Der Neue ist gefordert

  27.11.2020 Ringen

Ringen, Nationalliga A: RS Freiamt – Willisau (Samstag, 19 Uhr, Bachmattenhalle Muri, Live-Stream im Internet)

Im letzten Jahr war Christian Zemp noch Zuschauer. Nach seinem Wechsel zur RS Freiamt auf eigenen Wunsch ist der 20-Jährige im Final gegen Willisau ein Ass im Ärmel von Trainer Marcel Leutert.

Stefan Sprenger

Marcel Leutert gerät ins Schwärmen. Er hält grosse Stücke auf Christian Zemp, den Neuen bei der RS Freiamt. «Ein williger Typ, ein dankbarer Ringer, der vielseitig einsetzbar ist. Er ist immer voll entschlossen, hat immer einen Plan. Und er hat sich nach kurzer Zeit bestens integriert im Team. Wie ein Eigener», meint Leutert. Christian Zemp ist kein Freiämter, aber er wäre es wohl gerne. «Auf diese Aussage hin muss das 20-jährige Ringertalent laut lachen. «Vielleicht», meint er.

Er wollte unbedingt zur Ringerstaffel Freiamt

Er lebt in Baar, dort ist er auch aufgewachsen. Sein Vater war Ringer und so ging auch er im Alter von acht Jahren auf die Matte. In Brunnen – wie der Vater – lernte er das Ringer-ABC. Als Jugendlicher hatte er schnell seine Vorbilder ausgemacht. Es waren die Ringer der RS Freiamt. Zemp trainiert schon seit zwei Jahren im Ringerkeller in Aristau. Gekämpft hat er aber für viele Vereine. 2019 war er im Einsatz für Brunnen (NLB) – und für Hergiswil (mit Doppellizenz).

Er suchte sein ringerisches Zuhause. Und fand es wenig überraschend bei der RS Freiamt. Anfang dieses Jahres wechselt er definitiv. «Ich wollte unbedingt zur RS Freiamt», sagt er. Der Grund: «Ein starker Verein, der bestens aufgestellt ist. Die Jungs hier sind alles meine Kumpels. Und ich will sportlich weiterkommen und meine Leistungen verbessern. Es gab für mich nur eine Adresse und das ist die Ringerstaffel Freiamt.» Hier wird er gepusht, hier macht es ihm Spass. «Und hier haben wir einen genialen und einzigartigen Teamgeist.»

Zemp ist Mitglied im Schweizer Nationalkader, durfte also auch während der Coronapause weitertrainieren. Der kraftvolle und athletische Ringer ist im 4. Lehrjahr als Kaufmann auf der Gemeinde in Cham. Zuvor war er drei Jahre in Walchwil auf der Gemeinde, ehe er seine Sport-KV-Lehre unterbrach und die Sport-Rekrutenschule in Magglingen durchlief. Das war Ende 2019 und Anfang 2020. Danach war es der optimale Zeitpunkt für einen ringerischen Neustart.

Der Traum von den Olympischen Spielen

International will er nun in der U23-Kategorie an Welt- und Europameisterschaften teilnehmen. «Starke Resultate holen», ist sein Ziel. Und ja, er hat wie viele Ringer auch den Traum, einmal an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Zemp gilt als grosses Talent.

Sein riesiges Potenzial zeigte er in sechs Kämpfen der laufenden NLA-Saison. Der Greco-Ringer trat dabei in der Gewichtsklasse 86 kg, 97 kg oder 130 kg an. Fünf Mal konnte er gewinnen, vier Mal davon mit 4:0. Einzig gegen Willisau-Schwergewicht Samuel Scherrer gab es eine 1:2-Niederlage. Auf jenen Scherrer könnte er auch morgen Samstag im Finalduell treffen. Oder gar auf Stefan Reichmuth, jenen Willisauer, der letztes Jahr WM-Bronze holte und sich für die nächsten Olympischen Spiele qualifizierte. Christian Zemp sagt trocken: «Es ist egal, wer kommt. Ich nehme es gegen jeden Gegner auf.»

Wichtig für ihn: ein geregelter Ablauf am Kampftag. «Rituale», wie er es nennt. Je näher der Kampf rückt, desto mehr geht er in den Tunnel. «Ich gehe die Dinge durch, die ich umsetzen will auf der Matte.» Kurz vorher bringt er sich mit Techno-Musik oder dem US-Rapper Eminem in den Kampfmodus. Und wenn der Kampf dann losgeht, hält ihn nichts mehr auf. «Da merke ich nicht einmal, dass es keine Zuschauer hat», meint Zemp.

Er freut sich extrem auf das Duell mit Willisau. Im letzten Jahr war er noch als Zuschauer dabei und erlebte eine gigantische Stimmung. «Freiamt fehlte nur wenig zum Titel.» Wenn dieses Mal alles rund läuft, dann liegt die Goldmedaille drin. «Es wird sowieso knapp, aber wir wollen es reissen», meint der 88 kg schwere Zemp. Willisau hat ein breites Kader. «Sie sind unberechenbar», so Zemp. «Wir aber auch.»

Noch mehr Integration durch Titelgewinn?

Ohne Fans wird es eine andere Finalstimmung geben. Die Ringerfans können beim Live-Stream dabei sein. «Schön, können wir die Saison durchziehen», sagt Zemp. Er will diese besondere Coronasaison mit dem Schweizer-Meister-Titel beenden. «Ich fühle mich schon ein wenig wie ein Freiämter», sagt er. Es gäbe wohl keine bessere Art, sich noch mehr als Freiämter zu fühlen, als wenn man gemeinsam den Titel feiern könnte.


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