«Irgendwie nicht auf der Welle»
09.12.2025 Handball, SportWeltmeisterschaft: Leistungsträgerin Daphne Gautschi und SHV-Präsident Pascal Jenny ziehen Bilanz
Gute Vorrunde, misslungene Hauptrunde – und viele wertvolle Erfahrungen. Die Schweizer Frauen-Nati erreicht bei ihrer ersten WM-Teilnahme das Minimalziel. ...
Weltmeisterschaft: Leistungsträgerin Daphne Gautschi und SHV-Präsident Pascal Jenny ziehen Bilanz
Gute Vorrunde, misslungene Hauptrunde – und viele wertvolle Erfahrungen. Die Schweizer Frauen-Nati erreicht bei ihrer ersten WM-Teilnahme das Minimalziel. Nach zwei Siegen und vier Niederlagen ist man irgendwie glücklich, irgendwie aber auch nicht.
Stefan Sprenger
Das letzte Spiel gegen Rumänien widerspiegelt die Weltmeisterschaft der Schweizerinnen gut. «Es war ein Auf und Ab», sagt Daphne Gautschi. Die Leistungsträgerin im Team im linken Rückraum erzielt sechs Tore, zeigt ein gutes Spiel. Es gibt gute Phasen, doch es gibt auch Tiefschläge. Nora Snedkerud aus Widen trifft am Kreis sechs Mal. Sie erhält viel Spielzeit, weil sich die beste Schweizerin des Turniers – Tabea Schmid – kurz nach der Pause schwer am Knie verletzt. Ein herber Rückschlag. Die dritte Freiämterin – Torhüterin Seraina Kuratli – ist am Sonntagabend überzählig. Am Ende verlieren die Schweizerinnen gegen Rumänien deutlich mit 24:36 (9:18).
«Wir sind nicht mehr die ganz kleine Schweiz»
Nach Japan (21:27) und Dänemark (23:36) verliert die Schweiz auch das dritte Spiel in der Hauptrunde. Dabei war man in der Vorrunde noch gut ins allererste WM-Turnier der Geschichte des Schweizer Frauenhandballs gekommen. Die beiden Startsiege gegen Iran und Senegal – und auch die erste Halbzeit gegen Topnation Ungarn – waren ordentlich bis gut. «Aber auch da sind wir irgendwie nicht auf unsere Welle gekommen», sagt Gautschi.
Die 25-Jährige sagt, dass es «keine Super-WM» war. Aber: «Wir dürfen dennoch stolz sein. Es war die erste WM-Teilnahme überhaupt, wir holten die ersten Siege, konnten uns für die Hauptrunde qualifizieren.» Die Minimalziele wurden erreicht. «Aber wir könnten es noch besser», findet Gautschi, die sich nun eine Woche in Frankreich erholt, bevor sie zurück zu ihrem rumänischen Club Ramnicu Valcea geht – bevor sie Weihnachten in Muri feiern kann.
Gautschi erklärt: «Wir sind ein junges Team. Wir sind unerfahren. Deshalb gibt es Höhenflüge und auch Tiefs. Wir hatten einige verletzte Spielerinnen. Dazu sind die Erwartungen an uns gestiegen. Auch die Gegner unterschätzen uns nicht mehr. Wir sind nicht mehr die ganz kleine Schweiz, sondern einen Schritt weiter.» Im letzten Jahr – an der Heim-EM in Basel – schaffte die Schweiz ebenfalls den Einzug in die Hauptrunde – und verlor dort auch alle drei Spiele. Dennoch: Vor einigen Jahren war selbst die Teilnahme an diesen Grossanlässen für die Schweizer Frauenhandball-Nati kaum erreichbar. Jetzt ist es beinahe selbstverständlich – was auch mit den starken Leistungen des Teams zu tun hat.
Sechs Spiele innert 10 Tagen
Auch wenn das Team nach den beiden Startsiegen vier Pleiten in Serie kassierte: Die erste WM endet mit einer Platzierung in den Top 20. «Und das ist gut. Zudem durften wir wiederum riesig Erfahrungen sammeln, was für die Zukunft enorm wichtig ist, damit wir es beim nächsten Mal besser machen können», so Gautschi. Sie persönlich sagt, dass sie nicht ihr bestes Turnier spielte. «Auch ich hatte Aufs und Abs. Grundsätzlich bin ich mit meiner Abwehrleistung zufrieden, im Angriff fehlte es manchmal an Toren.» Dies hat auch damit zu tun, dass Gautschi bei ihrem Club in Rumänien nicht so viel Spielzeit erhält, wie erhofft. «Wenn man dann innert 10 Tagen sechs Spiele bestreitet, ist das körperlich und mental eine starke Belastung.» Dies gilt für das ganze Team.
Pascal Jenny aus Wohlen, Präsident des Schweizerischen Handballverbandes (SHV), macht schon langfristige Pläne mit der Frauen-Nati. «Wir befinden uns in einem Casting für die Olympischen Spiele 2032 und wir analysieren die Fortschritte oder die Rückschläge der einzelnen Spielerinnen. Das steht im Zentrum. Und da stehen wir nach dieser WM klar informierter da als an der Heim EM – als der Heimbonus nicht zu unterschätzen war.»
«Nicht nur in guter Erinnerung»
Jenny betont, dass die Art und Weise, wie man die Hauptrunde erreichte und Ungarn in der ersten Halbzeit dominierte, gut war. «In dem Bereich sind wir deutlich weiter als an der EM 2024. Resultate sind ein Faktor, aber nicht der prioritäre. Rein resultatmässig haben wir das Minimalziel mit der Qualifikation der Hauptrunde erreicht. Das Hauptziel mit einem Sieg in der Hauptrunde wurde verpasst. Wir sehen immer mehr, welche Spielerinnen mit uns den Weg bis 2032 gehen und welche Spielerinnen kämpfen müssen. Denn es kommen in Zukunft einige ganz junge Spielerinnen mit viel Potenzial nach», so Jenny. Die Weltmeisterschaft «wird uns effektiv nicht nur in guter Erinnerung bleiben: Die Verletzung der mit Abstand besten Schweizer Spielerin, Tabea Schmid, ist sehr bitter. Gut war, dass wir eine erste WM spielen durften, dass es selbstverständlich ist, dass wir in die 20 Top der Welt gehören und Fixstarter an Turnieren und auch Hauptrunden sein können. Nicht gut ist, dass wir physisch und mental noch nicht dort waren, wo wir gehofft haben.» Dort müsse man bis zur EM 2026 weitere sichtbare Fortschritte machen. «Gut ist auch, dass man sieht, dass es nicht mehr selbstverständlich sein wird, einfach Teil der Nationalmannschaft zu sein. Die Erfahrungen und Erkenntnisse an der WM sind unbezahlbar. Alles in allem dürfen wir zufrieden sein, weil die WM zeigt, dass wir dabei sind und wissen, wo wir noch nicht auf dem geforderten Niveau sind.» Auch die drei Freiämterinnen – Daphne Gautschi, Nora Snedkerud und Seraina Kuratli – müssen nun gemäss Jenny ihre nächsten Schritte vollziehen.

