Dosen erhalten zweites Leben
21.07.2023 Boswil, Region OberfreiamtUhren aus Aludosen
Boswiler Firma hilft beim Recycling
Recycling ist in vielen Branchen ein grosses Thema, auch in der Metallindustrie. So macht die Boswiler Firma BK Metallform AG aus leeren und gewaschenen Aludosen Uhrengehäuse. Die Idee stammt ...
Uhren aus Aludosen
Boswiler Firma hilft beim Recycling
Recycling ist in vielen Branchen ein grosses Thema, auch in der Metallindustrie. So macht die Boswiler Firma BK Metallform AG aus leeren und gewaschenen Aludosen Uhrengehäuse. Die Idee stammt nicht von den Gründern und Inhabern Simon Bucher und Köbi Keusch. Trotzdem machen sie mit Herzblut mit, entwickelten extra Spezialwerkzeug. «Die Herausforderung reizte uns», sagen die beiden. --ake
«Sommerserie Freiämter Produkte»: Die BK Metallform AG aus Boswil macht aus Aludosen Uhrengehäuse
Es sind vorwiegend leere Bierdosen. In Säcken gesammelt und gewaschen kommen sie nach Boswil. Wenn sie die BK Metallform AG verlassen, sind daraus Uhrengehäuse entstanden. «Die Wiederverwertung ist in unserer Branche ein grosses Thema», sagt CEO Köbi Keusch. Trotzdem waren sie die Einzigen, die sich an dieses Projekt wagten.
Annemarie Keusch
Sie formen Metall um – durch tiefziehen, drücken, stanzen, abkanten, laserschneiden. Die ganze Palette, inklusive Werkzeugbau. Dafür ist die BK Metallform AG bekannt. Was sie nicht machen, ist pressen. Eigentlich. Seit 2017 ist das anders, seither stellt die Firma, die 2015 in Seon gegründet wurde und seit einigen Jahren in Boswil zu Hause ist, aus Aludosen Uhrengehäuse her. «Es war die Herausforderung, die uns reizte», sagt Simon Bucher, Co-Geschäftsleiter der BK Metallform AG. Zusammen mit Köbi Keusch hat er die Firma gegründet. Hinzu kam die Tatsache, dass andere Firmen es für unmöglich anschauten, gebrauchte Aludosen in eine solche Form zu pressen. Ihr Ehrgeiz war damit auch geweckt.
Zudem ist die Wiederverwertung in der gesamten Branche ein grosses Thema. «Wir sind da gleich in mehreren Projekten aktiv», erklärt CEO und Co-Geschäftsleiter Köbi Keusch. Eines ist eben Cancan, eine Armbanduhr mit Gehäuse aus gebrauchten Aludosen. Die Idee dazu kommt weder von Bucher noch von Keusch, sondern von Robert Wohlfahrt, einem Tausendsassa, einem Erfinder, einem Idealisten. «Seine Vision ist es, einen Teil der x Milliarden weggeworfenen Aludosen auf raffinierte Art zu rezyklieren», sagt Köbi Keusch. Nachdem er vor rund 20 Jahren schon Uhren verkaufte, die umrandet waren mit einem Abfallprodukt aus der Käseproduktion, setzt er wieder auf Uhren, auf ein Gehäuse aus den Aludosen. Hier kam der Freiämter Betrieb ins Spiel. «Er suchte eine Firma, die das macht, und nahm Kontakt mit uns auf», erzählt Bucher.
Nur wenige Minuten Zeitaufwand
Von Anfang an begeistert waren die beiden nicht. Obwohl die Herausforderung sie schnell reizte. «Wir arbeiten im Alltag mit dickeren Metallen, nicht mit dünnem, weichem, einer Folie gleichem Aluminium. Und eben, wir pressen nicht», erklärt Keusch. Doch sie liessen sich anstecken von der Begeisterung, mit der Wohlfahrt auf den ersten Prototyp reagierte. «Obwohl dieser wirklich sehr rudimentär war», sagt Köbi Keusch und lacht. Es war der Start in eine lange Phase der Entwicklungsarbeit. «Vielleicht schreckte das andere Firmen ab, uns spornte es an. Schliesslich wächst man an Herausforderungen», blickt Simon Bucher zurück. Viel Zeit, Arbeit und Geld investierten sie in das Entwickeln von Spezialwerkzeug, welches die Aludosen in die Form des Gehäuses bringt. «Es war viel Tüftlerarbeit nötig, bis es funktionierte», sagt Köbi Keusch.
Mittlerweile sind vier Arbeitsschritte übrig geblieben, die nur wenige Minuten in Anspruch nehmen. «Trotzdem, es ist viel Handarbeit nötig.» Jede einzelne Dose wird zuerst flachgepresst, später maschinell gerollt, dann gepresst, der Rohling geformt, damit die Kanten weich sind und keine Kleidungsstücke daran hängen bleiben. Am Schluss folgt das Einbrennlackieren – der einzige Arbeitsprozess, der nicht in der Produktionshalle in Boswil gemacht wird.
Vorrichtungen extra angefertigt
Dabei hat die BK Metallform AG Lösungen für gleich mehrere Herausforderungen gefunden. «Ein solch dünnes Material in andere Formen zu bringen, ist nicht einfach, weil es beim Pressen und Bearbeiten splittern kann», sagt Köbi Keusch. Entsprechend wichtig sei es, dass die extra angefertigten Spezialvorrichtungen keinen Raum lassen, etwa beim Bohren der Löcher, wo später die Uhrenbändchen angemacht werden. «Sonst würde das Gehäuse gleich wieder verformt.» Das Uhrenlaufwerk – ein Schweizer Produkt – wird später in Biel eingebaut. Dort werden auch die Uhrenbändel montiert und die Uhr in eine Recycling-Kartonschachtel verpackt.
5000 Uhrengehäuse wurden zuerst in Seon und nun in Boswil bereits hergestellt. «Es ist ein ganz kleiner Bestandteil unserer Firma, aber einer, auf den wir stolz sind», sagen Bucher und Keusch. Einer, in den sie einiges investierten und für den sie viel Anerkennung erhalten.
Modell weiter optimieren
«Natürlich würden wir uns wünschen, dass wir die Gehäuse in grösseren Serien herstellen könnten», sagt Köbi Keusch. Bisher sei es zweibis dreimal jährlich, dass Robert Wohlfahrt gesammelte und gereinigte Aludosen nach Boswil bringt und diese dort verarbeitet werden. Momentan werde das Modell so optimiert, dass der Batterienwechsel einfacher geht. Auch ein kleineres Modell für Frauen sei ein Thema. «Abgeschlossen ist dieses Projekt noch lange nicht.»
Thema weiterverfolgen
«Cancan»-Uhren werden vor allem online vertrieben, sind aber auch in der Firma in der Boswiler Industrie erhältlich. «Es ist einfach faszinierend, wie aus Abfall ein Produkt entsteht, das völlig individuell ist», sagt Köbi Keusch. Keine Uhr ist wie die andere. Beim Pressen faltet sich jede Dose anders. Es ist ein Projekt, das die BK Metallform AG rund um das Thema Recycling verfolgt. Weitere gibts, spruchreif sind diese noch nicht. «Auf jeden Fall verfolgen wir dieses Thema, weil es wichtig, aber auch interessant ist», betonen die beiden Co-Geschäftsleiter. Beim Verarbeiten der leeren Bierdosen soll es also nicht bleiben.