Lösung nach langem Weg
29.05.2020Aargauer Kantonalschwingfest in Beinwil ist auf das Jahr 2022 verschoben
Es war ein langes Hin und Her. Nach vielen hitzigen Diskussionen wurde nun eine Lösung gefunden. Weil der Schwingklub Lenzburg keine helfende Hand bot, brauchte es die geballte Solidarität von ganz Beinwil und auch dem Schwingklub Fricktal, um die Verschiebung auf 2022 zu stemmen.
Stefan Sprenger
Das Datum ist schon bestätigt. Vom 8. bis 10. Juli 2022 findet das Aargauer Kantonalschwingfest in Beinwil statt. OK-Präsident Hermann Bütler ist erleichtert, dass es nun endlich zu einer Lösung gekommen ist. Dies, nach vielen emotionalen Diskussionen – hauptsächlich mit dem OK-Präsident des Schwingklubs Lenzburg Erich Renfer, der «sein» Kantonales im Jahr 2021 auf keinen Fall verschieben wollte.
Ein Dorf steht hinter dem Schwingfest
Die Vorgeschichte: Die Beinwiler rund um OK-Präsident Hermann Bütler mussten aufgrund der Coronapandemie das Aargauer Kantonalschwingfest, das in einer Woche stattgefunden hätte, verschieben. Danach wurde eine Lösung gesucht, wann der Grossanlass mit mehreren Tausend Zuschauern nachgeholt wird. Im Raum stand eine Verschiebung in den Herbst 2021, sodass gar zwei «Kantonale» dann stattfnden – oder es ganz abgesagt wird. Die Freiämter hätten es gerne um ein Jahr verschoben. So haben es die meisten anderen Kantonalverbände gelöst. Doch der Schwingklub Lenzburg, allen voran sein OK-Präsident Erich Renfer, wollte nicht vom Ausführungsdatum im nächsten Jahr abweichen. Die Argumentation von Renfer: «Wir haben ein 100-Jahr-Jubiläum und viele Sponsoren würden abspringen, falls wir unser Schwingfest verschieben. Corona ist ein Problem der Beinwiler.» Es gab emotionale Gespräche zwischen den Lenzburgern und den Freiämtern. Dazu sagt Hermann Bütler: «Für uns Beinwiler war und ist das Verhalten insbesondere von Erich Renfer absolut unverständlich und ein Affront. Man nahm in Kauf, dass das Schwingfest in Beinwil ersatzlos gestrichen wird.»
Dieses Szenario ist nun aber nicht eingetroffen. Auch wegen der grossen Solidarität des Schwingklubs Fricktal, das sein «Kantonales» um ein Jahr verschiebt, von 2022 auf 2023. Übrigens hätten auch die Fricktaler ein 100-Jahr-Jubiläum im Jahr 2022 gehabt.
In Beinwil gab es eine Welle der Solidarität. Innert Tagen haben Landbesitzer, Turn- und Schützenverein dem neuen Datum zugestimmt und signalisiert, dass das ganze Dorf hinter dem Schwingfest steht. Und das, obwohl die Schützen und die Turner im Jahr 2022 ebenfalls Grossanlässe haben. «Innert Tagen haben wir so gemeinsam alle Probleme gelöst», so Bütler.
Nicht «Schwinger-like»
Schwingen: Nach zähen Verhandlungen wurde nun eine Lösung gefunden für das Kantonale Schwingfest – Beinwil im 2022
Kompliziert, emotional, angespannt: Die Verschiebung des «Kantonalen» in Beinwil sorgte für Zündstoff. Dies hauptsächlich, weil Erich Renfer, OK-Präsident des Schwingfestes in Lenzburg vom 2021, sich wenig kooperativ zeigte. So ist der Aargau der einzige Schwinger-Kanton, der keine einvernehmliche Lösung fand.
Stefan Sprenger
Die Wahrheit kann zwei Seiten haben. Im Falle der Verschiebung des «Kantonalen» haben Hermann Bütler und Erich Renfer je eine Wahrheit, die für sie passt. Beides sind emsige OK-Präsidenten ihres kantonalen Schwingfestes – und wollen einen starken Anlass organisieren. Beides sind Alphatiere. Doch während der Beinwiler Bütler mit feinfühliger Diplomatie vorgeht, macht es Renfer mit eiserner Sturheit. «Er war nicht bereit, auch nur einen Millimeter zu weichen. Und das mit einer aggresiven Art, die an Respektlosigkeit grenzt», sagt Bütler über Renfer.
«Angriffige Gespräche»
Die Geschichte: Der Schwingklub Freiamt und Beinwil freute sich auf das Aargauer Kantonalschwingfest, das vom 5. bis 7. Juni stattgefunden hätte. Das Coronavirus funkte dazwischen. OK-Präsident Hermann Bütler und sein Team haben den Anlass verschoben. Nur: Wohin wird geschoben? Die Durchführung im Herbst war mit Unsicherheiten verbunden. Der Wunsch von Bütler wäre die Verlegung auf das Jahr 2021 gewesen. So haben es die meisten anderen Kantonalschwingfeste schweizweit gelöst. Total 28 Kranzfeste wurden einfach um ein Jahr verschoben.
Doch im Aargau war dies nicht möglich. 2021 führt der Schwingklub Lenzburg das «Kantonale» durch. Ein erster Annäherungsversuch durch Hermann Bütler wurde als Angriff gewertet. Lenzburgs OK-Präsident Erich Renfer lehnte es kategorisch ab, «sein» Schwingfest zu verschieben. Auch die Gespräche danach führten zu keinem Ziel. Renfer hat die Diskussionen mit den Freiämtern als «fair und sachlich» empfunden. Bütler hingegen spricht von «angriffigen und hitzigen Gesprächen».
Viele Varianten wurden besprochen. Beispielsweise, ob es 2021 zwei «Kantonale» geben kann. Davon war der Nordwestschweizerische Schwingerverband nicht begeistert. Zudem bot Bütler den Lenzburgern an, 50 Helfer für ihr Fest zu schicken, falls sie verschieben. Dazu sagt Renfer: «Was will ich mit 50 Helfern?»
«Dann würde ich mit kurzen Hosen dastehen»
Es folgten weitere Sitzungen zwischen dem OK aus Beinwil, dem OK aus Lenzburg, einer Delegation des Aargauer Kantonalverbandes und dem Vorstand des Nordwestschweizerischen Schwingverbandes. «Nach dieser sehr hitzigen Sitzung waren wir meilenweit von einer Lösung entfernt. Und dies nach über zwei Monaten intensiver Bemühungen», sagt Hermann Bütler. Renfer blieb seiner Linie treu.
Doch, wieso beharrt Lenzburgs OK-Präsident Erich Renfer so fest auf das Jahr 2021? Wieso zeigt er sich so unkooperativ? «Das ist Ansichtssache», sagt Renfer. «Wenn wir verschieben, haben wir ein Problem, weil im Jahr 2022 einige Sponsoren nicht mehr dabei wären. Zudem feiern wir unser 100-Jahr-Jubiläum. Die Beinwiler haben Corona, nicht wir. Wir schauen auf uns.» Pikant: Während des Schwingfests in Lenzburg wird als einer der «Höhepunkte» auch das 100-Jahr-Jubiläum des Gewerbevereins Lenzburg stattfinden. Mit Erich Renfer als abtretenden Präsident des Gewerbevereins.
Angesprochen darauf, dass 28 Kantonalschwingfeste es auch hingekriegt haben, es zu verschieben, antwortet Renfer in aufbrausendem Ton: «Es geht um grosse sechsstellige Beträge und in der jetzigen Situation rund um das Coronavirus hätte wir sponsoringtechnisch bei einer Verschiebung Probleme gekriegt.» Renfer erklärt es bildlich: «Wenn wir die Hände reichen würden für eine Verschiebung, dann würde ich mit kurzen Hosen dastehen.»
Renfer: «Das ist eine Frage des Blickwinkels»
Der Beinwiler Hermann Bütler kritisiert diese fehlende Solidarität. «Es ist geradezu beschämend, wenn in der momentanen, nach wie vor schwierigen Coronazeit solch banale Probleme wie ein Schwingfest nicht einvernehmlich gelöst werden können. Und das alles wegen einer einzigen Person.» Bütler betont, dass mit dem Verhalten von Renfer eine ersatzlose Absage des «Kantonalen» in Beinwil in Kauf genommen wurde. Renfer wehrt sich: «Das ist eine Frage des Blickwinkels. Wir wollen unser Schwingfest einfach plangemäss im Jahr 2021 durchführen.»
Man hätte doch zusammenhalten sollen
Lukas Meier ist Präsident des Aargauer Kantonalschwingverbandes und erlebte die Diskussionen hautnah mit. Er ist erst seit Kurzem im Amt und hatte wegen der Coronapandemie sonst schon keinen einfachen Job. Meier sagt, es sei eine «angespannte Sache» gewesen und findet es «unglücklich, dass sich Lenzburg so wenig kooperativ zeigte». Meier versteht das Problem mit den Sponsoringverträgen, doch er sagt: «Der Grossteil der anderen Kantonalschwingfeste der Schweiz hat es ja auch hingekriegt.» Das Verhalten von Erich Renfer betitelt er als «unerwartet und nicht Schwinger-like». Er meint, dass man in solch einer schwierigen Situation doch hätte zusammenhalten sollen. Denn: «Es geht um den Sport, es geht ums Schwingen. Das wurde in diesem Fall – gelinge gesagt – vernachlässigt. Einfach nur schade.» Meier meint, dass wohl jeder andere Schwingklub im Kanton sofort verschoben hätte.
Fricktaler verschieben und zeigen, wie es gehen kann
So tut es jetzt der Schwingklub Fricktal, der im Jahr 2022 eigentlich mit der Durchführung des «Kantonalen» an der Reihe gewesen wären. Fricktal – das wie Lenzburg ein 100-Jahr-Jubiläum zu feiern hätte – verschiebt auf 2023 und macht den Freiämtern Platz. Dann gibt es eben ein 101-Jahr-Jubiläumsfest. «Unkompliziert war SK Fricktal-Präsident David Schreiber einverstanden», erzählt Hermann Bütler.
Was sagt Stefan Strebel? Der Freiämter, der seit Kurzem technischer Leiter des eidgenössischen Schwingverbandes ist. «Hut ab vor den Beinwilern, die das Fest um zwei Jahre schieben. Das ist einmalig in der Schweiz.» Strebel hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun, war aber immer im Bilde. Seine Meinung: «Das Verhalten von Erich Renfer war nicht Schwinger-like. Alle wollten den Weg gehen, um es ein Jahr zu verschieben, in der Schweiz haben dies 28 Kantonalschwingfeste geschafft, nur im Aargau nicht, weil die Lenzburger hartnäckig an ihrem Datum festhielten. Das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. So wie es die Freiämter und die Fricktaler dann gelöst haben, so macht man es in Schwingerkreisen.» Strebel betont, dass man nun beim eidgenössischen Verband aufgrund dieses Vorfalls eine klarere Pandemieregelung braucht, falls es solche Fälle in Zukunft geben sollte. «Und dies alles, weil sich eine Person querstellt.»
Buchmann: «Hoffe auf zwei sagenhafte Schwingfeste»
Nun steigt 2021 das «Kantonale» in Lenzburg, 2022 in Beinwil und 2023 im Fricktal. Hermann Bütler sagt: «Wir wollen keinen Krieg mit den Lenzburgern nach dieser ganzen Sache.» Martin Buchmann, der Präsident des Schwingklubs Lenzburg, der selbst Wurzeln im Freiamt hat, sieht dies ähnlich. «Es war eine schwierige Situation. Der einzige wirklich Schuldige ist das Coronavirus. Beide Organisatoren geben viel Herzblut für ihre Feste und ich hoffe, dass es zwei sagenhafte Schwingfeste gibt – in Lenzburg und Beinwil.» So haben beide Seiten ihre Wahrheiten.