Frei und doch gemeinsam

  18.12.2020 Wohlen

Zu Besuch bei zwei Bewohnern der Alterssiedlung im Chappelehof

Viel wird diskutiert über die geplante Gesamtsanierung des Chappelehofs. Das viele Geld, das benötigt wird. Das mögliche Restaurant. Die künftige Nutzung der Säle und Räume. Fast etwas vergessen gehen die Bewohner der Alterswohnungen. Sie warten teilweise schon lange, dass etwas passiert.

Chregi Hansen

Ruhig ist es derzeit in den oberen Stockwerken. Die Gänge sind leer, auch der Aufenthaltsraum wird kaum noch genutzt. Für einen Schwatz auf der grossen Dachterrasse ist es zu kalt. «Die Situation ist nicht einfach, wir treffen uns wegen Corona weniger als früher. Auch die internen Anlässe mussten alle abgesagt werden», erklärt Maja Behrendt.

Sie findet das schade. Die rüstige Seniorin lebt seit dreieinhalb Jahren im Chappelehof. Sie ist als Kind in Wohlen aufgewachsen, hat aber später 45 Jahre lang in Dietikon gelebt. «Ich hätte nie gedacht, dass ich wieder nach Wohlen zurückkehre. Aber dann habe ich das Inserat gesehen für die Wohnung hier, und es hat gepasst», sagt sie. Sie fühlt sich wohl in diesem Gebäude. «Die Wohnungen sind zweckmässig, und auch das Zusammenleben funktioniert gut. Wenn man will, hat man Kontakt, wenn man lieber allein ist, wird das akzeptiert», sagt Behrendt.

Verwalterpaar schaut für alle

Genau das gefällt auch Max Forster. Der ehemalige Bobfahrer und Olympiateilnehmer wohnt seit gut anderthalb Jahren im Chappelehof. Nach einer Operation wurde ihm das eigene Haus zu viel. «Ich habe hier alles, was ich brauche», erklärt er, während er durch seine kleine, aber schön eingerichtete Wohnung führt. «Ich kann gehen und kommen, wann ich will, habe hier meinen Frieden. Aber wenn ich mal Hilfe benötige, erhalte ich sie sofort», sagt er.

Das bestätigt auch Maja Behrendt. «Andy und Evi Bächer kümmern sich wunderbar um uns. Ein Telefon, und sie sind da», lobt sie das Verwalterpaar. Die beiden organisieren immer wieder Anlässe für die Besucher, Lottoabend, gemeinsame Essen. «Der Andy kocht wunderbar», schwärmt Behrendt. «Ich habe eine neue Lampe erhalten. Die kann ich wegen meines Beins nicht selber montieren. Keine Frage, dass der Andy das für mich macht», freut sich auch Forster. Das Verwalterpaar, es erhält Höchstnoten von den Bewohnern.

Party im Saal? Ist doch kein Problem

Die beiden sind mit ihrer Meinung stellvertretend für alle Bewohner und Bewohnerinnen des Chappelehofs. Sie schätzen alle die Mischung zwischen eigenständigem Leben und gesichertem Rahmen. «Hier herrscht keine Stimmung wie in einem Altersheim», sagt Behrendt. Keine fixen Essenszeiten zum Beispiel, jeder und jede kocht für sich, geht essen oder lässt es sich liefern – der Mahlzeitendienst ist schliesslich im Haus. «Natürlich, man muss noch relativ selbstständig sein, um hier zu wohnen», betont Forster. Aber Hilfe erhalte man auch hier. Durch Bächers. Durch die Spitex. Oder auch durch die anderen Bewohner. «Man kennt sich. Und jeder hat gewisse Kenntnisse und Fähigkeiten. Wir unterstützen uns gegenseitig», berichtet Behrendt.

Beide betonen die zentrale Lage. Man ist zu Fuss schnell im Dorf. Die Bushaltestelle befindet sich vor dem Haus. Im Untergeschoss gibt es eine Tiefgarage, ideal für Max Forster, der immer noch Auto fährt. «Keiner kontrolliert mich, um welche Zeit ich nach Hause komme», lacht er. Dass im Haus vor Coronazeiten immer wieder Konzerte, Partys und andere Anlässe stattfanden, stört sie beide nicht. Im Gegenteil. «Es ist doch schön, wenn etwas läuft», findet Behrendt. Und oben im 3. Stock bekomme sie nur wenig mit vom Lärm. Dafür hat sie Aussicht auf die Kirche. «Die Kirchenglocken sind lauter als das Restaurant unten», findet auch Forster, der ebenfalls eine Wohnung auf der Südseite hat. Der «schönen» Seite, wie die beiden betonen. Diejenige Richtung Kirchenplatz.

Und was sagen sie zur geplanten Sanierung? «Es ist schon gut, wenn etwas gemacht wird. Beispielsweise die Fenster», findet Maja Behrendt. «Ja, gewisse Arbeiten müssen gemacht werden», bestätigt Max Forster, der früher selber in der Baubranche tätig war. Ob es gleich so umfangreich sein muss wie geplant, das sei schwer zu beurteilen. Sie hoffen einfach, dass sie noch lange hier wohnen können und die Wohnungen nicht plötzlich viel teurer sind. «Wir nehmen es, wie es kommt. Ich mache mir nicht viel Gedanken dazu», sagt Behrendt. Und Max Forster ist gespannt, was für ein Restaurant ins Erdgeschoss kommt. «Es wäre gut, wenn es dort auch spezifische Angebote für Senioren gibt», findet er.

Maja Behrendt und Max Forster – sie leben beide extrem gerne im Chappelehof. Schätzen die eigenen vier Wände und die Sicherheit, die sie trotzdem haben. Und dass sich die Bewohner so akzeptieren, wie sie sind. «Im Sommer sitzen wir gerne in einer kleinen Gruppe auf der Terrasse und tratschen miteinander», lacht Behrendt. Aber es sei auch kein Problem, einfach seine Ruhe zu haben. Max Forster dagegen ist noch immer sehr aktiv und darum oft ausser Haus. «Aber ich komme immer wieder gerne hierher zurück. Ich könnte es nicht besser haben», sagt er. Bevor er mit Andy Bächer bespricht, wo genau er jetzt die neue Lampe hätte. Und Maja Behrendt wieder in ihre Wohnung zurückkehrt.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote