerte sich ein Besucher, «es gibt auch in der Medizin Bereiche, die man einfach braucht.» Da gehöre eine Geburtenabteilung in der Nähe dazu. «Wenn sich etwas nicht mehr lohnt, wer soll es sich dann leisten?», gab Egli in die Runde. Spitäler gehören ja sowieso in den Bereich und ins Departement von Regierungsrat Jean-Pierre Gallati aus Wohlen, lautete dann ein gut gemeinter Zwischenruf. Aber so einfach wolle er es sich nicht machen, erklärte Landammann Dieter Egli. Die Spitallandschaft sei in Bewegung, «und ich kann ja nicht einfach sagen, der Gallati muss da schauen und das richten».
Nicht nur informativ und ehrlich war der Landammann, sondern auch schlagfertig. Dieter Egli sorgte für einen gelungenen, unterhaltsamen und lockeren Auftritt. Fast wie am Stammtisch.
Zehn Fragen
Knapp über 80 Besucherinnen und Besucher wollten sich den Landammann-Stammtisch in der Integra nicht entgehen lassen. Das ist eigentlich mehr als gewohnt. Allerdings hatte die höhere Anzahl einen Grund. Die Vereinigung Aktiver Aargauer Senioren (VAAS) mit Präsident Heinz Widmer an der Spitze markierte Präsenz. Und sie überreiche Landammann Dieter Egli ein Papier mit zehn Fragen. Mit grosser Besorgnis wenden sich die Seniorinnen und Senioren des Kantons Aargau an den Landammann. «Unsere Anliegen, Bedürfnisse und Sorgen werden in der politischen Agenda zunehmend übergangen, während andere Interessensgruppen unverhältnismässig stark berücksichtigt werden», heisst es im Schreiben. Egli nahm die zehn Fragen entgegen. Und Antworten werden wohl später erfolgen. --dm