Drohung an Vereine
04.02.2025 WohlenDie Schliesszeiten in den Wohler Turnhallen sorgen für ein irritierendes Mail vonseiten der Gemeinde
Die Vereine in Wohlen erhalten von der Gemeinde kurz vor Weihnachten ein Mail. Es geht um die Schliesszeiten in den Turnhallen. Verständlich, dass man darauf ...
Die Schliesszeiten in den Wohler Turnhallen sorgen für ein irritierendes Mail vonseiten der Gemeinde
Die Vereine in Wohlen erhalten von der Gemeinde kurz vor Weihnachten ein Mail. Es geht um die Schliesszeiten in den Turnhallen. Verständlich, dass man darauf hinweist, die Regeln einzuhalten. Aber: Es wird den Vereinen mit dem «Entzug der Nutzungsbewilligung» gedroht. Die Vereine sind irritiert, allem voran der angeschlagene Ton sorgt für Unverständnis.
Daniel Marti, Stefan Sprenger
Das Mail vom 18. Dezember 2024 beginnt harmlos. «Geschätzte Sportfreundinnen und Sportfreunde». Absender ist Stefan Leuenberger, Leiter Planung, Bau und Umwelt der Gemeinde Wohlen. Empfänger sind die Wohler Sportvereine. Volleyball, Karate, Unihockey, Tischtennis, Handball, Fussball, Basketball, Behindertensportclub, Damenturnverein – und so weiter.
Das Mail nimmt eine überraschende Wende
Auf den ersten Zeilen wird auf das Problem mit den Hallen-Schliessungszeiten hingewiesen. Eine Thematik, die unter den Sportvereinen seit Jahren, wenn nicht schon Jahrzehnten, immer wieder für Diskussionen sorgt. «Die Hauswartungen müssen immer wieder feststellen, dass während der Trainingszeiten Gegenstände in die Eingangstüren geklemmt werden, obwohl dies im Merkblatt Benützung von Schulräumen ausdrücklich untersagt ist.» Dies führe dazu, dass die Türen über Nacht offenstehen. «Die Vereine wurden seitens der Raumvermietung bereits mehrfach darauf aufmerksam gemacht. Leider bis jetzt ohne entsprechende Wirkung.»
So weit. So verständlich. Dann nimmt die Nachricht allerdings eine überraschende Wende. «Wir informieren Euch darüber, dass wir bei der nächsten Zuwiderhandlung (Meldung durch die Hauswartung) dem Gemeinderat einen Antrag um Entzug der Nutzungsbewilligung stellen müssen.» Mit anderen Worten: Man droht damit, einen Verein aus der Halle zu schmeissen, sollte man – beispielweise eine PET-Flasche – in die Eingangstür klemmen.
Im Mail von Stefan Leuenberger heisst es weiter: «Wird diesem (Antrag auf Entzug der Nutzungsbewilligung, Anm. der Redaktion) nicht stattgegeben, müssen wir alternativ einen Pikettdienst organisieren, welcher den Vereinen anteilsmässig in Rechnung gestellt werden muss. Pikettdienste für Kurzeinsätze um diese Zeit sind unverhältnismässig teuer. Wir hoffen nicht, dass wir von den hier angekündigten Sanktionen Gebrauch machen müssen.»
Viele Vereine trauen sich nicht, zu reden
Diese Zeitung hat diverse Vereine angefragt, was sie zu der Schliesszeiten-Problematik und dem Mail der Gemeinde meinen. Gleich bei drei Vereinen ist zu spüren, dass man sich nicht aus dem Fenster lehnen will. Man spricht. Aber nicht öffentlich. «Da sagen wir lieber nichts dazu», heisst es. Ein anderer Vereinsvertreter zeigt Verständnis für die Schliesszeiten, «um zu vermeiden, dass Unbefugte in die Hallen gelangen». Die Maildrohung findet jener Vereinsvertreter «dreist, sehr fraglich und keine faire Kommunikation». Jene Person möchte anonym bleiben, «um es mit der Gemeinde nicht zu verbauen».
Jürgen Frömberg, Co-Präsident des FC Wohlen, sagt: «Wir als FC Wohlen haben mit den Schliesszeiten grundsätzlich kein Problem und haben uns damit arrangiert.» Zum Tonfall im Mail meint Frömberg: «Wäre ich sein Vorgesetzter, würde ich ihn bitten, dies künftig etwas besser zu formulieren.»
Verständnis für Problem, Unverständnis für Tonfall
Rolf Stadler hat einerseits Verständnis für die Schliesszeiten-Problematik, andererseits Unverständnis für die Drohung im Mail. Als früherer Schulleiter des Bünzmatt und jahrzehntelanges Vorstandsmitglied des TV Wohlen Leichtathletik hat er Erfahrung. Stadler: «Die Schliesszeiten in den
Hallen machen Sinn. Es ist auch eine Folge des zunehmenden Vandalismus in jüngerer Vergangenheit. Wir haben das im Bünzmatt während unserer Trainings hautnah miterlebt. Deshalb habe ich Verständnis für die Schliesszeiten und dass man die Vereine erneut darauf aufmerksam macht.» Zur Drohung des Entzugs der Nutzungsbewilligung meint Stadler: «Ich habe gestaunt, als ich dieses Mail gelesen habe, im negativen Sinn. Es gäbe andere Möglichkeiten, um zusammenzuarbeiten, als so. Es ist sehr schade, dass man so massiv droht.»
«Es ist nicht zu viel verlangt ...»
Ähnlich sieht es Andreas Stierli, Präsident von Handball Wohlen. Der Verein ist in der neuen Hofmattenhalle stark präsent. Zu den Schliesszeiten meint er: «Die Öffnungszeiten wurden uns kommuniziert und wir halten uns daran.» Zum Mail und dem harschen Ton sagt Stierli: «Die Mitteilung des Gemeindevertreters empfinden wir als unangebracht und irritierend. Es ist eigentlich nicht hinnehmbar, dass Vereine, die einen wesentlichen Beitrag zur Gemeinschaft leisten, auf diese Art und Weise angegangen werden. Da wünschen wir uns eine respektvollere und lösungsorientiertere Kommunikation.»
«Saustall»
Diese Kommunikation bietet die Gemeinde an. «Wenn ein Verein ein Problem mit den kommunizierten Regelungen hat, dann stehen die Ansprechpersonen der Gemeinde zur Klärung der Sachlage jederzeit zur Verfügung», schreibt der Gemeinderat auf Anfrage. Somit ist zu hoffen, dass sich die involvierten Parteien an einen Tisch setzen und die Sachlage ausdiskutieren – und dieses Drohmail am Ende vielleicht doch etwas Gutes hat.
Zum Thema der Schliesszeiten sagt der Gemeinderat: «Es ist im Interesse aller Nutzer, dass die Hallen während und nach dem Trainingsbetrieb nicht von Unbefugten betreten werden können und dass kein «Saustall» hinterlassen wird. Leider war dies in der Vergangenheit verschiedentlich der Fall und es wurden wiederholt Gegenstände in den Türen eingeklemmt, sodass die Türen über Nacht offenstanden. Die Vereine wurden seitens Hauswartung mehrfach darauf hingewiesen – ohne spürbare Verbesserung der Situation.» Insofern ist es verständlich, dass man die Vereine erneut auf diese Problematik aufmerksam macht. «Es ist nicht zu viel verlangt, dass sich die Nutzenden an die kommunizierten Regeln halten und mit dem Eigentum der Gemeinde sorgfältig umgehen», so der Gemeinderat weiter.
Angesprochen auf den «Entzug der Nutzungsbewilligung» und die Drohung im Mail von Stefan Leuenberger an die Vereine, reagiert der Gemeinderat und auch Leuenberger zuerst nicht. Nach erneutem Nachfragen schreibt der Gemeinderat: «Stefan Leuenberger, Bereichsleiter Planung, Bau & Umwelt, hat korrekt gehandelt.»