Keine «Autobahn» nach Mühlau
03.06.2022 AuwAn der «Gmeind» lehnt die Stimmbevölkerung einen Baukredit ohne eine einzige Ja-Stimme ab
Der Kanton will die Strasse von Rüstenschwil nach Mühlau sanieren und im gleichen Atemzug verbreitern. Damit ist die Auwer Bevölkerung überhaupt nicht einverstanden. Dass die Strecke noch stärker und schneller befahren werde, waren zwei der Argumente. Der Entscheid fiel einstimmig – gegen den Kreditantrag.
Annemarie Keusch
Die Fahrbahn sei in schlechtem Zustand. Und das Kreuzen sei ohne starkes Abbremsen nicht möglich. Auf 5,5Meter soll die Strasse verbreitert werden, wo dies möglich ist. 8,6 Millionen Franken betragen die Gesamtkosten für das Projekt. 346 000 Franken hat der Auwer Gemeinderat traktandiert. Dabei geht es um den Gemeindeanteil, den Auw an die Sanierung des Innerortsbereichs in Rüstenschwil zahlen muss. Gemeinderat Christoph Villiger erläuterte das Projekt im Detail. Und als er damit fertig war, zu den Fragen überleitete und mehrere Hände in die Höhe gingen – spätestens da war klar, dass es Unsicherheiten, Bedenken und Gegenwehr gibt.
Vor allem die Rüstenschwilerinnen und Rüstenschwiler meldeten sich zu Wort. «Wenn die Strasse breiter wird, wird noch schneller gefahren. Mit Stärkung der Verkehrssicherheit hat das gar nichts zu tun», sagte ein Stimmbürger. Eine breitere Strasse sei noch attraktiver, werde noch stärker frequentiert, vor allem auch von Lastwagen, führte ein anderer ins Feld. «Wir brauchen keine Autobahn nach Mühlau», sprach ein anderer Klartext. Ein mögliches Lastwagenverbot wurde genauso angesprochen. Und schnell wurden verschiedene Möglichkeiten angesprochen. «Dass die Strasse saniert werden muss, ist klar, aber die Verbreiterung wollen wir nicht. Was passiert, wenn wir das Projekt ablehnen?», fragte eine Stimmbürgerin.
Deutliches Zeichen an den Kanton
Gemeindeammann Marlis Villiger hielt fest, dass die Strasse dem Kanton gehöre, dieser diese erhalten wolle und auch Sicherheitsaspekte vorgebe. «Hier ist es etwa ein Trottoir im Innerortsbereich.» Gross involviert sei die Gemeinde nicht gewesen in die Planung. Entsprechend nahm der Gemeinderat auch den Input, dass dieses Trottoir auf der falschen Strassenseite angedacht sei, entgegen. Überhaupt betonte Marlis Villiger: «Wir werden eure Voten dem Kanton vorlegen.» Ein Nein zum Projekt würde dieses verzögern. Aber Villiger weiss: «Wenn es dem Kanton wichtig genug ist, legt er es dem Grossrat vor und dieser entscheidet.»
Sie informierte auch, wie es bei einem Ja weitergehen würde. «Das Projekt würde wie ein anderes Bauprojekt aufliegen und jeder kann seine Einwendung deponieren.» Das war der Auwer Stimmbevölkerung aber zu wenig. Sie wollte ein noch deutlicheres Zeichen gegenüber den Projektplänen des Kantons setzen und lehnte den Kreditantrag ohne eine einzige Ja-Stimme ab.
Steuerfuss erhöht, bald wieder senken?
Diskussionen gabs auch zum Thema Finanzen, nachdem Vizeammann Benno Villiger die äusserst positive Jahresrechnung präsentiert hatte. Statt einem Minus liegt ein Plus von knapp 460 000 Franken vor. Benno Villiger sprach von einem unerwartet guten Ergebnis, das vor allem auf hö- heren Steuereinnahmen basiert. «Auf Empfehlung des Kantons haben wir bei den Steuern zurückhaltend budgetiert.» Villiger betonte aber, dass der Gemeinderat immer nach bestem Wissen und Gewissen budgetiere.
Dass die Budgets immer übertroffen werden, war schon an der letzten «Gmeind» ein Thema, als eine Erhöhung des Steuerfusses auf 112 Prozent traktandiert war und auch angenommen wurde. Wieder meldeten sich die gleichen Redner zu Wort. «Das Ergebnis ist wieder besser, die Steuereinnahmen wieder höher. Wir zahlen einfach zu viele Steuern», meinte ein Stimmbürger. Er kritisiere die Systematik der zu tief budgetierten Steuern. «Es ist an der Zeit, die richtigen Schlüsse für das nächste Budget zu ziehen. Eine erneute Anpassung des Steuerfusses ist nicht nur in Betracht zu ziehen, sondern notwendig», findet er. Gemeinderat Villiger betonte, dass auch er gerne weniger Steuern bezahlen würde. «Wir spüren das Anliegen und werden uns beim Budgetierungsprozess noch intensiver damit befassen.»
Die Beschlüsse
Von den 1380 Stimmberechtigten nahmen deren 104 an der Einwohnergemeindeversammlung teil. Zu allen Traktanden gab es Wortmeldungen, gefällt wurden sämtliche Entscheide trotzdem sehr deutlich. So sagten die Stimmbürgerinnen und -bürger Ja zum Protokoll, zur Rechnung und zum Rechenschaftsbericht. Das Protokoll muss nach einem sehr knappen Resultat mit 34 Ja- zu 33 Nein-Stimmen noch durch ein längeres Votum ergänzt werden. Der Antrag auf Rückweisung des Protokolls wurde aber abgelehnt.
Zugestimmt hat das Stimmvolk dem Kreditantrag von 336 000 Franken für den Umbau der Bushaltestelle Mitteldorf mit Belagssanierung und den 105 000 Franken für die Projektierung des Regenklärbeckens Sandäcker. Ohne eine einzige Ja-Stimme wurde der Antrag für 346 000 Franken für die Sanierung und Verbreiterung der Kantonsstrasse von Rüstenschwil nach Mühlau abgelehnt. Ein deutliches Ja gabs zur Erhöhung der Kehrichtgrundgebühr und zur Anpassung des Anhangs zum Abfallreglement. Damit erhält der Gemeinderat grünes Licht, um ein gedecktes Areal zu mieten, um dort ein Recyclingcenter zu betreiben. Ohne Diskussion wurde Ladislav Tvrdy, Natalja Bucharina und ihrem Sohn Mike das Gemeindebürgerrecht zugesichert. Unter Verschiedenes informierte der Gemeinderat über Aktuelles rund um die Asylunterkunft und die Förderung von Biodiversität im Gemeindegebiet. --ake