Immer mehr junge Leute
07.05.2024 MuriWie ein Neu beginn
Gino Fiorentin gibt das Amt des Präsidenten des Vereins Murimoos weiter – an Peter Hochuli
Es waren intensive Zeiten, durch die Gino Fiorentin das Murimoos als Präsident führte. Sein Nachfolger Peter Hochuli ...
Wie ein Neu beginn
Gino Fiorentin gibt das Amt des Präsidenten des Vereins Murimoos weiter – an Peter Hochuli
Es waren intensive Zeiten, durch die Gino Fiorentin das Murimoos als Präsident führte. Sein Nachfolger Peter Hochuli hofft auf ein gutes Miteinander.
Annemarie Keusch
Er ist Schulleiter der Bezirksschule Muri, Gemeindeammann in Unterlunkhofen, Präsident der Freunde der Klosterkirche Muri. Und nun ist Peter Hochuli auch Präsident des Vereins Murimoos. «Ich freue mich auf diese spannende Aufgabe», sagt er kurz nach seiner Wahl. Er kenne das Murimoos bisher als Kunde, als Spaziergänger, aber noch nicht als aktives Mitglied. «Ich freue mich, diese Institution viel besser kennenzulernen. Wenn ich sehe und höre, was hier alles gemacht wird, dann ist es mir mehr als wert, mich hier einzusetzen.»
Ohne Gegenstimme wurde Hochuli als Nachfolger von Gino Fiorentin gewählt. 13 Jahre lang engagierte sich dieser im Vorstand, die letzten zwei Jahre als Präsident. Der Grund für seinen Rücktritt? «Privat», sagt Fiorentin. Josef Villiger, Vizepräsident des Vereins, betont bei seiner Verdankung: «Wir lassen ihn nicht gerne gehen.»
Es waren intensive Jahre, durch die Fiorentin den Verein führte. Viele Diskussionen um die künftige Struktur – ob als Verein oder als Stiftung – gabs. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und IG Zukunft Murimoos führten gar zu einem Gerichtsverfahren. «Das ist nun abgeschlossen», verkündete Fiorentin. Ganz geglättet sind die Wogen aber noch nicht. Der neue Präsident Peter Hochuli arbeitet weiter daran und spricht von einem Neubeginn.
An der GV des Vereins Murimoos wurde die neue Wohnkonzeptionierung vorgestellt
Mehr Frauen, mehr junge Leute – das Murimoos rüstet sich für die Zukunft. Speziell im Bereich des Wohnangebots. Zudem gewähren Präsident und Geschäftsführer Einblick ins vergangene Jahr. Obwohl dieses auch finanziell erfolgreich war, gab es ein paar kritische Fragen.
Annemarie Keusch
Das Gerichtsverfahren ist abgeschlossen. Die Wogen zwischen IG Zukunft Murimoos und dem Vereinsvorstand sind geglättet. Aber sie sind noch nicht ganz glatt. Das wird an der Generalversammlung mehrmals deutlich. Etwa dann, wenn der Antrag gestellt wird, die bisherigen Vorstandsmitglieder nicht in corpore wiederzuwählen, weil sich einzelne Mitglieder für die Auflösung des Vereins starkgemacht hätten. Mit 13 Ja- gegenüber 25 Nein-Stimmen wurde dieser Antrag abgelehnt und nachher die bisherigen Vorstandsmitglieder – mit Ausnahme des zurücktretenden Präsidenten Gino Fiorentin – auch mit nur wenigen Gegenstimmen wiedergewählt. Gar keine Gegenstimme gabs beim neuen Vorstandsmitglied und Präsidenten Peter Hochuli. «Eine Wahl, ganz im Sinne des Murimoos», betonte der scheidende Präsident Gino Fiorentin.
Dass das Vertrauen noch nicht wieder aufgebaut ist, zeigte sich auch bei den Fragen, die nach der Präsentation der Jahresrechnung kamen. Und dies, obwohl das Ergebnis positiv ist, ein Plus von 525 700 Franken aufweist. Der Ertrag ist mit knapp 15 Millionen Franken höher als im Vorjahr, der Eigenanteil liegt bei fast 53 Prozent. Sowohl im Spielplatzbau, im Gemüsebau und bei den Tierbetrieben stieg der Umsatz. Und auch investiert hat das Murimoos. Beispielsweise in einen Heukran in der Scheune, ein Montagefahrzeug im Spielplatzbau, ein gekühltes Lieferfahrzeug für den Gemüsebau oder in den Anschluss des Gewächshauses ans Fernwärmesystem.
Freiwilligenarbeit fördern
Ob die Investitionen zu neuen Arbeitsplätzen führten, war eine der Fragen. «Nein», sagte Geschäftsführer Michael Dubach. Es würden seitens des Kantons nicht einfach zusätzliche Arbeitsplätze gesprochen. «Die Investitionen zielen darauf, die Infrastruktur à jour zu halten – von Werkzeugen bis zu Gebäuden.» Das sei wichtig, um auf dem Markt attraktiv zu sein. Gleiches antwortete Dubach auf die Frage nach der Strategie im Sozialbereich. «Die Vielfalt an Arbeitsplätzen macht unsere Institution stark und attraktiv. Wir sind nah am ersten Arbeitsmarkt.» Und Präsident Gino Fiorentin meinte nach mehrmaligem Nachfragen: «Kommen Sie doch einen Tag bei uns vorbei und schauen sich das an.» Der Miteinbezug der Mitglieder, den die IG Zukunft Murimoos nicht zum ersten Mal ansprach, führte zum Thema Freiwilligenarbeit. «Wir nehmen das gerne auf. Gerade im Bereich der Feldarbeit ist das eine gute Idee», meinte Vorstandsmitglied Katrina Wenger.
Alles in allem war es aber eine ruhige Generalversammlung. Präsident Fiorentin blickte auf das 90-Jahr-Jubiläum zurück, das die Institution mit rund 2000 Besucherinnen und Besuchern feierte. Geschäftsführer Michael Dubach gab Einblick in die Entwicklungen. Etwa, dass der Anteil Frauen stetig steige und mittlerweile bei rund 20 Prozent liege. Eine Entwicklung, die «einen nachdenklich stimmt» und für neue Herausforderungen sorge – auch baulicher Natur. Ende Jahr lag die Auslastung im Bereich Arbeit bei 94,5 Prozent, im Bereich Wohnen bei 94,8 Prozent. «Teilweise gibt es starke Schwankungen», weiss Dubach. Die Wechsel würden zunehmen, auch als Folge der gesteigerten Selbstbestimmung und der Tatsache, dass immer mehr junge Leute temporär im Murimoos werken und wohnen. 114 Klientinnen und Klienten waren es Ende Jahr. «Es ist Flexibilität gefragt», fasst Dubach zusammen.
Haustiere sind neu möglich
Attraktiv sein, das gelte nicht nur für Arbeitskräfte, sondern eben auch für Klientinnen und Klienten. Neu seien beispielsweise Haustiere erlaubt, ein Hundehotel, das die Tiere tagsüber betreut, ist geplant. «Im Rahmen des Normalisierungsprozesses sollte dies selbstverständlich sein», ist Dubach überzeugt. Immer wichtiger werde die Pflege des Personals. «Fachkräftemangel ist auch bei uns ein Thema, zumal wir Fachhandwerk und Sozialkompetenz brauchen. In einer Institution zu arbeiten, das ist nicht allen gegeben.» Weiterbildungen ermöglichen – auch für Klientinnen und Klienten –, zeitgemässe Infrastruktur, Teilzeitarbeit, Anlässe und Aktionen. «Wir investieren viel, damit es den Leuten bei uns gefällt, den Mitarbeitenden und den Klienten.»
Investieren, um attraktiv zu sein. Dieses Thema beschäftigt im Murimoos vielseitig. Etwa auch im Bereich des Wohnens. Eine Wohnkonzeptionierung ist im Gange. Simon Meier von der Firma socialdesign begleitet diesen Prozess. «Es geht darum, weiterhin gefragt zu sein, in einem sich ständig verändernden Markt», betonte er. Was brauchen Menschen, die Unterstützungsbedarf haben? Es ist eine der Fragen, auf die Antworten antizipiert werden. «Das Ziel ist, dass die Klientinnen und Klienten bis in ein paar Jahren nicht mehr sagen, sie seien wegen der Vielfalt an Arbeitsplätzen im Murimoos, «sondern wegen des Gesamtpakets, zu dem auch modernes und zukunftsorientiertes Wohnen gehört». Dass es hier Kapazität gibt, ist klar. Die Konzeptionierung soll zeigen, in welche Richtung es gehen soll.
Zielgruppe und Angebote müssen noch besser passen
Psychische Beeinträchtigungen sind immer mehr ein Grund für IV-Renten. Es ist einer der Trends. Dass die Leute, die Unterstützung brauchen, immer jünger werden ein anderer. «Das Murimoos ist auf dem Markt am richtigen Ort positioniert», betonte Meier. Aber es gelte, die Balance zu finden. Etwa zwischen passgenauen Angeboten für individuelle Bedürfnisse, aber auch Durchmischung, Integration in die Gesellschaft, dem Bilden eines Miteinanders. Perspektiven schaffen, Übergänge ermöglichen, darum gehe es. «Etwa die Möglichkeit, selbstständig zu wohnen, mit ambulanter Betreuung», nannte er ein Beispiel.
Auf vier Säulen basiert die Wohnkonzeptionierung: Nutzenorientierung, Wirtschaftsnähe, Naturnähe und Vielseitigkeit. «Zielgruppe und Angebote müssen künftig noch besser passen», ist Meier überzeugt. Während dieses Prozesses sei der Austausch mit dem Kanton sehr wichtig. «Ziel ist es, dass wir im Herbst das Konzept finalisieren und ab 2025 umsetzen.» Was das konkret heisst, etwa finanziell oder in Sachen baulicher Investitionen, das ist noch nicht klar. Aber es wird sicher eines der grossen Themen sein, das den neuen Präsidenten Peter Hochuli auf Trab halten wird.