Der Lorbeer hat ausgedient
25.08.2020 HägglingenAuf dem Flurumgang erfuhr die Bevölkerung alles Wissenswerte über Neophyten
Die Hägglinger Landwirtschaftskommission führt alle zwei Jahre den Flurumgang durch. Die Bevölkerung erhält dabei nicht alltägliche Einblicke in landwirtschaftliche und kulturelle Bereiche der Gemeinde. Am letzten Samstag war das hochaktuelle Thema Neophyten an der Reihe.
Neophyten sind wörtlich übersetzt «neue Pflanzen» und wurden vor einigen hundert Jahren nach Europa eingeschleppt. Die gebietsfremden Pianzen sind zum grössten Teil harmlos. Einige davon haben sich jedoch stark ausgebreitet und sind auf dem besten Weg, die einheimische Pflanzenwelt zu verdrängen. Diese nennt man invasive Neophyten. Bestimmte Pflanzen sind sogar gesundsheitsgefährdend, andere richten Schäden an, indem sie zum Beispiel Bachufer destabilisieren.
Hägglingen hilft im Rahmen eines kantonalen Projekts mit, die invasiven Neophyten zu bekämpfen. Da eine flächendeckende Befreiung vom Aufwand her nicht machbar ist, wurden einige Standorte auf Gemeindegebiet ausgewählt, die von der Umweltschutzkommission neophytenfrei gehalten werden. Unterstützt wird sie hierbei auch immer wieder von Schulklassen. Aber auch in der Landwirtschaft ist das Thema brisant und nicht nur die Hägglinger Bauern sind seit Jahren darauf sensibilisiert. Zum einen, da gewisse invasive Sorten die Kulturpflanzen verdrängen und so den Ertrag mindern, zum anderen weil sie durch ihre Ausbreitung die einheimische Flora sprich Biodiversität schmälern.
Die wichtigsten Fragen klären
Um das wichtige Thema auch den privaten Gartenbesitzern näherzubringen, lud die Landwirtschaftskommission Fachleute des kantonalen landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg an den Flurumgang ein, die wiederum den Nachmittag als öffentlichen Kurs ausschrieben, sodass auch auswärtige Personen am Anlass teilnehmen konnten. Rund achtzig Interessierte fanden den Weg in die Eichgasse auf die Pferdeweide von Beatrice Stöckli, um Antworten auf die brennendsten Fragen zu erhalten. Wie erkennt man invasive Neophyten? Wie kann man sie im eigenen Garten durch attraktive einheimische Pflanzen ersetzen? Wie kann man vorbeugen und betroffene Flächen sanieren?
«Die Passanten haben sich in den letzten Wochen sicher über meine Kunst im Garten gewundert», lachte Gastgeberin Beatrice Stöckli über die Vliesabdeckung, die einige Zeit auf der Pferdeweide zu sehen war. In Tat und Wahrheit hatte sie extra für den heutigen Tag eine Ansammlung von Neophyten, in diesem Falle das sogenannte Berufskraut, als Anschauungsmaterial stehen lassen, jedoch zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung abgedeckt. «Jetzt kommt das Kraut aber weg», fügte Stöckli an. Sie wird es mit der Wurzel ausreissen, noch vor Ort verpacken und via Kehricht entsorgen, so wie es von Fachleuten empfohlen wird. Denn die Entsorgung auf dem Kompost wäre natürlich kontraproduktiv und auch das alleinige Abschneiden genügt bei keiner Neophytensorte; sie wachsen schnell und oftmals umso breitflächiger nach.
Ein verbotener Neophyt
An drei verschiedenen Posten lagen Berufskraut, Distel, nordamerikanische Goldrute oder auch der Sommerflieder (Schmetterlingsstrauch) bereit. Die Leute konnten die Pflanzen aus nächster Nähe begutachten, riechen, die Blätter und Blüten ertasten. Und hie und da hörte man ein erschrockenes «Oh, das habe ich auch im Garten!» Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass der Kirschlorbeer, seit jeher beliebt als dichte und immergrüne Heckenpfianze, ein Neophyt und eigentlich verboten ist? Leider wird er immer noch von einigen Pflanzencentern verkauft. «Dabei gäbe es wunderbare einheimische Alternativen», erklärten die Fachleute vom Zentrum Liebegg, «zum Beispiel Eibe, Buche, Liguster oder auch das Efeu.» Wichtig ist, gegenüber unbekannten Pflanzen stets aufmerksam zu bleiben. Mit dem frühen Erkennen und Reagieren ist schon viel getan. Wer unsicher ist, findet im Internet viele Informationen zum Thema und jederzeit darf auch die Umweltschutzkommission zur Beratung beigezogen werden. --sp