Die inneren Werte der Strassen

  13.09.2022 Besenbüren

Die Besenbürer Bevölkerung stimmt an der Urne über die Sanierung der Dorfstrasse ab

An der «Gmeind» war das Verdikt klar: 31 Ja- zu einer Nein-Stimme für die knapp zwei Millionen Franken für die Sanierung der Dorfstrasse. Trotzdem wird die Bevölkerung am 25. September nochmals an der Urne darüber entscheiden. Dazwischen steht ein zustande gekommenes Referendum. Ammann Mario Räber hofft, dass die Bevölkerung Ja stimmt.

Annemarie Keusch

Dass Schulwegsicherheit emotional berührt, das ist Ammann Mario Räber bewusst. Und dass diese wichtig ist, ebenso. «Alle wollen Sicherheit, gerade wenn es um die Schulwege unserer Kinder geht», sagt der Gemeindeammann, der selber Vater dreier Kinder ist. Schulwegsicherheit heisse aber nicht, dass die Strassen auf fünf Meter verbreitert und mit einem Trottoir ausgestattet werden sollen. «Das animiert die Autofahrer, noch mehr Gas zu geben, das kann und darf nicht das Ziel sein.» Es ist das Thema der Strassenraumgestaltung, das die Schulwegsicherheit umfasst, und das dafür gesorgt haben dürfte, dass die Besenbürer Bevölkerung nun an die Urne gebeten wird.

Schon an der «Gmeind» im Sommer betonte es Räber und er wählt auch jetzt ähnliche Worte: «Im Rahmen der Sanierung der Dorfstrasse geht es nicht um die Strassenraumgestaltung. Diese ist Teil der Revision der Bau- und Nutzungsordnung.» Im nächsten Sommer werde diese vor die «Gmeind» gelangen. «Wir sind mit Hochdruck daran, an diesen Themen zu arbeiten, die Sicherheit zu erhöhen. Und wir werden die Resultate im nächsten Sommer präsentieren. Wir dürfen aber nun diese Themen nicht mischen.»

Infrastruktur auf neusten Stand bringen

Dass die Argumentation nicht einfach ist, zeigte sich schon an der «Gmeind». «Es ist ein hoch komplexes Thema, in das viele verschiedene Themenbereiche einfliessen: Wasser, Strom, Abwasser, Erschliessung. Das sind nur einige Beispiele.» Der Bevölkerung schriftlich die Argumente des Gemeinderats zu vermitteln, das sei eine grosse Herausforderung gewesen. «Wir hoffen sehr, dass die grosse Mehrheit unsere Gedankengänge nachvollziehen kann und unserer Argumentation folgt.»

Es gehe darum, die Infrastruktur auf den aktuellen Stand zu bringen, fasst Räber grob zusammen. Konkret geht es in einer ersten Etappe um die Dorfstrasse und die Zentralstrasse. «Dass etwa die Kanalisation vergrössert werden muss, ist seit Längerem klar.» Nun sollen entsprechend getroffene Massnahmen umgesetzt werden. «Jetzt ist es ideal, weil die Erschliessung der Gebiete Hinterdorf und Widme ansteht», sagt Räber. Bewusst habe der Gemeinderat darauf gezielt, diese Arbeiten zu konzentrieren. «So vermeiden wir eine ewige Baustelle.» Für die Erschliessung der Gebiete – für die die Gemeinde verpflichtet ist – ist eine neue Trafostation notwendig. Und auch die Wasserleitung, die in Teilen der Dorfstrasse über hundertjährig ist, muss saniert werden. «Der Gemeinderat will die sowieso benötigte neue Trafostation gleich grösser ausbauen, damit sie auch von der Gemeinde mitgenutzt werden könnte», erklärt Räber.

Jetzt Synergien nutzen

Dass es die Arbeiten an den Werkleitungen braucht, ist für den Gemeindeammann unbestritten. Und auch die Trafostation werde kommen, bei einem Nein deckt sie aber nur den Bedarf der geplanten Überbauung ab. Zudem betont Räber: «Ein Nein zu diesem Sanierungskredit wird die geplanten Überbauungen weder verzögern noch verhindern. Es würde aber die möglichen Synergien verunmöglichen. Heisst, auf die Gemeinde würden höhere Kosten zukommen.

Apropos Kosten. Obwohl die zwei Millionen Franken viel Geld sind, gerade für ein kleines Dorf wie Besenbüren, Räber denkt nicht, dass das der Grund für das ergriffene Referendum ist. Zumal der Gemeinderat transparent aufgezeigt habe, dass weitere Strassen- und Werkleitungssanierungen und am Schluss die Strassenraumgestaltung zusammen weitere rund acht Millionen Franken verschlingen werden. «Wir werden schlichtweg nicht darum herumkommen, dieses Geld zu investieren», ist er überzeugt.

Zum Referendum eine Initiative eingereicht

Überhaupt, dass das Referendum zustande kam, habe den Gemeinderat überrascht. Mit den 99 gültigen Unterschriften für das Referendum wurde eine Initiative eingereicht, die erreichen will, dass die Dorfstrasse auf fünf Meter verbreitert und mit einem Trottoir ausgestattet wird. «Entsprechend können wir nur vermuten, dass bei der Unterschriftensammlung das Thema Schulwegsicherheit genannt wurde», sagt Räber. Argumente des Referendumskomitees stehen in keiner Broschüre. Und auch auf telefonische Anfrage sagt Felix Huber, der an der «Gmeind» als einziger gegen den traktandierten Kredit stimmte, er wolle keine weiteren Auskünfte geben.

Immer wieder betont Ammann Räber, dass dem Gemeinderat die Schulwegsicherheit natürlich auch am Herzen liege. Dass diese im Rahmen der Strassenraumgestaltung eine ganz wichtige Rolle spiele und im nächsten Sommer als Teil der BNO-Revision an der «Gmeind» vorgestellt werde. «Da werden wir auch die Initiative behandeln. An dieser Versammlung werden wir die Vorschläge aus der Initiative jenen gegenüberstellen, die der Gemeinderat ausgearbeitet hat. So kann die Bevölkerung direkt vergleichen.» Für Mario Räber ist klar, dass der Strassenraum erst dann definitiv gestaltet werden kann, wenn die Werkleitungen auf Vordermann gebracht werden. «Es ist wie bei den Menschen. Auch bei den Strassen müssen die inneren Werte stimmen.» Dafür brauche es den Kredit für die erste Etappe der Strassensanierung. «Ein Nein würde zu einer grossen Verzögerung führen, auch was die Strassenraumplanung und Verkehrssicherheit betrifft.»

Wagt keine Prognose

Prognosen bezüglich Ausgang der Abstimmung wagt Mario Räber keine. «Ich hoffe einfach, dass möglichst viele Leute an die Urne gehen und ihre Meinung kundtun», sagt er. Und dass es einen klaren Entscheid gebe. «Dann können wir weiterarbeiten. Bei einem Ja könnten wir dies nahtlos tun.»


Nun doch noch

Auf telefonische Anfrage wollte Felix Huber-Cahannes keine Äusserungen zum eingereichten und zustande gekommenen Referendum machen. Auch Argumente wollte er keine nennen. Bis zum Abgabetermin für die in alle Besenbürer Haushalte zugestellten Abstimmungsunterlagen ging vom Referendumskomitee ebenfalls keine Stellungnahme ein. Nun meldet es sich per Flugblatt zu Wort, gezeichnet von den Initianten des Referendums und der Initiative: Felix Huber-Cahannes, Stefan Stöckli «mit Sympathisanten für sichere und gebrauchstaugliche Strassen, möglichst ohne Privatland zu befahren».

Darin nennen sie ihre Argumente. Die Strassenbreite sei auf durchgehend fünf Meter zu erweitern, damit ein Auto mit dem Bus oder Lastwagen auf der geteerten Strasse kreuzen könne. Für die Fussgänger und die Schulkinder sei ein Trottoir zu bauen. «Den Dauerbrenner der Schulwegsicherheit hört man schon seit 20 bis 30 Jahren. Durch das blosse Belassen der Strassenbreite und der viel zu kleinen Sichtzonen erhöht sich die Sicherheit überhaupt nicht.» Sie verschlimmere sich mit den geplanten Überbauungen. Auch reagieren die Initianten von Referendum und Initiative auf Aussagen des Gemeinderats. «Der Gemeinderat nutzt keine Synergien. Er schreibt beispielsweise, dass die Strassenraumgestaltung erst mit der BNO bearbeitet wird. Das heisst, dass die Strassen jetzt neu gemacht werden und später wieder aufgerissen und angepasst werden. Wo sind da die Synergien?» --ake


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