Landhausstil oder Hochhäuser?
18.09.2020 RottenschwilEinwohner diskutierten über die künftige Entwicklung des Dorfes
Rund 20 Personen nahmen an einem Workshop zur Gesamtrevision der kommunalen Nutzungsplanung und des räumlichen Entwicklungsleitbildes teil. Sie analysierten Stärken und Schwächen von Rottenschwil, entwickelten aber auch Visionen.
Roger Wetli
«Bis 2040 soll es in Rottenschwil ein Hochhaus geben, dessen Dachterrasse ein Restaurant und eine Bar hat, welche stets über dem Nebel liegen», stellte ein Teilnehmer das Ergebnis einer Gruppenarbeit vor. Dabei durften die Anwesenden in kleinen Teams Visionen entwickeln, die nicht zwingend umsetzbar sind. «Zudem möchten wir den Durchgangsverkehr in einem Tunnel kanalisieren», erklärte dieselbe Gruppe.
Eine Umfahrung war auch in anderen Teams ein wichtiges Thema. Für Werd wurde vorgeschlagen, den Verkehr auf «Zubringer» zu beschränken. Es gab aber auch Widersprüche. Ein Hochhaus wollte nicht jede Gruppe. Eine verlangte dagegen eine Wohnzone, in der Gebäude nur im Landhausstil gebaut werden dürfen.
Treffpunkt fehlt im Dorf
Ein Brennpunkt bei verschiedenen Teams sind ein zentraler Treffpunkt im Dorf mit einem Café und altersgerechtes Wohnen. Aber auch, dass der Entsorgungsplatz, der heute im Dorf liegt, an den Rand verschoben wird. In Rottenschwil wohnen zurzeit rund 900 Personen. Die Teams wünschten sich ein Wachstum in den nächsten 20 Jahren auf 1200 bis 1600 Einwohner.
Bis die Visionen standen, wurde in den fünf Teams diskutiert, gestritten, gelacht und die Ergebnisse auf Plakate gezeichnet. «In Zusammenarbeit mit der Planungskommission entsteht damit das räumliche Entwicklungsleitbild von Rottenschwil», erklärte Daniel Buis von der KIP Siedlungsplan AG. Er leitete zusammen mit seinem Arbeitskollegen Adrian Duss den Workshop. «Es ist wichtig, die Meinungen der Einwohner in das Leitbild einfliessen zu lassen. Denn sie sind die lokalen Experten und müssen mit dem Ergebnis leben.» Das Entwicklungsleitbild wird behörden-, aber nicht grundeigentümerverbindlich sein. Die Workshop-Ergebnisse fliessen ebenfalls in den Kommunalen Gesamtplan Verkehr ein, der auch für den Kanton verbindlich ist.
Der Verkehr ist in Rottenschwil ein zweischneidiges Thema, wie der erste Teil des Workshops zeigte. Hier analysierten die Gruppen Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken ihrer Gemeinde. Als Stärke sahen die Teilnehmenden die Nähe zu den Wirtschaftszentren Zürich, Zug und Luzern und die gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Sie stören sich aber an den Fahrzeugen, die nur durch Rottenschwil durchfahren.
Zunehmende Überalterung
Hoch angesehen wird, dass das kleine Dorf über zwei Restaurants verfügt. «Das ist heute nicht mehr selbstverständlich», lobte eine Teilnehmerin. Generell sei die Lebensqualität in Rottenschwil sehr hoch. Die Natur lade zum Spazieren und Sinnieren ein.
Sorgen machten sich die Workshop-Teilnehmenden über die zunehmende Überalterung im Dorf. «Es braucht Möglichkeiten, junge Familien anzulocken», wurde moniert. Bemängelt wurde auch das fehlende Engagement der Einwohnerinnen und Einwohner im Dorf. Rottenschwil würde zum reinen Schlafdorf. «Das Engagement hier ist schwach», erklärte ein Teilnehmer und führte als Beweis gleich den Workshop auf: «Auch heute sind nur wenige Leute gekommen. Obwohl Rottenschwil klein ist, ist es noch unabhängig. Das können wir aber nur bleiben, wenn wir alle Ämter der Gemeinde besetzen können.»
Alle sollen mitmachen
Daniel Buis war mit den Resultaten des Workshops sehr zufrieden. «Auf dieser Grundlage bauen wir jetzt auf. Die Bevölkerung wird während des Prozesses immer wieder involviert», versprach er. Gemeindeammann Giordana Huonder lobte die engagierten Diskussionen und die kreativen Vorschläge des Abends. «Es sollten möglichst alle Einwohner an den Aktivitäten im Dorf teilnehmen. Alle wollen die Gemeinde beleben, der Gemeinderat auch. Er kann das aber nur mit der Hilfe der Bevölkerung.»