Der Aufstieg zum Profi

  23.06.2020 Mountainbike

Der Villmerger Mountainbiker Robin Kull will seinem Ziel einen weiteren Schritt näher kommen

2019 war das erfolgreichste Jahr in der Karriere des Villmergers Robin Kull. Dann kam Corona, die Wettkämpfe fielen aus und er durfte seine Leistungen nicht bestätigen. Dennoch trainiert er unermüdlich weiter für sein grosses Ziel, Mountainbike als Profisport zu betreiben.

Josip Lasic

Wenn der Weg zum Profsportler eine Fahrt mit dem Mountainbike wäre, müsste man den grössten Teil der Strecke bergauf fahren. In beiden Fällen sind die gleichen Qualitäten gefragt. Kraft, Ausdauer, Kampfgeist, Durchhaltevermögen. Beide Wege sind anstrengend und können an die Grenze zum Aufgeben führen.

Vielleicht ist es Schicksal, dass der 18-jährige Mountainbiker Robin Kull in der Disziplin «Cross-Country» fährt. Anders als beim «Downhill»-Mountainbike, wo es permanent bergab geht, muss sich der Villmerger im «Cross-Country» häufg einen Hügel hochkämpfen. «Mir gefällt das. Nur bergabfahren wäre mir zu langweilig», sagt Kull. Seine bisherige Karriere ist der Beweis, dass er – sowohl beim Aufwärtsfahren als auch auf dem Weg zu seinen Zielen – die nötigen Qualitäten mitbringt. Er musste geduldig sein und viel Arbeit investieren, bevor er letztes Jahr endlich die Früchte ernten konnte. Der 3. Platz an der Schweizer U19-Meisterschaft «Cross-Country» und die Aufnahme in das Mountainbike-U19-Nationalkader der Männer waren der Lohn für seine Mühen.

Europameisterschaft hat Eindruck hinterlassen

Kull sitzt zu Hause in Villmergen am Esstisch. Seine Haut hat eine Bräune, als wäre er gerade aus den Ferien zurückgekommen. «Das ist der Beweis, dass ich regelmässig trainiere», sagt er lachend. «Ausserdem werde ich sehr schnell braun.» Der Mountainbiker hat während des Lockdowns davon proftiert, als Radsportler keine grossen Einschränkungen beim Training zu haben. Wettkämpfe konnte allerdings auch er keine bestreiten. «Ich hoffe, dass es Ende Jahr noch einige Rennen gibt. Dann will ich bereit sein», sagt er ehrgeizig.

Nach den Erfolgen im Vorjahr ist Kull noch hungriger geworden. Mit dem Nationalkader durfte er an der Europameisterschaft im tschechischen Brünn teilnehmen. Das Resultat: Ein guter 23. Rang unter 92 Teilnehmern in der U19-Kategorie. Neben dem Ergebnis war es auch das Erlebnis, das Eindruck hinterlassen hat. «Mit dem Mechaniker der Nationalmannschaft, den Nationaltenues und allem Drumherum fühlt man sich wie ein Star», so Kull.

Sein Chef war früher selbst Radsportprofi

Dieses Jahr würde der Radsportler auf nationaler Ebene in der Amateur-Kategorie starten. Nach einer Reform im Schweizer Radsport gibt es die U23-Kategorie nicht mehr, der Kull altersbedingt neu angehören würde. Stattdessen kann er bei den Amateuren starten und wenn er genug Punkte gesammelt hat, in die Elite wechseln. «International ist das nach wie vor nur möglich, wenn man altersbedingt nicht mehr zur U23-Kategorie gehört», erklärt er. Seine Ziele sind aber klar. National will er, sobald wieder gefahren wird, viele Punkte sammeln, um in die Elite wechseln zu können und mit guten Ergebnissen seinem Traum vom Profsport näher zu kommen. Dann wird er sich vermutlich häufger wie ein Star fühlen.

Für sein Ziel trainiert er rund 10 bis 15 Stunden pro Woche. Wenn er im Trainingslager ist, können es sogar mehr sein. Daneben absolviert er eine Lehre als Velomechaniker bei Stutz in Fahrwangen. Wohnen in Villmergen, Arbeiten in Fahrwangen, Berufsschule in Zofngen und daneben trainieren. Der 18-Jährige muss seinen Alltag gut organisieren. «Ich erfahre grosse Unterstützung von meinen Eltern und von meinem Lehrmeister. Dafür bin ich sehr dankbar», sagt der Villmerger. Sein Lehrmeister ist Werner Stutz. Der Sarmenstorfer war früher selbst Radsportprof. «Dadurch hat er viel Verständnis für mich und kommt mir entgegen.»

Der Villmerger fängt beispielsweise jeden Tag vor der geforderten Zeit an zu arbeiten. So sammelt er Überstunden, die er abbauen kann, wenn er ins Ausland an ein Rennen geht.

Eine abgeschlossene Ausbildung ist Robin Kull aber wichtig. «Ich will nicht mit nichts dastehen, wenn es mit dem Traum vom Prof nicht klappen sollte. Und der Beruf als Velomechaniker ist ja mit meiner Leidenschaft verbunden.»

Der 18-Jährige ist sich bewusst, dass vieles notwendig ist, um ein professioneller Sportler zu werden. «Es braucht eine blöde Verletzung und der Traum ist geplatzt. Wenn ich dorthin will, wird das aber mein Beruf sein. Mein Trainer hat mir erklärt, dass ich das so handhaben muss.» Dazu gehört für ihn neben dem Training auch Regeneration, eine gesunde Ernährung und nicht zuletzt auch Sponsoren und ein Team. Der Villmerger versucht schon zu einem gewissen Teil so zu leben.

Von Sponsoren und Ernährung

Aktuell ist er in keinem Team mehr, hat aber mit seinen Eltern zusammen Sponsoren gesucht und auch mehrere gefunden. Bei einem der Sponsoren geht er zur Regeneration regelmässig in die Massage. «Sponsoring muss ja nicht immer fnanzieller Natur sein. Diese Massagen nützen mir extrem viel», so der Freiämter. Für Krafttrainings besucht er regelmässig ein Fitnesscenter und mit Roland Richner aus Dintikon ist der langjährige Technische Direktor des Schweizer Radsportverbandes sein persönlicher Trainer. Kull setzt sich auch mit seiner Ernährung auseinander. «Die Schwierigkeit ist, dass all das Geld kostet. Um Sponsoren zu fnden, die einen fnanzieren, benötigt es gute Leistungen. Um sich Strukturen zu schaffen, die solche Erfolge ermöglichen, braucht es hingegen wieder Geld», so der Villmerger. Die Bergauffahrt zum Profsport, sie ist anstrengend und fordernd.

Geduld hat sich ausgezahlt

Robin Kull ist dabei schon sehr weit gekommen. Als er jünger war, musste er oft untendurch. «Ich war keiner, der in jedem Rennen dominiert hat. Oft war ich im soliden Mittelfeld», erzählt er. Letztes Jahr konnte er einen Gang hochschalten und Erfolge verbuchen. «Mein Trainer sagt, dass sich erst ab dem Alter von 20 Jahren zeigt, wer das Zeug zum Prof hat.»

Viele haben beim mühsamen Aufstieg aufgegeben. Robin Kull bleibt dran, beweist Kampfgeist und Durchhaltevermögen. Noch ist er nicht ganz oben angekommen und muss dafür schwitzen. Er hat allerdings durchaus Spass daran, sich einen Hügel hochzukämpfen.


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