Ein Vogt kommt selten allein

  16.09.2022 Fussball

Fussball, Schweizer Cup, 1/16-Final: Alessandro und Roland Vogt vor dem Spiel Köniz – Wohlen (Sa, 16 Uhr, Liebefeld-Hessgut)

Er ist der Lichtblick in einer bisher überschaubaren Saison des FC Wohlen. Der 17-jährige Alessandro Vogt hat sich zum Goalgetter entwickelt. Besonders schön: Vogt ist ein Eigengewächs des FCW. Sein Vater Roland spielte bereits für das Fanionteam.

Josip Lasic

Gewinnt der FC Wohlen morgen Samstag das Cupspiel in Köniz, stehen die Freiämter im Achtelfinal. Es wäre eine Premiere für den 17-jährigen Alessandro Vogt. Sein Vater, Roland Vogt, hatte diese Chance nie. «Als ich beim FC Wohlen gespielt habe, sind wir im Schweizer Cup immer sehr früh ausgeschieden», erzählt er. «Dafür ist meine Bilanz im Aargauer Cup umso beeindruckender. Drei Teilnahmen, drei Cupsiege.»

In den Spielzeiten 1994/95, 1995/96 und 1996/97 war der mittlerweile 53-Jährige Teil der ersten Mannschaft des FC Wohlen. Am Ende seiner letzten Saison steigen die Freiämter in die 1. Liga auf. Roland Vogt beendet da aber seine Karriere. «Ich habe damals mit der Polizeischule angefangen und dachte, dass Beruf und Fussball nicht gut miteinander vereinbar sind», erklärt der Kriminalbeamte, der bei der Stadt Zürich arbeitet und im Wohler Gemeinderat vertreten ist. «Im Nachhinein betrachtet war das ein Fehler.» Dafür sieht er heute dem jüngsten seiner Kinder – neben Alessandro hat Roland Vogt auch zwei Töchter – zu, wie er in der 1. Liga spielt. Und das tut er mit grossem Erfolg.

Grosse Goalgetterfähigkeiten

In sieben Pflichtspielen hat Alessandro Vogt bisher sechs Tore erzielt. Damit ist er der beste Torschütze des FC Wohlen. Der Franzose Nathan Tayey kommt auf fünf Treffer, Kevin Quintas auf ein Tor. «Es ist Zufall, dass nur wir drei bisher getroffen haben», sagt der Stürmer bescheiden. «Im Training sind andere viel treffsicherer.» Sein Vater ergänzt: «Er weiss, wo das Tor steht. Das war bei den Junioren nicht anders.» Er muss es wissen. Roland Vogt war lange Zeit Assistenztrainer bei den Wohler Nachwuchsabteilungen und hat in dieser Zeit seinen Sohn begleiten können. «In einer Saison hat er, wenn man alle Partien inklusive Testspiele mitrechnet, über 100 Tore erzielt.»

Das ist auch anderen Vereinen nicht entgangen. Vogt wird in der U15 zum Team Aargau geholt. Auch die U16-Zeit verbringt er im Nachwuchs des FC Aarau, ehe er im Sommer 2021 zum FC Wohlen zurückkehrt. Zunächst nur zu den A-Junioren. Dann holt ihn Trainer Ryszard Komornicki in die erste Mannschaft. Während er in der vergangenen Saison nur zu Teileinsätzen kommt, ist er aktuell für die Wohler unverzichtbar.

Angebote aus der Serie B

Im Sommer kommt es zum Massenabgang beim FC Wohlen. Auch Vogt hat die Möglichkeit zu gehen. Er hat Angebote von Vereinen aus der italienischen Serie B, die ihn in ihre Nachwuchsabteilungen locken wollen. «Dort wäre ich aber einer von vielen gewesen», erzählt der junge Mann, der im Sommer eine KV-Lehre angefangen hat. «Mit dem Thema Profi habe ich noch nicht abgeschlossen. Mir schien der Weg über die 1. Liga beim FC Wohlen aber vernünftiger. So musste ich meine Lehre nicht abbrechen und nach Italien ziehen.» Ursprünglich war sein Ziel, mehr Spielzeit zu erhalten als in der letzten Saison. Da Wohlen aber lange nur ihn als einzigen Stürmer hat, wird er zum Stammspieler. Er verdankt das Vertrauen, das der Staff in ihn setzt, mit Toren.

Roland Vogt: «Das überrascht mich nicht. Obwohl er in Aarau keine Chance für die U18 erhalten hatte, wurde auch dort sein Torinstinkt von den Trainern gelobt.»

Gemeinsamkeiten auf dem Feld

In diesem Bereich unterscheidet er sich deutlich vom Vater. Dieser war früher Verteidiger. «Alessandro arbeitet gut nach hinten mit. Aber seine Stärken liegen nicht im defensiven Bereich. Vor allem nicht im Zweikampf eins-gegen-eins. Das konnte man gegen Rotkreuz gut sehen.» Dort hat sein Sohn mit einem eher ungestümen Zweikampf einen Penalty verursacht.

Ansonsten sieht der Vater sehr viele Gemeinsamkeiten. «Wir sind beide nicht die besten Techniker, kompensieren das aber mit Einsatz und Willen. Alessandro rennt auch das ganze Spiel durch und gibt 150 Prozent.» Das musste er in der Juniorenzeit, in der ihn sein Vater als Co-Trainer beobachten konnte, auch lernen. Alessandro Vogt sagt lachend: «Es hat seine schönen Seiten, wenn der Vater dein Trainer ist, aber manchmal kann es auch für Druck sorgen.» Roland Vogt: «Das stimmt. Ich bin vermutlich sein grösster Kritiker. Allerdings auch sein grösster Bewunderer.»

Identifikationsfigur für Junioren

Roland Vogt wurde dem FC Wohlen nur zweimal untreu. Nach den B-Junioren ging er zum FC Villmergen. Einzig aus dem Grund, weil es beim FCW damals keine A-Junioren-Mannschaft gab. Später, bei den Senioren, spielte er noch beim FC Niederwil. Umso glücklicher ist er, dass jetzt auch sein Sohn für den FCW spielt. Und auch für Alessandro Vogt ist es etwas Besonderes. «Vor zehn Jahren war ich an jedem Spiel der Challenge League, habe mir danach von den Spielern Autogramme und Trikots geholt. Jetzt wollen Kinder von mir Autogramme, das ist schon etwas Besonderes.»

Dem stimmt auch der Vater zu: «Ich habe an einem Spiel auf der Tribüne gehört, wie sich ein paar Junioren unterhalten haben. Sie haben darüber gesprochen, welche Spieler im Team sie bewundern. Dann fiel der Name von Alessandro. Das ist eine gute Sache. Die Junioren brauchen solche Spieler aus der Region, an denen sie sich orientieren und mit denen sie sich identifizieren können. Dann sehen sie, dass sie eines Tages auch in der ersten Mannschaft spielen können.»

Optimistisch vor dem Cupspiel

Diese erste Mannschaft hat allerdings am letzten Spieltag eine deutliche 0:7-Niederlage in Bassecourt kassiert. Doch Alessandro Vogt lässt sich davon nicht beirren. «Köniz ist auch nicht optimal in die Saison gestartet. Zuletzt haben sie gegen Rotkreuz verloren. Wir müssen gut trainieren, uns vorbereiten und dann wird das schon.»

Dann würde er mit dem FC Wohlen in den Achtelfinal im Schweizer Cup einziehen. Als Erster aus der Familie Vogt.


Viele Verletzte im Team

Die 0:7-Niederlage gegen Bassecourt war unter anderem der Tatsache geschuldet, dass die Routiniers Alban Pnishi und Marijan Urtic verletzt gefehlt haben. Diese werden im Cupspiel gegen Köniz erneut verletzt ausfallen. Pnishi leidet immer noch unter den Folgen von einem Schlag, den er im Spiel gegen Dornach auf den Knöchel erhalten hat. Urtic fehlt wegen einer Bänderzerrung im Sprunggelenk. Voraussichtlich werden auch Nathan Tayey, Araz Sadik Ali und Hugo Chabin ausfallen. Tayey musste gegen Bassecourt nach einer halben Stunde wegen einem Schlag auf das Bein ausgewechselt werden. Sadik Ali hat sich ebenfalls beim Spiel im Jura verletzt. Er hat eine Fleischwunde am Bein. Chabin muss einen Kieferbruch auskurieren. Auch der Einsatz von Innenverteidiger Justin Pfister ist fraglich. Unter der Woche war auch er angeschlagen. Wohlen reist mit einem Rumpfkader in den Kanton Bern und wird im schlimmsten Fall auf Spieler aus der zweiten Mannschaft zurückgreifen müssen.

Am Mittwoch gegen Black Stars

Durch das Cup-Spiel kommt es für die Wohler zu einer englischen Woche. Am kommenden Mittwoch, 20 Uhr, empfangen sie die Black Stars Basel auf der Niedermatten. Am Samstag darauf spielt das Team um 17 Uhr auswärts bei Aufsteiger Concordia Basel. --jl


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