Mehr Selbstbewusstsein für Frauen

  12.02.2021 Oberlunkhofen

Die erste Aargauer Nationalrätin war Ursula Mauch aus Oberlunkhofen

1979 wurde Ursula Mauch in den Nationalrat gewählt. Sie kämpfte vor 40 Jahren für die Änderung des Eherechts und somit auch dafür, dass die Gleichstellung auch in der Bundesverfassung ihren Platz fand. «Es ist traurig, dass man heute noch über Gleichberechtigung reden muss», so die heute 86-Jährige.

Sabrina Salm

«Ich habe mich gefreut und habe die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz sehr geschätzt», erinnert sich Ursula Mauch an den Sieg vor 50 Jahren an der Urne. Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt in den USA. Lebte dort mit ihrem Mann Samuel und ihren Kindern. Als sie vom Schweizer Ereignis in ihrem amerikanischen Freundeskreis erzählt hatte, staunten diese nur. «Sie konnten es gar nicht begreifen, dass dies in der Schweiz bisher noch nicht der Fall war», erzählt Mauch lächelnd. Sie war bereits vor dem Frauenstimmrecht politisch aktiv und behauptete sich in ihrem Chemiestudium am Technikum in Winterthur in der «Männerwelt». «Der Beruf als Chemiker war zu dieser Zeit nicht normal als Frau. Wir waren nur zwei Frauen in meinem Semester.»

Sie war bei der politischen Gruppe Team 67 Mitglied. Diese setzte sich für umwelt- und energiepolitische Anliegen ein. Ihre Kandidatur für den Ständerat scheiterte 1971. Von 1974 bis 1980 war sie dann SP-Grossrätin. 1979 wurde sie als erste Aargauer Frau in den Nationalrat gewählt. Vorurteilen, weil sie eine Frau war, begegnete sie nicht. «Klar gab es politische Auseinandersetzungen. Gegen mich als Fachfrau, aber nicht wegen meines Geschlechts.» Auch im Grossen Rat habe sie keine Diskriminierung erlebt. «Natürlich gab es Seitenhiebe, aber das bildete die Ausnahme.»

Überparteilich gekämpft für modernes Eherecht

Als erste Frau überhaupt stand sie einer Fraktion der Bundesversammlung vor, da sie Präsidentin der SP-Fraktion war. Ursula Mauch war es auch, die 1985 als erste Frau für den Aargauer Regierungsrat kandidierte. Man kann getrost sagen, dass Ursula Mauch zu den Pionierinnen in der Aargauer Politik zählt.

Als Technikinteressierte politisierte sie eher selten in den «klassischen Frauenthemen» wie Soziales. Im Nationalrat arbeitete sie immer sachbezogen. Reine Frauengruppierungen mied sie. Mit einer Ausnahme: Als es um die Erschaffung eines modernen Eherechts ging. Vor 40 Jahren fand dann auch die Gleichstellung in der Bundesverfassung einen Platz. Von nun an gilt: «Mann und Frau sind gleichberechtigt.» «Damals im Parlament war das Eherecht für die Frauen sehr wichtig. Die Parlamentarierinnen arbeiteten überparteilich eng zusammen», erzählt Ursula Mauch. «Wir hatten groben Gegenwind von den frommen Leuten. Sie argumentierten: So stehe es nicht in der Bibel.»

Leider sei heute die Teilnahme von Frauen an der Politik zu wenig selbstverständlich. «Nachdem wir uns noch für die Wahl von Ruth Dreifuss für den Bundesrat eingesetzt hatten, nahmen wir uns vor, nie mehr im Bundesrat ohne Frauen zu sein. Anders als beim Aargauer Regierungsrat klappt das.» Es sei jedoch auch schwierig, und vielleicht liege das auch an den Frauen selber, gibt sie zu bedenken.

Auch Männer können Familien und Beruf vereinbaren

Ursula Mauch wünscht sich von den Frauen mehr Selbstbewusstsein für prestigebringende und verantwortungsvolle Aufgaben. «Frauen führen immer eine Diskussion darüber, ob sie das denn können. Von einem Mann habe ich das noch nie gehört.» Weiter findet Mauch, dass es sehr wohl auch an den Männern liege, Familie und Beruf vereinen zu können. «Ich akzeptiere es nicht, wenn es heisst, dass Männer in gewissen Funktionen sich nicht an die Familie anpassen können. Es geht. Man muss es nur wollen.»

In den 50 Jahren habe sich viel getan. «Viele können es auch gar nicht fassen, dass die Frauen in der Schweiz erst seit 50 Jahren ein Stimmrecht haben.» Eigentlich sei es traurig, dass man überhaupt noch über die Gleichberechtigung sprechen müsse. Ursula Mauch findet: «Die Gleichberechtigung muss zur Selbstverständlichkeit werden.»


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