Ein Star, der keiner sein will
14.10.2022 WohlenGespräch mit Peach Weber über seinen 70. Geburtstag, seine Pläne und seine Arbeit in Zeiten des Krieges
Der bekannte Wohler Komiker mit Wohnsitz in Hägglingen wird heute Freitag 70 Jahre alt. Das heisst: In fünf Jahren gibt er seinen Abschiedsauftritt im Hallenstadion. Bis dahin macht er das, was er am liebsten tut: Menschen zum Lachen bringen. Jetzt erst recht.
Chregi Hansen
Die Zeiten sind schwierig. Es gibt Krieg in Europa. Es droht ein Nuklearschlag. Die Preise, insbesondere für Energie, explodieren. Darf man in diesen Zeiten noch auf die Bühne steigen und Witze machen? «Jetzt erst recht», findet Peach Weber. Wer tagtäglich mit negativen Meldungen bombardiert werde, der habe das Bedürfnis und das Recht, einfach mal einen Abend lang zu lachen. Eine Pause zu nehmen von all dem Irrsinn der Welt. Er habe den Vorteil, dass er kein politisches Kabarett mache. «Ich muss mein Programm nicht ändern, weil irgendwo auf der Welt wieder etwas passiert.»
Das heisst nicht, dass ihn nicht interessiert, was aktuell passiert. Peach Weber war und ist ein politischer Mensch. Informiert sich. Und er sagt, was er denkt. «Aber ich habe bis heute noch nie eine Ehrverletzungsklage erhalten. Dabei hätte mich das bei gewissen Personen gefreut», schmunzelt er. Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass er in einer privilegierten Lage ist. Er wohnt in einem Haus mit viel Grün drumherum. In der Coronazeit habe man gesehen, wie viel das wert sei. Darum störte es ihn, dass privilegierte Menschen meinten, sie müssen denen Vorschriften machen, die es weniger gut haben. «Ich konnte immer raus ins Grüne. Aber wer in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung lebt, der hatte es wirklich schwer.» Gleichzeitig schämt er sich nicht, so zu leben. «Ich habe dafür gearbeitet, auch wenn das viele vielleicht anders sehen. Und ich bin immer haushälterisch mit meinem Geld umgegangen.»
Mal humorvoll, dann wieder ganz ernst
Trotzdem: Was mit der Erde passiert, das lässt ihn nicht kalt. Sein Beitrag gegen den Klimawandel? «Ich fliege nicht und bewege mich so wenig wie möglich», grinst er. Um gleich wieder ernst zu werden. «Wenn wir früher reagiert hätten und neue Energien gefördert hätten, müssten wir jetzt nicht alles auf einmal machen», sagt er. Er ist überzeugt, mit einfachen Kniffen könnte viel erreicht werden, ohne dass der Mensch auf Lebensqualität verzichten muss. Er schaltet zum Beispiel abends alle Geräte aus und lässt sie nicht im Standby-Modus. «Man mag das belächeln, aber wenn das alle machen, dann kommt enorm viel zusammen.» Und aktuell beteiligt er sich an einer Kampagne des Kantons zum Energiesparen. Auch mit 70 Jahren ist er eben noch aktiv. Ist der 70. Geburtstag für ihn etwas Besonderes? «Mein Alter ist mir wurst.» Punkt. Peach Weber wird den 70. nicht gross feiern. Und wie viel Zeit ihm noch bleibt und was er noch alles erreichen will im Leben. Der Wohler Komiker, der seit vielen Jahren in Hägglingen lebt, konzentriert sich auf das Jetzt. «Ich habe später noch genug Zeit zum Jammern», sagt er.
70 Jahre alt ist er nun also. Seit über 40 Jahren begeistert der frühere Lehrer auf der Bühne das Publikum als Alleinunterhalter. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Die aktuelle Tournee läuft sehr gut, der September war so intensiv wie schon lange nicht mehr. «Ich habe das Gefühl, alle haben Angst, dass im Winter wieder alles zugeht, und wollen es nochmals geniessen.» Auch für das kommende Jahr stehen schon viele Termine fest. Immerhin – einen Tribut an das Alter gibt es. «Ich mache nicht mehr 200 Auftritte pro Jahr wie früher. Sondern nur noch etwa 80. Und ich suche eher aus, was ich annehme. Gewisse Dinge brauche ich nicht mehr.»
Die Grossmutter als Vorbild
Natürlich, auch er spüre das Alter. Aber das sei normal. «Heute rennen alle immer zum Arzt und wollen fit und zwäg sein wie mit 20. Und dann wundern sie sich, dass die Krankenkassenprämien steigen», sagt er. Schon ist er wieder politisch. Und wechselt gleich wieder zum Komiker. Sein Motto: Heilung durch Ignorieren. Wenn es im Rücken zwickt, dann warte er zuerst zwei bis drei Wochen ab. Dabei dient ihm seine Grossmutter als Vorbild, die habe sich bei Beschwerden immer mit Schnaps eingerieben. Wobei, das Motto funktioniere nicht in jedem Fall, fügt er an. «Wenn ich mir den Finger abschneide, würde ich vermutlich auch gleich zum Arzt gehen», schmunzelt er.
Lieber Pétanque als ein Gourmetmenü
Doch in seinem Job läuft er kaum Gefahr, seinen Finger zu verlieren. Dafür gelingt es ihm weiterhin, ein Publikum einen ganzen Abend lang bestens zu unterhalten. Mit Sprüchen, Witzen und Liedern. Bei Peach Weber explodieren die Gags im Sekundentakt. Obwohl seit fünf Jahren im AHV-Alter, ist er weiter unterwegs. Nicht weil er muss. Sondern weil er will. «Wenn ich nach 40 Jahren noch immer auftreten müsste, dann hätte ich was falsch gemacht», sagt er. Finanziell hat der Komiker ausgesorgt. Auch, weil er sich abgesehen von seinem Haus keinen grossen Luxus leistet. «Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe. Ich reise zum Beispiel nicht gern. Wir haben es doch schön hier, warum soll ich wegfahren?» Er spielt viel lieber Pétanque mit seinen Freunden, als in einem Gourmettempel zu dinieren. Peach Weber – ein Star, der kein Star sein will. Sondern einfach der Peach bleibt.
Dass die Kritiker ihn als Komiker nie so ganz ernst nehmen, das ist ihm egal. Oder wurst, wie er es nennt. «Ich habe lieber Säle voller lachender Zuschauer als eine Vitrine voller Auszeichnungen», sagt er. Er wolle Gags machen, welche die Leute verstehen, und nicht hochgeistige Kultur. Den Salzburger Stier wird er daher sicher nie erhalten, dafür kennt ihn jeder – im Gegensatz zu vielen Preisgewinnern. «Ich bin eben einer aus dem Volk. Und mache Unterhaltung für das Volk und nicht für eine Elite.» Und wie als Beweis wird er vor dem Café angefragt für ein Selfie. Und schon kommt der Nächste und will ein Bild. Peach Weber stellt sich gerne zur Verfügung. Er ist für vieles zu haben. Aber nicht für alles. «Es gibt Leute, die wollen mich zu ihrem Geburtstag einladen, weil sie finden, ich sei doch ein glatter Cheib», lacht er. Und manche wollen ihn für private Anlässe buchen und fallen aus allen Wolken, wenn sie seine Gage erfahren. «Ich sage ihnen dann, sie können auch mit Cumuluspunkten zahlen», lacht er. Grundsätzlich ist er aber zu vielem bereit. «Vor allem, wenn ich etwas noch nie gemacht habe. Aber an jede Hundsverlochete muss ich wirklich nicht mehr.»
Gute Quote für den Dok-Film
Noch ist sein Terminkalender voll. Ist er weiterhin gefragt. Auch die Medien wollen derzeit alle eine Story über und mit ihm. «Das ist doch gut. Dann wissen alle, dass ich noch lebe», sagt er. Ausgelöst hat den Hype weniger sein 70. Geburtstag, den hatten wohl die wenigsten auf dem Schirm. Sondern ein Dok-Film des Schweizer Fernsehens, der letzte Woche ausgestrahlt wurde. «Die haben mich schon oft angefragt dafür, doch bisher habe ich immer abgesagt. Diesmal hat es gepasst. Auch, weil ich die beteiligten Personen schon länger kenne. Und weil sie meine Bedingungen akzeptiert haben.» Keine Aufnahmen in privaten Räumen. Nur eine kleine Zahl von Wegbegleitern, die über Peach Auskunft geben. Warum das Fernsehen unbedingt einen Dok-Film über ihn machen wollte, kann er sich nicht so ganz erklären. «Vielleicht wollten sie einfach mal eine gute Quote», sagt er – mit 450 000 Zuschauern ist dies gelungen. Vielleicht aber auch, weil er für das Fernsehen noch bezahlbar ist. «Ich bin eben immer noch ein Discount-Komiker.»
Pläne schmieden fürs
Alter – das ist nicht sein Ding
Und was bringt die Zukunft? Peach Weber mag nicht gross planen. «Ich nehme es, wie es kommt. Ich trete immer noch gerne auf, geniesse aber auch die Zeiten des Nichtstuns. Vielleicht schreibe ich für 2024 ein neues Programm, vielleicht auch nicht.» Fest steht nur, dass er am 15. Oktober 2027 sein Abschiedskonzert im bereits ausverkauften Hallenstadion gibt – nur für die Nachmittagsvorstellung hat es noch Karten. Was dort passiert, ist noch völlig offen. «Damit beschäftige ich mich frühestens in drei Jahren. Wer weiss, vielleicht schreibe ich sogar ein neues Programm nur für diesen einen Abend.» Irgendetwas wird sicher passieren an diesem Abend. Und danach ist wirklich Schluss? «Ich will nicht zu denen gehören, die immer wieder ihren Rücktritt ankündigen und dann immer wieder ein Comeback geben.»
Was nach 75 ist, das sei völlig offen. «Ich habe in meinem Leben immer versucht, im Jetzt zu leben. Habe nie etwas verschoben und gesagt, das mache ich dann mal, wenn ich alt bin. Darum habe ich auch keine grossen Pläne für später. Ich bin sowieso am liebsten zu Hause.» Und überhaupt: So wichtig das Medieninteresse für seine Arbeit ist, so ist er auch froh, wenn der Rummel bald wieder vorbei ist. Vermutlich wird der nächste Hype erst kurz vor seinem Abschiedskonzert losgehen. Bis dahin tut er das, was er am liebsten tut: Auf der Bühne die Menschen unterhalten. Und ansonsten das Leben geniessen. «Ich brauche nicht viel zum Glücklichsein», sagt er.