Gegen den Strom
10.11.2020 RottenschwilTaucher holen rund 100 Kilogramm Abfall aus der Reuss heraus
Das neblig-kalte Wetter hielt die Dieli-Diver aus Dielsdorf nicht davon ab, die Reusssohle bei Rottenschwil von Abfall zu befreien. Erfreut sind sie, dass die eingesammelte Menge im Vergleich zu vor zwei Jahren deutlich abgenommen hat.
Roger Wetli
Dunkle Wesen waren letzten Sonntagmorgen rund um die Rottenschwiler Reussbrücke im Wasser zu sehen. Gelbe Schwimmflossen und blaue Handschuhe deuteten neben den schwarzen Umrissen auf Taucher hin. Es waren Mitglieder der Dieli-Diver aus Dielsdorf, die hier den Reussgrund nach Abfall absuchten. «Die Strömung ist teilweise eine Herausforderung. Sie ist heute sehr stark», erklärt Michi Wühl. Der Unterlunkhofer ist Mitglied der Dieli-Diver und hat den Einsatz organisiert. «Dafür hatten wir eine gute Sicht, sodass wir den Gewässergrund gut absuchen können.» Der Abfall ragt dabei oft nur wenig aus dem Schlick. «Ein Velorahmen ist zerbröselt, als wir ihn herausheben wollten», erklärte Wühl.
Im Schlick vergraben
Nach Abfall suchten die Taucher rund um die Reussbrücke und 100 Meter in Richtung Werd. Dabei drangen sie bis 6 Meter tief. «Einen grossen Wels haben wir knapp gesichtet, als er weggeschwommen ist», so der Taucher. Einen grösseren Kraftakt benötigte ein Motorrad der Post. «Wir haben es nur anhand des Nummernschildes gesehen», erklärte Wühl. Waren die Taucher an diesem Tag zu zweit unterwegs, brauchte es für das Moped drei Personen. «Wir haben es von Hand aus dem Schlick gegraben und mithilfe von mit Luft gefüllten Säcken gehoben.» Ein Seil, das von den Helfern am Ufer gehalten wurde, verhinderte das Abdriften. «Aufgeben war für die ehrgeizigsten Taucher unter uns keine Option», so Wühl. Schliesslich schafften sie es, das Post-Motorrad aus der Reuss zu bergen.
Den Unrat sammelten die Taucher auf dem Reussdamm. «Viele Passanten sind sehr interessiert daran, was wir hier tun», erklärt Thomas Maier, Präsident der Dieli-Diver. «Das ist gut so. Denn wir möchten mit dieser Aktion darauf hinweisen, dass Abfälle nicht in die Gewässer gehören.» Rund 100 Kilogramm Abfall entfernten die Taucher am Sonntag aus der Reuss. «Das ist zum Glück deutlich weniger als bei unserer ersten Aktion vor zwei Jahren. Damals hatten wir alleine 170 Kilogramm Pneus. Vom Velo-, Auto- bis zum Traktorenreifen war alles dabei.» Maier ist regelmässig bei Säuberungsaktionen in allen möglichen Flüssen dabei. Darunter auch in der Limmat, mitten in der Stadt Zürich. «Dort finden wir auch schon mal Einbruchswerkzeug oder Waffen. Das ist hier zum Glück nicht der Fall.»
Überrascht von Abfallmenge
Auf den Reussabschnitt bei Rottenschwil wurden die Zürcher durch Michi Wühl aufmerksam. «Vor zwei Jahren sind wir für einen Tauchgang hierher ausgewichen, weil alle anderen Tauchplätze bereits voll waren. Damals sind wir erschrocken, wie viel Abfall in der Reuss lag», erklärt der Unterlunkhofer. Also organisierten sie in Zusammenarbeit mit dem Kanton Aargau eine erste Säuberungsaktion.
Die zweite Aktion kam jetzt wegen der Pandemie zustande. «Wir wissen, dass sich diesen Sommer ungewöhnlich viel Leute an der Reuss aufgehalten haben. Also dachten wir, dass wieder viel Abfall liegen geblieben ist», erläuterte Thomas Maier. Er ist froh, dass die Menge jetzt deutlich kleiner ist als damals. «Das kann darauf hindeuten, dass die Leute sich heute rücksichtsvoller verhalten. Handkehrum wissen wir aber nicht, ob vor uns schon mal jemand hier in Aktion war. So könnte sich der Abfall der ersten Aktion über viele Jahre angesammelt haben.»
Ausweiten des Gebietes
Der Tauchclub überlegt sich jetzt, ob er in Zusammenarbeit mit dem Kanton das Aktionsgebiet bei einem dritten Einsatz mehr in Richtung Süden oder Norden der Reuss ausdehnen soll. «Als Taucher erhalten wir aussergewöhnliche Einblicke in einen Lebensraum, der den meisten Leuten verborgen bleibt. Dabei geniessen wir das Schöne, nehmen aber auch die negativen Seiten unserer Zivilisation wah r», so Maier. «Als Taucher möchten wir nicht nur die Natur konsumieren, sondern ihr mit solchen Aktionen auch wieder etwas zurückgeben.»