Ganz viele Wünsche erfüllt
31.07.2020 WohlenNach 35 Jahren an der Musikschule Wohlen geht Hanspeter Huber in Pension
Die grosse Verabschiedung am Examenessen fiel aus. Was noch ansteht, ist eine kleine Feier innerhalb der Musikschule. In seiner Zeit als Gitarrenlehrer hat Hanspeter Huber ganz vielen Schülern die Musik nähergebracht. Dabei hatte er einst ganz andere Pläne.
Chregi Hansen
An seine ersten Versuche erinnert er sich noch genau. Musikschulen im heutigen Sinn gab es noch nicht. Seine Mutter fuhr mit ihm darum von Seon in ein Musikhaus nach Lenzburg, wo Hanspeter Huber erstmals auf einer Gitarre spielen durfte. «Es klang ganz fürchterlich, der Lehrer hat mir davon abgeraten», lacht er.
Lange Zeit war das Gitarrenspiel kein Thema mehr für ihn. Bis er die Rockmusik entdeckte. «Ich wollte auch solche Musik machen und habe mir das Gitarrenspiel selber beigebracht, indem ich die Songs nachspielte», erzählt er. Huber war ein Autodidakt. Dass er die Gitarre falsch stimmte und auch die Griffe nicht korrekt waren, wurde ihm erst bewusst, als er später in einer Band mitmachte und seine Kollegen ihm zeigten, wie es richtig geht.
Unterricht beim bekannten Gitarristen Miguel Rubio
In verschiedenen Formationen spielte er erst Coversongs, etwa von den Beatles und den Stones, später auch eigene Kompositionen. Die Rockmusik war seine Welt. Bis er in der Plattensammlung seiner Mutter die Brandenburgischen Konzerte von Bach und Schuberts «Unvollendete» entdeckte. «Das waren Schlüsselerlebnisse», sagt er heute. «Danach habe ich viele Fachbücher über das Thema Musik gelesen, beispielsweise über die Harmonielehre.» Inzwischen ist Huber musikalisch ganz breit aufgestellt, er hat in Jazz- und Funkformationen sowie Big Bands mitgespielt, liebt die Improvisation und mag Latin-Music.
Huber wusste schon früh, dass er das Konservatorium besuchen will, und nahm entsprechend Unterricht, unter anderem beim bekannten Gitarristen Miguel Rubio. Trotzdem schaffte er beim ersten Anlauf die Aufnahme ans «Konsi» nicht. «Ich hatte für das Vorspielen ein viel zu schwieriges Stück ausgesucht und mich darum komplett auf die Technik konzentriert und zu wenig auf das Musikalische», muss er heute eingestehen. Huber gab nicht auf, trat ein zweites Mal an, diesmal mit Erfolg. Noch während des Studiums begann er mit dem Unterrichten. «Damals entstanden an ganz vielen Orten neue Musikschulen, und Lehrer waren überall gesucht.» Zwar träumte er noch immer von einer erfolgreichen Karriere als Musiker, musste aber schnell eingestehen, dass dies nicht sein Weg war. «Ich hatte immer viele Auftritte. Aber um erfolgreich zu sein, muss man bereit sein, ganz vieles mitzumachen, muss sich Auftritte ‹mischeln›, die richtigen Leute kennen. Das war einfach nicht meine Welt», sagt er heute.
1985 kam Hanspeter Huber dann als Musiklehrer nach Wohlen, später übernahm er ein weiteres Pensum in Muri. Zudem verlegte er, der lange in Bern und Zürich gelebt hat, auch seinen Wohnsitz ins Freiamt. Huber hat immer gerne unterrichtet.
Trotzdem hat er weiter aktiv musiziert, gehörte beispielsweise lange zur Begleitband von Seven. Mit ihm ist er beispielsweise im Sundance-Festival und in London aufgetreten. Doch irgendwann wurde ihm das zu viel. «Seven wurde immer erfolgreicher und die Gigs immer zahlreicher. Und ich war der Älteste in der Band», schaut er auf diese Zeit zurück. Darum entschloss er sich zum Rückzug – und Seven startete später eine grosse Karriere. «Ich habe den Entscheid nie bereut», sagt Huber heute.
Viele Nächte am Computer
In den 35 Jahren an der Musikschule hat Huber Hunderten von Kindern das Gitarrenspielen beigebracht. In dieser Zeit hat sich viel verändert. «Die Schüler können sich heute weniger gut konzentrieren, da spürt man die Auswirkungen der vielen technischen Geräte. Zudem haben die meisten mehrere Hobbys», sagt er.
Umgekehrt hat sich auch die verwendete Literatur verändert. Wurden früher eher klassische Stücke unterrichtet, sind es heute die modernen Popsongs, welche gespielt werden. «Ich habe ganz viele dieser Songs arrangiert und umgeschrieben, damit sie meine Schüler spielen konnten», berichtet Huber. Dabei hat er auch möglichst viele Wünsche erfüllt. Oft sass er nächtelang am Computer und hat getüftelt, wie er schwierige Kompositionen vereinfachen kann. Er hat es gerne getan. Denn wenn die Schüler etwas spielen, das sie gern haben, «dann ist der Ehrgeiz grösser», so seine Erfahrung.
Unterrichtet hat Huber klassische Gitarre, E-Gitarre und später auch Ukulele. «Die wäre für kleine Kinder eigentlich besser geeignet, da sie einfacher zu greifen ist. Aber leider gibt es nur wenig passende Literatur», sagt er. Er hat die Schüler auch motiviert, zum Gitarrenspiel zu singen. Hat verschiedene Ensembles ins Leben gerufen, unter anderem die Guitar-Gang, aus der später die Murianer Band «Heikel» hervorging. Mit gewissen Schülern nahm er an nationalen Musikwettbewerben teil. Sein wohl prominentester Schüler war Samuel Fried, der inzwischen als gefeierter Pianist eine internationale Karriere lanciert hat. «Er war ein unglaubliches Talent, konnte perfekt Gitarre und Klavier spielen, war aber auch ein Mathematik-Genie», erklärt Huber.
In Muri behält er noch ein kleines Pensum
Viele seiner Schüler legen mit der Zeit das Instrument weg. «Darum freue ich mich immer, wenn ich ehemalige Schüler treffe und sie mir erzählen, dass sie immer noch Gitarre spielen», so der Lehrer. Er selber mag es, abends noch etwas zu improvisieren. Dafür hat er nun viel mehr Zeit. Hanspeter Huber wurde im Frühling 65 Jahre alt und geht in Pension. In Wohlen beendet er seine Tätigkeit, in Muri behält er ein kleines Pensum. Ganz aufhören mag er eben noch nicht.
«Ich war gerne Musiklehrer, auch wenn es nicht immer einfach ist. Eine gewisse Gelassenheit braucht es dazu schon. Denn nicht immer klingt es so, wie es klingen soll», sagt er. Bevor er die Gitarre in den Koffer packt und nach Hause fährt.