Ein erarbeitetes Erfolgsmodell
24.09.2024 Wohlen
Wohlen und die Italiener: 50 Jahre italienischer Kindergarten in Wohlen – eine Fotoausstellung
Grosse Feier in der Begegnungsstätte Rösslimatte. 50 Jahre Kinderhort und Kindertagesstätte Peter Dreifuss sind ein Meilenstein in der Geschichte der ...
Wohlen und die Italiener: 50 Jahre italienischer Kindergarten in Wohlen – eine Fotoausstellung
Grosse Feier in der Begegnungsstätte Rösslimatte. 50 Jahre Kinderhort und Kindertagesstätte Peter Dreifuss sind ein Meilenstein in der Geschichte der Italiener in Wohlen. Mit einer Bilderausstellung wird zurückgeschaut. Sogar die Konsulin von Italien, Benedetta Romagnoli, gab sich die Ehre.
Daniel Marti
Die grosse Feier 50 Jahre Kindergarten Peter Dreifuss fand bereits im Juni statt und wurde vom Verein Kita Peter Dreifuss organisiert. «Aber Acli Wohlen konnte dieses Jubiläum nicht unbemerkt lassen, zu vieles verbindet uns mit dem italienischen Kindergarten», erklärte Acli-Präsident Franco Narducci. Und so wurde so viel Bildmaterial zusammengesucht wie nur möglich. Der Kindergarten Peter Dreifuss, früher Asilo genannt, hat ja eine bewegende und einmalige Geschichte – wie auch die ganze italienische Gesellschaft in Wohlen. Eine Fotoausstellung dokumentiert nun diese beiden Geschichten in der Begegnungsstätte Rösslimatte. Sie ist noch bis am nächsten Sonntag, 29. September, geöffnet.
Etliche Nationen sind vertreten
Maria Oberholzer, als Vertreterin des Trägervereins, blickte ausführlich auf die Entstehungsgeschichte des Kinderhorts zurück. Der Unternehmer Peter Dreifuss sei tief beeindruckt gewesen vom Einsatz der italienischen Gemeinschaft. Und als sich die Gemeinde Wohlen praktisch aus der Verantwortung gezogen hat, sprang er uneigennützig ein. Samstag für Samstag sei beim Bau des Gebäudes Fronarbeit geleistet worden. Und als der Kinderhort im Sommer 1974 eingeweiht wurde, «hatte Peter Dreifuss grosse Freude. Er bewunderte den allgemeinen Einsatz sehr.» Leider ist Peter Dreifuss 1985 viel zu früh verstorben. Andere traten dann praktisch an seine Stelle. Seelsorger Don Silvano war von Anfang an eine treibende Kraft. Oder auf Pietro Vedovato konnte man immer zählen, «er hatte für jedes Problem eine Lösung». Vedovato war zudem stets ein wichtiges Bindeglied zum Circolo Acli.
Schon in den Anfangszeiten waren Kinder aus verschiedenen Nationen beim Kinderhort bestens aufgehoben: Neben Italien waren dies Kinder aus Portugal, Spanien, Türkei und dem damaligen Jugoslawien. Bis zu zehn Nationen. Vor allem als die Nonnen zurück nach Italien beordert wurden, geriet der Kinderhort in finanzielle Schwierigkeiten. Unterstützung gab es da oft vom Gemeinnützigen Ortsverein (GOV). Oder die eigenen Präsidenten leisteten Wesentliches: Renato Rorato, Beat Koch, Bruno Lüthi. «Das gab Sicherheit», so Oberholzer. Nach der Vereinsgründung folgte (endlich) ein Kooperationsvertrag mit der Gemeinde Wohlen. «Nun herrscht eine gute, reibungslose Zusammenarbeit.»
Es habe tatsächlich auch Momente der Angst gegeben, sagte Vereinsvizepräsidentin Maria Oberholzer weiter. Manchmal gab es zu wenig Kinder, dann zu wenig Geld. Heute steht der Kindergarten bestens da. Es gibt stets 50 bis 60 Kinder, die zu betreuen sind, notabene gegenwärtig aus 18 Nationen. «Dass alle miteinander leben und viel lernen können, ist mittlerweile ganz normal.»
18 Mitarbeitende zählt aktuell die Kindertagesstätte Peter Dreifuss. Aber auch für Maria Oberholzer ist die Anfangszeit prägend. Sie richtete ein grosses Dankeschön an alle, «die vor 50 Jahren so viel Energie und Schweiss für die Fronarbeit geopfert haben». Deshalb könne man dieses «prächtige Haus» heute nur geniessen.
Der Lebensmittelpunkt
Ein schönes Grusswort richtete auch Gemeinderat Roland Vogt aus. «Wohlen und die Italiener, das ist ein Erfolgsmodell», sagte er. «Ein Erfolgsmodell, das erarbeitet werden musste.» Denn die erste Generation hatte es «nicht so einfach. Die Menschen suchten Arbeit. Und viele durften nicht einmal ein ganzes Jahr bleiben», erinnerte Vogt an den Saisonnier-Status. «Aber letztlich haben die Menschen aus Italien mitgeholfen, die Infrastruktur in der Schweiz aufzubauen.» Erst mit der zweiten Generation habe dann Integration stattgefunden. «Und daraus ist auch die Begegnungsstätte Rösslimatte entstanden. Ein tolles Projekt.» Und die Begegnungsstätte sei für viele zum Lebensmittelpunkt geworden. Für Italiener und Schweizer. «Das ist doch eine schöne Geschichte», so Roland Vogt abschliessend.
«Für Eltern gibt es nichts Wichtigeres»
Stargast der Eröffnung der Fotoausstellung zwar zweifellos Benedetta Romagnoli, die Konsulin von Italien in Basel. Die Begegnungsstätte Rösslimatte sei für sie wie eine zweite Heimat, erklärte sie. Und sowieso fühle sie sich im Kanton Aargau immer wohl, im Aargau wohnen eben verhältnismässig am meisten Italienerinnen und Italiener. Hier im Acli und mit dem Kinderhort Peter Dreifuss sei vor allem für die Kinder eine besondere Stätte geschaffen worden. «Es gibt für Eltern nichts Wichtigeres, als zu wissen, dass die Kinder in guten Händen sind. Das war vor 50 Jahre so – und das gilt noch heute.»
Und man müsse dankbar sein, so die 34-Jährige, dass es früher Menschen wie Peter Dreifuss gegeben hat. Er war in den Augen der Konsulin «grosszügig und grossartig. Er hat mit viel Energie sein Projekt realisiert. Und dank ihm sind viele Menschen hiergeblieben.» So ist Benedetta Romagnoli voller Hoffnung, dass auch in der Begegnungsstätte Rösslimatte die italienische Kultur noch lange erhalten bleiben wird.
Benedetta Romagnoli ist seit Mai 2023 amtierende Konsulin der Republik Italien in Basel. Geboren in Rom, studierte sie in Paris internationale Beziehungen. Das passt bestens zum Circolo Acli und zur Kindertagesstätte mit italienischem Ursprung. Es lebe das Circolo Acli, es lebe das einstige Asilo, erklärte der ehemalige Präsident Giusi Però. «Das gilt auch für uns alle.»


