Klarer Entscheid – weitere Misstöne
09.05.2025 WohlenOrtsbürgergemeinde: Aufsichtsanzeige gegen Gemeinderat abgewiesen – Gemeinderat handelte rechtens
Der Gemeinderat darf einen kapitalen Sieg feiern. Die Aufsichtsanzeige gegen Gemeinderat und Gemeindeammann Arsène Perroud wurde abgewiesen. Der Knatsch rund ...
Ortsbürgergemeinde: Aufsichtsanzeige gegen Gemeinderat abgewiesen – Gemeinderat handelte rechtens
Der Gemeinderat darf einen kapitalen Sieg feiern. Die Aufsichtsanzeige gegen Gemeinderat und Gemeindeammann Arsène Perroud wurde abgewiesen. Der Knatsch rund um das Baubegehren der Firma Stach AG in unmittelbarer Nachbarschaft des Strohmuseums wird aber deswegen (noch) nicht bereinigt sein.
Daniel Marti
Die Unstimmigkeiten haben sich über Monate hingezogen. Eine Initiative und eine Aufsichtsanzeige aus den Reihen der Ortsbürgergemeinde zielten gegen das Handeln des Gemeinderates. Nun herrscht Klarheit: Die kantonalen Instanzen sehen kein fehlbares Verhalten des Gemeinderates, sie haben die Aufsichtsanzeige abgewiesen. «Der Gemeinderat hatte die Kompetenzen zum Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrags und handelte in jeder Hinsicht rechtens», halten die Stabsdienste der Gemeinde Wohlen in einer Medienmitteilung fest.
«Grundlos und haltlos»
Alle haben korrekt gehandelt. Man darf eine Aufsichtsanzeige einreichen, Und der Gemeinderat muss sich kein Fehlverhalten vorwerfen. So lautet die wesentliche Entscheidung. Beide Seiten nehmen Stellung dazu. Die Anzeiger tun dies sachlich (siehe Artikel unten). Und der Gemeinderat geht zum Frontalangriff über.
Unter dem Titel «Grundlos Misstrauen geschürt» greift er die Anzeiger hart an. Die Anschuldigungen seien haltlos. Der Originaltext: «Es liegt die Vermutung nahe, dass bei dieser Angelegenheit auch persönliche Animositäten involvierter Personen die Triebfeder für die Vorgänge waren. Mit dem Befund zur Aufsichtsanzeige ist erwiesen, dass die veranstaltete Polemik überzogen war und damit grundlos Misstrauen in die Arbeit von Behörden und Verwaltung geschürt wurde.»
Damit können nur die Ortsbürger Ruedi Donat, Walter Dubler, Kurt Meier und Hans Meyer gemeint sein. Diese vier bildeten ein Initiativkomitee mit der Absicht, die Kompetenzen des Gemeinderates zu begrenzen. Ein Trio davon (Donat, Meyer, Dubler) reichte die Aufsichtsanzeige ein. Diese Ortsbürger werden also attackiert. Nein, dazu wollen sie sich nicht äussern, lassen sie ausrichten. Nur so viel: Im 15-seitigen Schreiben der Gemeindeabteilung werde den Anzeigern in keinem einzigen Punkt ein falscher Sachverhalt vorgeworfen. «Das ist Fakt.»
Fehlte die Kompetenz?
Zum Schreiben des Gemeinderates. Die Aufsichtsanzeigen hatten zum Zweck, den Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags mit der Stach Investment AG über die Gewährung eines Fussund Fahrwegrechts aufzuheben. Die Anzeigenden behaupteten, dass dem Gemeinderat die Kompetenz hierzu fehlte. Als Begründung wurde die Initiative angeführt. Mit dieser sollte dem Gemeinderat die Kompetenz zum Abschluss entsprechender Verträge wieder entzogen werden.
Weiter stand das Mitwirken von Gemeindeammann Arsène Perroud im Mittelpunkt. Perroud wurde vom Regierungsrat in den Ausstand beordert, dies im Zusammenhang mit dem Baugesuch der Firma Stach AG. Beim Beschluss betreffend Fuss- und Fahrwegrecht hätte er nicht mitwirken dürfen, urteilten die Anzeiger.
Keine Vorwirkung der Initiative – Abstimmung am 14. Juni
«Sämtliche in der Aufsichtsanzeige angestellten Vorhaltungen treffen in keiner Weise zu. Die entsprechende Beantwortung der Anzeige durch die zuständigen kantonalen Instanzen war absehbar. Dass dem Gemeinderat korrektes Handeln attestiert wird, ist folgerichtig», schreibt der Gemeinderat.
Das Zustandekommen der besagten Initiative sei erst nach dem rechtsgültigen Beschluss des Gemeinderates vom 23. September über die Gewährung der betreffenden Dienstbarkeit erfolgt. Die von den Initiativen angestrebten Änderungen an geltendem Recht hatten so keine Vorwirkung.
Das zeitliche Hin und Her der Initiative bleibt bestehen. «Das Initiativkomitee hatte vor der Unterschriftensammlung Kenntnis darüber, «dass die Dienstbarkeit bereits rechtsverbindlich zugesichert wurde. Die Lancierung der Initiative hatte keine Bewandtnis mehr», so der Gemeinderat.
Gegen diese Darlegung des Gemeinderate haben sich die Anzeiger schon öfters gewehrt. Sie berufen sich auf eine Mail-Nachricht an Vizeammann Thomas Burkard. Am 24. August 2024, deutlich vor der Beschlussfassung, wurde der Gemeinderat mit dem Thema konfrontiert und darauf sensibilisiert. Die Mail-Nachricht blieb ohne Reaktion. «Selbstverständlich», so der Gemeinderat, seht den Initianten das demokratische Grundrecht zu, ein Volksbegehren einzureichen. Entsprechend wird die Versammlung der Ortsbürgergemeinde vom Samstag, 14. Juni, darüber befinden. Auf diese Debatte darf man heute schon gespannt sein. Denn das Initiativkomitee wird nun wohl erst recht für seine Sache kämpfen.
Ob der Gemeinderat hätte zuwarten sollen …
Immerhin schreibt der Gemeinderat, dass er Verständnis habe «für den entstandenen Unmut bei den Ortsbürgerinnen und Ortsbürgern». Diese haben schliesslich das Begehren unterschrieben mit der Absicht, die Gewährung eines Fuss- und Fahrwegrechts zugunsten der Stach Investment AG zu verhindern. Dieses «Missfallen» sei gemäss Gemeinderat allerdings an die Verantwortlichen der Initiative zu richten. «Sie suggerierten gegenüber der betreffenden Stimmbürgerschaft eine falsche Sachlage», so der Vorwurf.
Die Rechtsabteilung des Kantons Aargau kommt in ihrer Auslegung allerdings zu einer anderen, sehr interessanten Schlussfolgerung. Der Originaltext: «Ob der Gemeinderat aufgrund der Initiative mit der Unterzeichnung des Dienstbarkeitsvertrags hätte zuwarten sollen, wie dies die Anzeigenden geltend machen, ist mithin eine ausschliesslich politische Frage, die sich der kantonalen Aufsicht entzieht.»
Auch Gemeindeammann handelte korrekt
Wie bereits erwähnt, befindet sich Gemeindeammann Arsène Perroud im Baubewilligungsverfahren der Stach Investment AG am Freihofweg im Ausstand. Dies wurde vom Regierungsrat veranlasst. Nun bestätigt der Rechtsdienst, dass das öffentlich-rechtliche Baubewilligungsverfahren und der privatrechtliche Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrags «zu unterscheiden» sind. Als Gemeindeammann war Arsène Perroud befugt, «den Dienstbarkeitsvertrag zusammen mit dem Gemeindeschreiber zu unterzeichnen», so der Gemeinderat. «Sämtliche Handlungen in diesem Zusammenhang waren korrekt.»
In ihrem Schreiben hält die Rechtsabteilung auch fest, «dass nicht jede falsche Rechtsanwendung zugleich eine Amtspflichtverletzung ist». Und zwischen dem Dienstbarkeitsvertrag für die Ortsbürgergemeinde und dem fraglichen Baugesuch bestehe kein kausaler Zusammenhang. Das Initiativkomitee sieht das nach Prüfung durch Notare und Anwälte anders.
Der Gemeinderat betont zudem, dass mit dem abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag «die Ortsbürgergemeinde profitiert». Es wurde ein gegenseitiges Fuss- und Fahrwegrecht eingeräumt. Zum anderen wurden zugunsten der Ortsbürgergemeinde ein Näherbaurecht, Näherpflanzrechte, ein Überbaurecht sowie ein Benützungsrecht begründet. «Mit diesen Rechten wird insbesondere der Baumbestand auf dem Grundstück der Villa Isler langfristig gesichert, was dem zentralen Anliegen der Initiative entspricht.» Das Initiativkomitee hat in diesem wesentlichen Punkt allerdings eine ganz andere Haltung.
Tatsächlich realitätsfremd?
Weiter wurde dem Gemeinderat vorgeworfen, er hätte in dieser Angelegenheit hektisch gehandelt. Allerdings sei seit dem Jahr 2019 bekannt gewesen, dass in diesem Zusammenhang gegenseitig Dienstbarkeiten abgeschlossen werden sollen. Der Gemeinderat dazu: «Die Initianten hätten fünf Jahre Zeit gehabt, die Kompetenz zur Erteilung von Dienstbarkeiten an die Ortsbürgergemeindeversammlung zu ziehen. Dem Gemeinderat unter diesem Aspekt hektisches Handeln vorzuhalten, ist realitätsfremd.»
«Initiative hat politische Wirkung»
Die drei Initianten der Aufsichtsanzeige
In zwei Abhandlungen mit total 15 Seiten haben die Rechtsabteilung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt sowie die Gemeindeabteilung des Departements Volkswirtschaft und Inneres die Aufsichtsanzeige abgewiesen. «Die Anzeiger nehmen den Entscheid der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis», heisst es in einer Pressemitteilung von Ruedi Donat, Walter Dubler und Hans Meyer. Die Abhandlungen enthalten gemäss ihrer Sicht «vage Begriffe wie ‹unseres Erachtens› oder ‹nach unserer Beurteilung›. Die juristischen Erwägungen hätten auch eine andere Schlussfolgerung zugelassen.»
Das Trio geht vor allem auf einen zentralen Satz des Departements Bau, Verkehr und Umwelt ein: «Ob der Gemeinderat aufgrund der Initiative mit der Unterzeichnung des Dienstbarkeitsvertrags hätte zuwarten sollen, wie dies die Anzeigenden geltend machen, ist mithin eine ausschliesslich politische Frage, die sich der kantonalen Aufsicht entzieht.»
«Gemeinderat handelte gegen politischen Willen»
Ruedi Donat, Walter Dubler und Hans Meyer blicken dabei auf die Ortsbürgergemeindeversammlung vom 2. Dezember 2024 zurück. Da habe Gemeindeammann Perroud «von einem Dilemma gesprochen, ohne zu erwähnen, dass er zehn Tage später den Dienstbarkeitsvertrag unterschreiben werde. Damit sind die Ortsbürgerinnen und Ortsbürger getäuscht worden.» Der Gemeinderat habe «gegen den klaren politischen Willen von 200 Ortsbürgerinnen und Ortsbürgern gehandelt. Dies entspricht 31,6 Prozent der Stimmberechtigten, welche die Volksinitiative der Ortsbürgergemeinde unterzeichnet haben.
Und zum Schluss werden Ruedi Donat, Walter Dubler und Hans Meyer deutlich: «Sollte durch die Erteilung der Baubewilligung und durch den Bau der Mehrfamilienhäuser der Stach Investment AG das Areal Villa Isler mit seinen Bäumen Schaden nehmen, tragen dieser Gemeinderat, diese Ortsbürgerkommission und der Bereich Planung, Bau und Umwelt die alleinige Verantwortung, verbunden mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.» --dm