«Horrorszenario» ist eingetreten

  20.10.2020 Grosser Rat

Die SVP verliert im Bezirk Muri fast vier Prozent der Wähleranteile und einen Sitz

Dass es knapp werden würde, damit haben sie gerechnet. Trotzdem spricht Parteipräsidentin Nicole Müller-Boder vom Horrorszenario. Der dritte SVP-Sitz im Bezirk Muri ist weg. Besonders gross ist die Enttäuschung bei Alain Bütler.

Annemarie Keusch

«Es fuchst», sagt Alain Bütler. Dass er nicht gewählt wurde, ist für den jungen Kallerer eine grosse Enttäuschung. Mit Plakaten, aber vor allem online und in den sozialen Medien hatte er einen aufwendigen Wahlkampf geführt. Das Ziel war klar: Grossrat werden. «Das Leben geht weiter», sagt Alain Bütler, wenige Stunden nachdem bekannt wurde, dass es für ihn nicht reichte. Aber die Enttäuschung sitzt sichtlich tief. «Die 2605 Stimmen lassen sich sehen», sagt er. Dabei ist es das viertbeste Resultat im Bezirk Muri. «Ohne dritten Sitz nützt das nichts.» Es sei dumm gelaufen und als Politiker müsse man damit umgehen können.

Ernüchtert ist der 25-Jährige nicht nur über seine persönliche Nichtwahl, sondern vor allem auch wegen des Sitzverlustes. Bütler führte die SVP-Bezirkspartei als Gesamtwahlkampfleiter in die Regierungsratswahl. Aber auch im Nachhinein ist er überzeugt: «Wir hatten eine gute Liste mit jungen und älteren Kandidaten, verschiedensten Berufen.» Als Bezirkspartei hätten sie das Möglichste probiert. «Aber wir konnten den Abgang von Milly Stöckli nicht kompensieren.»

Bütler überholte Müller-Boder fast

Im Rücktritt von Milly Stöckli sieht auch Daniel Urech einen möglichen Grund für den Verlust an Wähleranteilen. «Ihre Fussstapfen sind gross, auch wenn wir uns noch so sehr angestrengt haben.» Positiv hebt Urech hervor, dass die SVP immer noch klar stärkste Partei sei im Bezirk. «Und unsere Liste war sehr kompakt, das ist ein gutes Zeichen.» Auch sein eigenes Resultat mit 2836 Stimmen stimmt Urech zufrieden. Er «erbt» von Milly Stöckli das Höchstresultat im Bezirk. «Es ist für mich eine Ehre und eine Verpflichtung zugleich, das Trüppchen anzuführen», sagt Urech. Kurz nach der Bekanntgabe der Resultate überwiege aber die Nachdenklichkeit über den verlorenen dritten Sitz. «Die Freude über das eigene Resultat wird sicher noch kommen.»

Ähnlich sieht es bei Parteipräsidentin Nicole Müller-Boder aus. Mit 2755 Stimmen schaffte sie die Wiederwahl knapp, 150 Stimmen vor Alain Bütler. «Das freut mich natürlich, denn Garantie dafür gab es keine, auch als Bisherige nicht.» Und das gute Resultat von Alain Bütler habe sie lange zittern lassen, ob er sie überhole. Auch Bütler liebäugelte mit diesem Szenario, sagt aber im Nachhinein: «Für die Bezirkspartei wäre es wohl nicht ideal gewesen, wenn ich die Präsidentin überholt hätte. Schliesslich sind wir im Vorstand ein gutes Team.»

Nicht unter 30 Prozent Wähleranteil fallen

Sie hätten ein wenig damit gerechnet, sagt Nicole Müller-Boder zum verlorenen Sitz. Den Hauptgrund dafür sieht sie in der Kandidatur von Hans-Peter Budmiger auf der GLP-Liste. «Er ist bekannt im ganzen Bezirk, gegen solche prominente Kandidaten ist es schwierig.» Hinzu komme die grüne Welle, die auch im Bezirk Muri ankomme. Lange sei die Hoffnung noch da gewesen, dass es eine andere Partei treffe, die den Sitz verliere, die SP oder die FDP. «Ich bin schon erschrocken, als klar war, dass wir den Sitz verlieren. Und vor allem tat es mir leid für Alain.»

Auch der Verlust von fast vier Wählerprozenten sei wegen der GLP zustande gekommen. «Ich habe von Leuten gehört, die unsere Liste wählen, aber Hans-Peter Budmiger auch aufschreiben. Das summiert sich.» Der Verlust sei aber verkraftbar, solange die Wähleranteile nicht unter 30 Prozent fallen. «Zudem ist es nicht selbstverständlich, zwei Sitze belegen zu können.»

Wähler blieben zu Hause

Von einem lachenden und einem weinenden Auge spricht Milly Stöckli, die nach 20 Jahren als SVP-Vertreterin im Grossen Rat ihren Rücktritt bekannt gab. «Der dritte Sitz war ein Zittersitz, seit wir ihn vor acht Jahren gewannen.» Der Verlust sei natürlich schade, aber sie sieht in der Wahl von Budmiger auch Positives. «Auch wenn ihr das vielleicht nicht so gerne hört, freut es mich, dass der Gemeinderat Muri weiterhin im Grossen Rat vertreten ist. Es hätte aber natürlich auf Kosten einer anderen Partei passieren können.» Trotzdem blicke sie für die SVP positiv in die Zukunft. «Ihr könnt das auch gut ohne mich.»

Kämpferisch geben sich auch Parteipräsidentin Nicole Müller-Boder und der Nichtgewählte Alain Bütler. «Wir lassen den Kopf nicht hängen und machen mit Vollgas weiter. So holen wir uns den Sitz in vier Jahren zurück», sagt Müller-Boder. «In vier Jahren wäre ich 29 Jahre alt und immer noch einer der Jüngsten im Grossen Rat», sagt Alain Bütler. Zudem könne in vier Jahren viel passieren, er stehe auf dem Ersatzplatz bereit. Einen möglichen Schlüssel für ein besseres Resultat in vier Jahren sieht Müller-Boder in der Mobilisierung. «Es ist uns extrem aufgefallen, dass viele Leute nicht wählten. Es sind wohl einmal mehr unsere Wähler, die zu Hause blieben. Daran müssen wir etwas ändern.»


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