Der grosse Fang

  21.08.2020 Beinwil/Freiamt

Ronny Minkwitz: Von grossen Träumen in England ins private Glück im Freiamt

Frühling 2014. Ronny Minkwitz schwingt seine Angelrute in die Themse in London. Stundenlang sitzt er am zweitlängsten Fluss Englands. Nix beisst an.

Der Deutsche spielt zu dieser Zeit beim FC Fulham in der U21 Premier League. 2011 kam er aus der Jugend des VFB Stuttgart als grosses Talent nach England. 2012 gewann Minkwitz mit der U18 des FC Fulham die englische Meisterschaft. Ronny Minkwitz war Captain und wurde gar als wertvollster Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Eine grosse Karriere wurde dem Sohn des früheren Profifussballers und DDR-Nationalspielers Stefan Minkwitz vorausgesagt.

Zuerst geht der Plan auf

Der 1,73 m grosse Minkwitz mit Geburtsort Duisburg entschied sich im Sommer 2014 für einen Wechsel in die Schweiz. Ciriaco Sforza übernahm den FC Wohlen. Ronny Minkwitz und sein Berater hatten einen Plan. Nach ein, zwei Jahren in der Challenge League sollte es in die höchste Spielklasse oder gar ins Ausland gehen. Der Plan klappt – vorerst. Der Mittelfeldspieler mit den technisch hochstehenden Fähigkeiten und der grossen Klappe steht in den ersten drei Spielen der Saison in der Startelf. Wohlen gewinnt alle Partien und ist Tabellenführer. Minkwitz ist glücklich. Alles scheint nach Plan zu laufen.

Doch dann wird er vom Pech verfolgt. Vor seinem Wechsel zum FC Wohlen liess er sich an der Hüfte operieren. Die Verletzung meldet sich zurück. Minkwitz muss pausieren. Weitere Verletzungen kommen hinzu. Er spielt unter Ciriaco Sforza keine Leaderrolle mehr, kommt aber regelmässig zu Teileinsätzen. Als Sforza Ende der Saison geht, ist auf der Flow von Minkwitz gebrochen. Die folgenden FCW-Trainer Martin Rueda und Francesco Gabriele setzen nicht auf ihn. Minkwitz beisst sich durch, glaubt weiterhin an den Traum, es nach oben zu schaffen. Ohne Erfolg.

Dem FC Wohlen und dem FC Muri dankbar

«Vielleicht fehlte mir etwas der letzte Biss», sagt er heute. Der Fussball wird vom Lebens-Mittelpunkt immer mehr zu einem Hobby. Wegen seiner aufgestellten und geselligen Art lernt er viele Freunde im Freiamt kennen. «Mit der Zeit habe ich vielleicht nicht mehr das Leben geführt, wie es ein Vollprofi führen sollte. Schritt für Schritt habe ich mich vom Fussball entfernt und auch die Freude daran verloren», so Minkwitz.

Er wechselt im Jahr 2017 zum FC Muri. Der Verein organisiert ihm eine Arbeitsstelle. Er fühlt sich wohl in seinem neuen Leben ohne den Profifussball. «Beim FC Wohlen, wie auch beim FC Muri, konnte ich viel lernen und profitieren. Dafür bin ich sehr dankbar.»

Mit Freundin Jasmin Burkart, einer waschechten Wohlerin, zieht er gemeinsam in eine Wohnung in Anglikon. Und schliesslich wechselt er im Sommer 2019 zurück zum FC Wohlen.

Ronny Minkwitz ist im Freiamt heimisch geworden. Hier hat er Freunde gefunden, hier hat er Zeit für sein Privatleben und auch den nötigen Freiraum, um sich zu entfalten. Minkwitz, der vor wenigen Monaten das Fernstudium zum Sportfachwirt erfolgreich abgeschlossen hat, arbeitet seit wenigen Monaten bei der Planea AG in Wohlen, einer Planungssrma für Heizungs- und Sanitäranlagen. «Mir gefällt es prima», so der 26-Jährige.

Beim FC Wohlen hat er die neue Freude am Fussball definitiv wiedergefunden. «Die positive Energie im Verein gefällt mir». In dieser Saison will das Team «dort weitermachen, wo wir nach der Vorrunde aufgehört haben», so Minkwitz, der das Wort «Aufstieg» nur ungern in den Mund nimmt. «Mir macht Fussball wieder riesig Spass».

Ronny Minkwitz wollte nach einer steilen Karriere im Juniorenfussball den FC Wohlen als Sprungbrett in höhere Ligen nutzen – doch das hat nicht geklappt. Doch er ist trotzdem happy in seinem Leben. «Ich habe hier im Freiamt alles gefunden, was ich für mein Leben brauche.» Wird er für immer in Wohlen bleiben? «Mal schauen, ich möchte mir die Türen offenhalten. Beruflich, privat und fussballerisch. Aber es müsste an einem anderen Ort schon extrem viel passen, damit ich meine Zelte hier abbreche.»

Minkwitz, die kleine Diva. Minkwitz, der positive Mensch. Und Minkwitz, der vermutlich beste Amateurfussballer im Freiamt. Er ist und bleibt ein aufgestellter Typ, der gerne Sprüche klopft und sagt, was er denkt. «Ich bin so, wie ich bin.»

Ronny Minkwitz schwingt seine Angelrute in die Reuss in Bremgarten. Ein Karpfen-Fisch beisst an. Ein grosser Fang für ihn. Und ein grosser Fang für das Fussballfreiamt. --spr


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