Der letzte Torgarant

  16.10.2020 Fussball

Fussball, 1. Liga classic: Thomas Schiavano vor dem Auswärtsspiel beim Leader FC Biel (Sonntag, 15 Uhr, Tissot-Arena)

Vier Tore, vier Assists: Thomas Schiavano ist im Hoch. Der 24-Jährige aus Schwamendingen will mit dem FC Wohlen aufsteigen. Doch das Team kommt nicht richtig auf Touren. Am Sonntag geht es gegen den ungeschlagenen Leader Biel. Schiavano sagt: «Ein Sieg würde vieles wieder gutmachen.»

Stefan Sprenger

«Thomas Schiavano verlässt den FC Wohlen», vermeldet der Club am 17. Mai dieses Jahres. Heute ist der Stürmer der beste Liga-Torschütze des FC Wohlen. Vier Tore, vier Assists. In der ganzen letzten Saison schaffte er nur zwei Kisten. «Es läuft», weiss auch Schiavano. Doch wieso vermeldete der Verein seinen Abgang? Das Budget des FC Wohlen für neue Spieler war eigentlich aufgebraucht. Schiavano hatte zwar ein Angebot des FC Wohlen, wartete aber zu lange mit der Zusage. Obwohl die Trainer ihn gerne behalten hätten, musste er gehen. Weil dann überraschenderweise Leotrim Nitaj aufgrund eines Jobwechsels um Vertragsauflösung gebeten hat, wurden neue Mittel flüssig. Und Schiavano blieb doch in Wohlen. «Ich bin sehr froh», meint der 24-Jährige heute.

Das verregnete erste Training

Thomas Schiavano arbeitet bei den Zürich Versicherungen in Regensdorf. Dort ist er im Innendienst Verkaufssupporter. Einer seiner Arbeitskollegen ist auch sein bester Freund in der Mannschaft: Gianluca Calbucci, Wohlens Aussenverteidiger, ist ebenfalls dort angestellt. «Wir haben einen Teil der Juniorenzeit schon gemeinsam gekickt», erzählt Schiavano.

Challenge-League-Debüt gegen den FC Wohlen

Der gelernte Kaufmann war als junger Fussballer talentiert. Der Start ins Fussballerleben war aber ziemlich nass. «Mein Vater brachte mich ins Training, es hat geregnet wie aus Eimern. Ich war pflotschnass. Als ich wieder zu Hause war, sagte ich meinem Vater, dass ich nie mehr ins Fussballtraining wolle», sagt er heute lachend. Es kam anders. Der Fussball gefiel ihm und er schiesst beim FC Schwamendingen Tore am Laufmeter. Er wird von der Nachwuchsabteilung der Grasshoppers entdeckt und nach Niederhasli geholt. Von der U15 bis zur U21 spielt er bei GC. Er ist Stammspieler, er schiesst viele Tore. «Der Traum vom Profifussballer lebte.» 2015 unterschreibt er bei GC den ersten Profivertrag. Im selben Jahr verletzt er sich schwer am Knie. Meniskus und Kreuzband.

Thomas Schiavano kämpft sich zurück in die U21 der Grasshoppers. Der Traum vom Profifussballer bleibt. 2017 wechselt er zum FC Wil. Sein Debüt gibt er im April 2017 bei der 1:4-Niederlage gegen den FC Wohlen. Doch er wird in Wil nicht glücklich. Beim Ostschweizer Club herrschen turbulente Zeiten wegen zwiespältigen Investoren und fehlendem Geld. Und Schiavano kommt nur zu wenigen Teileinsätzen. «Das alles hat mir die Lust am Fussball verdorben», so Schiavano.

Er wird an United Zürich ausgeliehen und trifft dort wieder auf Freund Gianluca Calbucci. Im Sommer 2018 spielt Schiavano ein halbes Jahr für den SC Cham, ehe er im Januar 2019 zum FC Wohlen kommt. «Und hier möchte ich bleiben. Ich habe genug davon, immer den Verein zu wechseln. Ich bin eigentlich eine treue Seele», meint er. Hier hat er grosse Ziele. «Letzte Saison hat uns Corona gestoppt. Dann schaffen wir den Aufstieg eben jetzt», sagt der Schweizer mit italienischen Wurzeln.

Beeindruckender FC Biel

Der FCW vergab viele wichtige Punkte im Rennen um die vorderen Plätze. Dem Team wird oft Überheblichkeit vorgeworfen. Dazu sagt er: «Ja, wir sind manchmal überheblich. Warum, das weiss ich auch nicht genau. Aber wir versuchen es abzustellen.» Auch wenn der FC Wohlen in den ersten acht Spielen «erst» 13 Punkte holte, auf dem 5. Rang steht und der Saisonbeginn somit eher mässig war, meint er: «Der Start war schlecht. Aber die Saison noch lange. Wir sind drei Punkte hinter dem 2. Rang. Da ist noch gar nichts entschieden.»

Da hat er natürlich recht. Allerdings sollte der FC Wohlen irgendwann anfangen zu gewinnen, statt nur Unentschieden zu sammeln (mittlerweile sind es schon vier Remis). Am besten gegen den nächsten Gegner, den ungeschlagenen Leader aus Biel. Die Bilanz des FC Biel ist beeindruckend. Acht Spiele, sieben Siege. 14 Kisten gemacht, nur zwei erhalten. Da erscheint Wohlens Abwehr mit neun Gegentoren ziemlich löchrig. Im Oktober 2019 gab es in der Tissot-Arena in Biel vor über 700 Zuschauern eine 0:3-Ohrfeige für den FC Wohlen. Schiavano sagt: «Ein Sieg gegen den FC Biel würde vieles wieder gutmachen. Wir haben viele Punkte gegen kleine Teams liegen lassen, jetzt wollen wir diese eben gegen diesen grossen Gegner holen.» Clevere Taktik – ob sie aufgeht?

Immer mit dem Mini-Cooper durch den Gubrist

Schiavano selber ist im Hoch. Er ist der beste Torschütze beim FC Wohlen. Mit dem längeren Ausfall von Stürmer Luyi Lugo ist er nun noch wertvoller geworden. Mittlerweile ist er der einzige gelernte, erfahrene und gesunde Stürmer beim FC Wohlen. Gut für den Club, dass er sich in Topform befindet. «Ich fühle mich in dieser Saison einiges freier im Kopf als noch vor einem Jahr. Momentan läuft es einfach. Ich will dem Team helfen und das klappt gut», meint er.

Der Single-Mann, der sich nach fünfjähriger Beziehung vor wenigen Monaten von seiner Freundin getrennt hat, fühlt sich beim FC Wohlen fussballerisch zu Hause. Einziger Nachteil für den Mann aus Schwamendingen: «Ich muss mit meinem Mini-Cooper immer durch den Gubrist fahren – respektive kriechen.» Doch der Stau ist es ihm wert für die tolle Zeit in den Niedermatten. «Jetzt müssen wir nur noch Biel schlagen – und die FCW-Welt sieht wesentlich besser aus.»


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