«Grand Slam» des Schwingens
25.08.2023 Schwingen, SportStefan Strebel vor dem Saisonhighlight Unspunnen
Zum ersten Mal wurde die Einteilung gestern Donnerstag live im Fernsehen übertragen. Schwingerboss Stefan Strebel machte die Einteilung und stand im Mittelpunkt. «Das Unspunnen ist etwas ganz Besonderes», ...
Stefan Strebel vor dem Saisonhighlight Unspunnen
Zum ersten Mal wurde die Einteilung gestern Donnerstag live im Fernsehen übertragen. Schwingerboss Stefan Strebel machte die Einteilung und stand im Mittelpunkt. «Das Unspunnen ist etwas ganz Besonderes», sagt der Freiämter, der selbst 1999 dabei war – und einen ganz schlechten Tag erwischte.
Stefan Sprenger
Grosse Bühne für Stefan Strebel. Der technische Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbands ist für die Einteilung am Saisonhighlight zuständig. Und erstmals in der Geschichte des Schwingsports wurde gestern Donnerstag die Einteilung der Spitzenpaarungen durch den Schwingerboss live im Schweizer Fernsehen übertragen. Der Villmerger Strebel erklärte dabei seine Gedankengänge. «Es heisst ja immer, es wird bei der Einteilung gemauschelt. Mit Transparenz wollen wir dem entgegenwirken», sagt Strebel. Er machte seine Sache wie immer souverän.
Unspunnen-Schwinget: Strebels dritte grosse Kiste
Das Unspunnen-Schwinget 2023 ist für Stefan Strebel schon die dritte grosse Kiste als Schwingerboss. Nach dem Kilchberger Schwinget 2021 und dem «Eidgenössischen» in Pratteln 2022 trägt er zum dritten Mal die Verantwortung für einen Grossanlass. Diese drei Feste sind es auch, die man als «Grand Slam» des Schwingsports bezeichnen kann. Nur die Besten sind dabei. Und wer gewinnt, ist für sechs Jahre lang Unspunnen-König.
1981 schaffte das sogar ein (eingebürgerter) Freiämter. Leo Betschart, ein gebürtiger Innerschweizer, der in Sins lebte und für Cham-Ennetsee schwang, siegte 1981 am Unspunnen. Der Oberfreiämter feierte damit nebst seinen 91 Kränzen (vier Eidgenössische) und 31 Kranzfestsiegen seinen grössten Triumph. An jenem eidgenössischen Anlass – der 1805 erstmals ausgetragen wurde – treten die besten 120 Schwinger des Landes an. Kränze gibt es keine. Was zählt, ist der Sieg. Am letzten Unspunnen 2017 waren die beiden (blutjungen) Döbeli-Brüder Lukas und Andreas dabei. Andreas darf nur vier Gänge bestreiten (eine Niederlage, drei Gestellte), während Lukas als 17-Jähriger zeigt, was er drauf hat. Zwei Siege, zwei Gestellte, zwei Niederlagen, Rang 15a mit 54.25 Punkten. «Nicht schlecht», sagt auch Stefan Strebel. Er persönlich war 1999 am Unspunnen. Jörg Abderhalden siegte. «Und ich erwischte einen schlechten Tag und war ziemlich weit hinten in der Rangliste», sagt Strebel – und kann dabei lachen.
Ein Highlight: Die Generation, die nachrückt
Das Unspunnen ist nicht nur das Highlight der Saison, sondern auch der Abschluss. Zeit also, um auf die Saison 2023 zurückzublicken. Höhepunkte? «Im Kampfrichterbereich wurden die neuen Vorgaben gut umgesetzt», erklärt der Schwingerboss. Sportlich habe Joel Wicki seinen Königstitel von 2022 bestätigt «und Fabian Staudenmann war die Nummer 1 in diesem Jahr». Strebel hat 14 Schwingfeste besucht und «sehr viele eindrückliche Feste und Schwingerleistungen erlebt». Ein Highlight ist für ihn auch die neue Generation, die nachrückt, darunter der Nordwestschweizer Sinisha Lüscher.
Positiv ist auch die mediale Präsenz, die der Sport nochmals steigern konnte. Rund 15 Schwingfeste wurden im nationalen oder regionalen Fernsehen übertragen. «Schwingen war noch mehr im Fokus, mit allen positiven und negativen Aspekten», erklärt Strebel. Negativ waren die «riesigen Diskussionen um die Fehlentscheide». Der Freiämter hat da eine klare Meinung: «Fehler passieren. Wir müssen damit leben. Alle versuchen ihr Bestes, um die Fehlerquote zu minimieren, aber wir werden es nicht schaffen, zu 100 Prozent alles richtig zu sehen und zu entscheiden. Das ist menschlich, das gehört zum Schwingsport.» Nicht zum Schwingsport gehören Pfiffe, Anfeindungen und Buh-Rufe des Publikums. «Unser Sport ist bislang von diesem gesellschaftlichen Problem verschont geblieben. Pfiffe und Buh-Rufe kamen zwar nur vereinzelt vor, aber wir wollen das einfach nicht, das gehört sich an einem Schwingfest nicht.»
Besonderes Auge auf den Freiämtern
Der dreifache Eidgenosse ist der Meinung, dass der Schwingsport in der Saison 2023 trotz diesen wenigen negativen Vorfällen wiederum einen Schritt vorwärts machte.
Strebel, der früher Nachwuchschef der Freiämter Schwinger war, hat natürlich ein besonderes Auge auf seine ehemaligen Schützlinge. «Lukas Döbeli war in dieser Saison vom Verletzungspech verfolgt. Andreas Döbeli gab ein überraschendes Comeback und holt gleich den Kranz am Nordwestschweizerischen, das hat mich riesig gefreut und er wird nächste Saison sicherlich wieder voll angreifen.» Und sein Namensvetter Joel Strebel «überrascht mich immer wieder positiv».
Joel Strebel, der unbestritten beste Freiämter in dieser Saison, holte 2023 sieben Kränze, davon am Schwägalp und Schwarzsee zwei Bergkränze. «Das ist einfach stark», so Stefan Strebel. «Die Joho-Brüder blieben unter den Erwartungen, das hatte aber seine Gründe.» Der Tipp von Stefan Strebel: «Härter trainieren, dann holen sie nächstes Jahr wieder einen Kranz.» Besonders gefreut hat ihn Dominic Strebel, der sich am Nordwestschweizerischen vom Nicht-Kranzer zum Teilverbands-Kranzer kürte.
Am Unspunnen 2023 sind nach der Verletzung von Lukas Döbeli zwei Freiämter mit dabei: Joel Strebel und Andreas Döbeli. Strebels Gegner bei den Spitzenpaarungen im ersten Gang ist der Fribourger Benjamin Gapany. Döbeli ist nach seiner langen Verletzungspause nicht unter den Spitzenpaarungen zu finden. Betreffend der Zielsetzung für die beiden Freiämter sagt Stefan Strebel: «Unter die ersten zehn zu kommen, muss ihr Ziel sein.» Traut er Joel Strebel an einem sehr guten Tag gar den Sieg zu? «Es klingt hart, aber das scheint mir fast unmöglich.» Auf der Verbandshomepage gab es diesbezüglich eine Abstimmung, wer der Favorit für den Unspunnen-Sieg ist. Armon Orlik ist auf Rang 1, dahinter Samuel Giger und Fabian Staudenmann. Immerhin: Auch Joel Strebel taucht auf der Rangliste auf. Jedoch hat er nur acht Stimmen (von über 4500) gekriegt. Stefan Strebel erinnert sich an seine Unspunnen-Teilnahme: «Auch wenn es mir sportlich nicht rund gelaufen ist, so war es eine Ehre, unter den 120 besten Schwingern dieses Landes zu sein. Am Unspunnen herrscht eine ganz besondere Atmosphäre – unter den Zuschauern, aber auch unter den Sportlern. Denn es gibt keine Kränze, alle können mit Risiko rein, man hat nichts zu verlieren. Und auf all das freue ich mich enorm.» Eben: Der Unspunnen gehört zu den «Grand Slams» des Schwingsports.