Ein Hoch auf die Kiwi

  16.07.2021 Kolumne

Philippe Knecht, Muri.

Neuseeland ist eine Gegend, die mir wegen drei Dingen im Kopf herumschwirrt: «Herr der Ringe» wurde in Neuseeland gedreht, «Heidi» ebenfalls, und Kiwis kommen aus Neuseeland. Die Vögel schon auch, doch ich spreche von der Frucht. Sie, die mir immer wieder Diskussionsstoff liefert, wenn ich sie in Gegenwart eines anderen Menschen verzehre.

Kiwis entdeckte ich aufgrund der ihnen nachgesagten Vorteile für den Schlaf (Kiwifrüchte enthalten schlaffördernde Spurenelemente und Ende Kanti-Zeit glich mein Schlafrhythmus mehr einem asynchronen modernen 15/8-Jazzstück als einem geordneten 4/4-Popsong aus der Hitparade).

Man solle die Kiwi auslöffeln, hiess es immer, denn der braune «Kiwipelz» sei ungeniessbar. Ich fasste die Naturverpackung der Frucht folglich auf wie die Schale einer Banane und folgte dem gesellschaftlichen Konsens. Bis zur Rekrutenschule.

An den Feldübungen erhielten wir täglich mit Obst und Riegeln gefüllte «Zwipfkisten» zum Znüni, in denen sich aufgrund der vom Küchenchef mit mir geteilten Freude an den Kiwis auch ab und zu auch importierte Ostasiatinnen tummelten. Das Problem am Ganzen war lediglich, dass man auf dem Schiessplatz oder insbesondere bei Trümmerübungen der Rettungstruppen zuweilen sein Essbesteck nicht dabeihat. Auch keinen Löffel.

Notgedrungen musste ich die Essstrategie überdenken und begutachtete den flauschigen Kiwipelz erneut. Die meisten «gesunden» Stoffe, welche die Kiwi zu der Powerfrucht machen, die sie ist, befinden sich genau unter der Pelzhaut und werden beim Kiwilöffeln gar nicht mitgegessen. Aus Bequemlichkeit biss ich fortan in Kiwis wie in Äpfel und Birnen – und starb nicht den qualvollen Tod, der mir vor Jahren für dieses Experiment prophezeit worden war.

Obschon ich mich an den Kiwipelz gewöhnt habe, muss ich seit jenem Tag komische Blicke erdulden. Ob es Ekel, Ungläubigkeit, Faszination oder Verwirrung ist, die meinen Mitmenschen dabei im Gesicht steht, weiss ich nicht. Die Frucht, die mehr von der Welt gesehen hat als ich, ist ihnen zufolge nicht löffellos essbar. Schade eigentlich, denn wer keinen Löffel braucht, kann sie sogar nach Goldau dem Zugersee entlang tretend auf dem Velo geniessen. En Guete!


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