Die Seele des «Feuerwehrblocks»
12.12.2023 Zufikon, Region Bremgarten45 Jahre lang wirkte Emil Hottinger als Hauswart der Ortsbürgerliegenschaft Oberdorfstrasse 6
1978 trat Emil Hottinger seine nebenamtliche Stelle als Hauswart der Oberdorfstrasse 6 an. Später kam die Oberdorfstrasse 4 dazu. Jetzt wurde er von der ...
45 Jahre lang wirkte Emil Hottinger als Hauswart der Ortsbürgerliegenschaft Oberdorfstrasse 6
1978 trat Emil Hottinger seine nebenamtliche Stelle als Hauswart der Oberdorfstrasse 6 an. Später kam die Oberdorfstrasse 4 dazu. Jetzt wurde er von der Ortsbürgerversammlung ehrenhaft aus seinem Amt entlassen.
Roger Wetli
«Hauswartsjobs waren damals nicht so beliebt. Ich habe es aber immer gerne gemacht», lächelt der 79-jährige Emil Hottinger. Er lernte und arbeitete bis zu seiner Pensionierung mit 65 Jahren als Metzger. «Ich habe mich aber immer auch als Allrounder gesehen. Das konnte ich in meinem Nebenberuf als Hauswart voll ausleben. Und habe mir dabei vieles selber beigebracht.» Er weiss, dass die Ortsbürgerliegenschaft Oberdorfstrasse früher auswärts als «Feuerwehrblock» bezeichnet wurde. Nicht, weil es darin so oft brannte, sondern weil in seinen zehn Wohnungen besonders viele Feuerwehrleute wohnten. «Auch heute leisten noch sechs Mieter Feuerwehrdienst und es wohnen zwei Passivmitglieder darin», schmunzelt Hottinger. Zu Letzteren gehört auch er. Und sein Sohn Marcel Hottinger, der heute Kommandant der Zufiker Feuerwehr ist, wuchs ebenfalls in der Oberdorfstrasse 6 auf.
Entlastung des Familienbudgets
Als Abwart war Emil Hottinger zuständig für saubere allgemeine Infrastrukturen wie Treppenhaus, Garten, Spiel- und Vorplatz. Und er amtete bei technischen Problemen als erste Ansprechperson für die Mieter. Als später die Oberdorfstrasse 4 mit weiteren sechs Wohnungen von den Ortsbürgern fertiggebaut war, übernahm er auch deren Hauswartungen. «Früher hatte ich einen Schlüssel, mit dem ich in alle Wohnungen kam. Damit half ich Kindern hinein. Aber auch Erwachsenen», lacht er. «Das läuft heute alles über die Verwaltung.» Als die Waschmaschinen noch mit 20-Rappen-Stücken betrieben wurden, rechnete er diese jeweils ab. Später sei dieses System durch Karten abgelöst worden.
Emil Hottinger zog 1973 in eine 3½-Zimmer-Wohnung an der Oberdorfstrasse 6. «Damals war Martin Karli für die Hauswartung zuständig. Als er damit aufhörte, wollte ich es eigentlich bereits übernehmen. Erhalten hat die Aufgabe aber ein Briefträger», erinnert sich der Hauswart. Drei Jahre war der Briefträger zuständig. Dann verunfallte er und seine Mutter übernahm kurzfristig. So kam Emil Hottinger 1978 doch noch zu seinem Nebenberuf. «Als Alleinverdiener mit drei Kindern war ich um die Entlöhnung sehr froh. Das entlastete das Haushaltsbudget merklich», weiss er. Damals wurde der Lohn direkt am Mietzins abgezogen, was später nicht mehr möglich war.
Als Metzger in einem Grossbetrieb in Zürich mit Arbeitsstart um 6 Uhr erledigte Hottinger Arbeiten zum Teil vor der Abfahrt. Viele Dinge wurden aber auch durch seine Frau erledigt. «Und meine drei Kinder halfen je nach Alter gut mit. So schaufelten sie etwa mit mir den Schnee weg. Gerade in den 80er-Jahren schneite es noch oft.» Mit der Familie zog Emil Hottinger bald schon in die gegenüberliegende 4½-Zimmer-Wohnung. In dieser lebt er bis heute und fühlt sich sehr wohl. «Und durch meinen Nebenjob als Hauswart war ich immer um meine Kinder herum», strahlt er.
Verständnis für die Kinder
Mit den anderen Mietern pflegte er stets ein freundschaftliches Verhältnis. «Natürlich gab es immer mal wieder schräge Vögel», schmunzelt er. «Ein paar Mal war dabei auch die Polizei involviert.» Keine Probleme hatte er mit den Kindern der Mieter. «Natürlich waren sie manchmal laut und haben auch Schmutz ins Treppenhaus gebracht. Aber das taten meine Kinder ja auch. Es sind halt Kinder», zeigt er grosses Verständnis.
Und dann waren da noch die Arztpraxis und die Raiffeisenbank. Für die Arztpraxis musste die Gartenausfahrt immer schneefrei sein. «Das ging im Nebenamt und mit einem 100-Prozent-Job nicht. Also vergaben die Ortsbürger diesen Bereich an Externe.»
Die Raiffeisenbank dagegen war derart zufrieden mit Hottingers Arbeit, dass sie ihn gleich anstellte, als sie an den heutigen Standort zog. «Die dortigen Aussenarbeiten mache ich auch jetzt noch», ist Emil Hottinger dankbar. Auch zu den Ortsbürgern pflegte er ein gutes Verhältnis. Er selbst wuchs im Glarnerland auf. Im «Feuerwehrblock» wohnten früher viele von ihnen. «Auch deshalb kenne ich sie», erklärt er.
Hottinger betont, dass für ihn der Zeitpunkt aufzuhören jetzt passe. «Einmal ist immer Schluss. Vor einiger Zeit habe ich auch freiwillig meinen Autoführerausweis abgegeben. Jetzt bin ich mit einem Generalabonnement unterwegs. Es stimmt für mich so, wie es aktuell ist.»