Mehr Mitsprache erhalten
13.05.2022 WohlenDer Selbstvertretungsrat der Integra zieht eine erste Bilanz
In der Stiftung Integra leben und arbeiten viele Menschen mit Beeinträchtigungen. Damit diese ihre Anliegen besser hör- und sichtbar machen können, wurde vor zwei Jahren der erste Selbstvertretungsrat gewählt. «Wir sehen uns als Bindeglied zur Geschäftsleitung», erklärt Mitglied Michel Oeschger.
Chregi Hansen
Über Menschen mit Beeinträchtigungen wurde früher viel geredet, über sie wurde einfach entschieden und verfügt. Diese Zeiten sind vorbei. Spätestens mit dem Beitritt der Schweiz zur UNO-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2014. Denn diese verlangt, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen in gleichem Masse gewahrt werden wie jene von Menschen ohne Behinderungen. Dazu gehört auch die aktive Teilhabe.
Start mit Hindernissen
Die Integra nimmt dieses Anliegen ernst. Im Januar 2020 wurde erstmals ein Selbstvertretungsrat SVR gewählt. Wegen der Pandemie konnte dieser in der Anfangszeit nur reduziert tätig sein, denn der Wohn- und Arbeitsbereich blieben lange getrennt. Im SVR sind aber Vertreter beider Bereiche aktiv. «Wir haben uns im Arbeitsbereich dennoch getroffen, aber das war nicht ideal», erklärt Patrick Stocker. Erst seit dem Sommer 2021 kann sich die Gruppe regelmässig treffen. Die Wichtigkeit des Rates unterstreicht die Integra damit, dass die Sitzungen während der Arbeitszeit stattfinden. «Wir werden angehört und ernst genommen», freut sich Oeschger.
Die Idee zu diesem Rat stammt von den Mitarbeitenden Karin Gerin, Adriano Meyer und Pascal Stutz. «Wir sind nur unterstützend dabei, der Rat soll möglichst selbstständig agieren und nicht durch uns beeinflusst werden», erklärt Fabienne Steinmann, welche Karin Gerin ersetzt hat. Und die gewählten Mitglieder haben durchaus klare Vorstellungen, was sie erreichen wollen. «Unser Ziel ist, dass die verschiedenen Anliegen aus dem Wohn- und Arbeitsbereich auch bei der Geschäftsleitung ankommen», erklärt Oeschger. Denn die Betroffenen wüssten oft besser als das Personal, wo genau der Schuh drückt.
Anliegen sammeln
Dafür hat die Kreativ-Werkstatt extra einen Briefkasten gebaut, der nun aufgestellt wurde und in dem die Anliegen gesammelt werden. «Manche haben trotzdem Hemmungen. Sie sind es nicht gewohnt, dass sie etwas sagen dürfen», sagt Stocker. Darum können die Anliegen oder die Kritik auch anonym eingeworfen werden. Und jenen, die nicht schreiben können, helfen die Mitglieder des Rates gerne. «Auch Menschen mit Beeinträchtigungen haben Rechte und Pflichten», macht Stocker deutlich.
Dabei sieht sich der Rat in der Rolle eines Bindeglieds zur Geschäftsleitung. Wobei die Mitglieder auch eine Filterfunktion haben. «Wir diskutieren jeweils, ob es ein berechtigtes Anliegen ist, das viele betrifft. Oder nur ein privater Wunsch, der dann mit der Wohn- oder Arbeitsleitung besprochen werden muss», so Oeschger. Alle Mitglieder des Rates unterstehen dabei der Schweigepflicht.
Gratulationen erhalten vom Geschäftsleiter
Das Mitmachen im Rat macht allen Spass. Trotzdem sieht man noch Potenzial für Verbesserungen. «Wir wünschen uns beispielsweise einen eigenen E-Mail-Account und einen Hinweis auf unsere Tätigkeit auf der Homepage», sagt Oeschger. Ganz allgemein erhoffe man sich mehr Mitbestimmung und eine verbesserte Kommunikation innerhalb der Integra. «Unser Ziel ist, dass die Geschäftsleitung zweimal pro Jahr an unserer Sitzung teilnimmt», sagt Stocker. Von der Spitze der Integra habe man diesbezüglich positive Signale erhalten. «Wir durften unsere Arbeit kürzlich dem Geschäftsführer präsentieren. Er hat uns gratuliert und uns Tipps gegeben, was wir noch besser machen können», freuen sich die Mitglieder des Rates.
Am Herbstfest mit weigenem Stand präsent sein
Und der Rat hat weitere Pläne: Am geplanten Herbstfest der Integra möchte der Selbstvertretungsrat gerne einen eigenen Stand haben, mit dem er auf seine Tätigkeit aufmerksam machen kann. Auch möchte man den Stiftungsrat einmal zu einer Sitzung einladen und sich vorstellen. Überhaupt ist die Motivation bei den Beteiligten hoch. «Es macht Spass, diesen Rat zu unterstützen», sagt denn auch Fabienne Steinmann. Was vor zwei Jahren mit der Wahl begonnen habe, beginne jetzt langsam zu wachsen. Man darf gespannt sein, wohin die Reise noch geht.