Das Werben der Metzger

  15.02.2022 Büttikon

Josef Sax ist seit 1994 im Vorstand des Aargauer Metzgermeisterverbands

Er ist Metzger aus Leidenschaft, war bis vor einem Jahr der Ausbildungsverantwortliche des kantonalen Verbands. Und Josef Sax sucht selber eine Anschlusslösung für seine Metzgerei mit Dorfladen in Büttikon. Er spricht über die Nachwuchsprobleme und sagt: «Die einzig wahre Lösung gibt es nicht.»

Annemarie Keusch

Sich kreativ entfalten zu können. Direkt mit der Kundschaft im Dialog zu sein. Den Kundinnen und Kunden Tipps für die Zubereitung der Produkte zu geben. Für Josef Sax ist der Beruf des Metzgers nach wie vor der schönste. «Traditionell und sicher, das hat die aktuelle Krise gezeigt. Wir sind systemrelevant», sagt der Büttiker. Nur, so wie er sehen es immer weniger Junge. Metzger zu lernen, ist für viele keine Option. Als Sax den Beruf erlernte, waren es im Kanton noch drei Fachschulen mit rund 60 Lehrlingen. Heute gibt es im Aargau keine Fachschule mehr, eine interkantonale Lösung ist entstanden. «Und wenn es pro Jahr 14 Lehrlinge sind, dann ist das viel.» Betriebe, die Ausbildungen anbieten, gibt es hingegen immer noch rund 50.

Mit dem Mangel an Nachwuchs in der Metzgereibranche ist Josef Sax seit vielen Jahren hautnah konfrontiert. Seit 1996 und bis vor einem Jahr war er Ausbildungsverantwortlicher des Aargauer Metzgermeisterverbands. Sax war während zehn Jahren Fachlehrer am BBZ. «Als ich viel Zeit und Geld in meine Meisterprüfung investiert hatte, war für mich klar, dass ich dieses Wissen weitergeben will.» Und das Nachwuchsproblem existierte schon damals. Als Junger wollte sich Sax für eine Trendwende einsetzen und kam so zum Verband.

Immer mehr Frauen

Gelöst hat sich das Problem in den letzten Jahren nicht, im Gegenteil. «Früher kam der grösste Teil der Lehrlinge aus der Landwirtschaft, das hat sich verändert», sagt Sax. Vielleicht seien es die langen Arbeitszeiten und die Tatsache, auch am Samstag arbeiten zu müssen. Vielleicht sei es das Schlachten. Auch wenn dieser Bereich vor 30 Jahren getrennt worden ist. Metzger kann in drei Bereichen gelernt werden: Schlachten, Produktion, wo das Fleisch verarbeitet wird, beispielsweise zu Würsten oder Feinkost, und Veredelung, wozu auch der Verkauf gehört. «Es ist gut, dass es diese drei Bereiche gibt, aber es ist nun mal so, dass für ein Schnitzel ein Tier sein Leben lassen muss.»

Nachwuchssorgen gibt es in allen drei Bereichen, gerade im Verkauf und in der Veredelung setzt auch Josef Sax schon lange auf Quereinsteigerinnen. Überhaupt seien die Frauen in der Branche immer wichtiger geworden. «Sie haben in den letzten Jahren diese Berufe für sich entdeckt. Das ist ein grosses Glück», sagt Sax. Zudem startete vor vier Jahren ein Integrationsprogramm, um Flüchtlinge für den Beruf zu begeistern. «Ein Projekt, das fruchtet», sagt Sax, der hierfür Kontakte knüpfte und das Projekt lancierte. Und der Metzgermeisterverband versucht weiterhin vieles, um die jungen Leute abzuholen, ob an Berufsausstellungen, mit Werbung. Sax’ Sohn ist als Vizedirektor des Schweizer Fleischfachverbandes auf nationaler Stufe für die Nachwuchsförderung verantwortlich. Entschärft werden konnte die Situation bisher aber nicht.

Sucht Lösung für eigene Nachfolge

Für Sax ist klar, dass das Nachwuchsproblem bei den Metzgern besonders akut ist, dass aber ganz viele Branchen davon betroffen seien. «Es gibt allgemein immer weniger Bewerber. Die gewerbliche Berufslehre ist einfach nicht attraktiv.» Eine Lösung kann Sax auch nicht präsentieren, zumal er aktuell selber daran ist, seine Nachfolge zu regeln, und merkt, mit welchen Herausforderungen man diesbezüglich konfrontiert wird. Sax ist 63-jährig, auf einen Schlag ganz auf hören, das müsse nicht sein. «Aber ich will nicht so weiterarbeiten wie jetzt, wenn ich pensioniert bin.» Sax will reisen, freier sein.

Einfach sei die Suche nach einer geeigneten Nachfolge für die Metzgerei, samt Dorfladen, nicht. Sein Sohn studierte und wird nicht in seine Fussstapfen treten. «Wir sind am Eruieren, wie es weitergehen soll. Natürlich ist es das Ziel, dass der Laden und die Metzgerei so weitergehen, wie sie sind. Eine Lösung können wir aber noch keine präsentieren.» Emotional sei dies für ihn nicht schwierig, «nicht mehr». «Ich habe meinen Teil getan», sagt er.

«Second Cuts» verkaufen sich wieder besser

Josef Sax arbeitet viel, 12 bis 14 Stunden täglich, samt administrativer Arbeit. «Für zwei Personen wäre es ideal», sagt er, der vor sechs Jahren seine Frau verlor. Jammern will Sax nicht. «Wir spüren eine grosse Solidarität in der Region. Das ist eine schöne Entwicklung. Gerade auch Junge kommen wieder eher zu uns. Und sogenannte Second Cuts, Stücke, die in der Schweiz weniger beliebt sind, weil man sie normalerweise lange garen muss, kommen wieder besser an. «Gerade im Grillbereich», sagt Sax. Er habe trotz vielen Herausforderungen viel Spass im Alltag, nach wie vor sehr viel Freude am Beruf. «Und irgendwie sind wir hier auch ein wenig wie Dorfpsychiater», sagt er. Abgesehen von Lehr- und Wanderjahren hat Sax immer in Büttikon gelebt, sein Laden ist quasi ein Treffpunkt im Dorf.

Kreativität, das sei eine der wichtigsten Voraussetzungen, um ein guter Metzger zu werden. Freude am Produkt ebenso. «Und am meisten braucht es Herzblut», sagt Josef Sax. Herzblut, das er etwa in den Fleischkäse oder in die Rauchwürste steckt. Speziell für diese beiden Produkte ist seine Metzgerei weit über das Freiamt hinaus bekannt. Und was isst der Metzger selber am liebsten? «Eine feine Cervelat», sagt Josef Sax und lacht.


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