«Mein Beruf kam zu mir»
11.08.2023 Hägglingen, Region UnterfreiamtBernd Horn als Waffenplatzchef in Brugg im Dienste der Schweizer Armee
Bernd Horn arbeitet bei der Schweizer Armee. Dort bekleidet er den Rang eines Obersten im Generalstab und ist seit dem 1. Januar Kommandant der Genieschule 73 sowie Waffenplatzkommandant in der Kaserne ...
Bernd Horn als Waffenplatzchef in Brugg im Dienste der Schweizer Armee
Bernd Horn arbeitet bei der Schweizer Armee. Dort bekleidet er den Rang eines Obersten im Generalstab und ist seit dem 1. Januar Kommandant der Genieschule 73 sowie Waffenplatzkommandant in der Kaserne Brugg.
Britta Müller
Bernd Horn ist stolz, ein Freiämter zu sein, und fühlt sich sehr mit dieser Region verbunden. Aufgewachsen in Boswil, seinem Heimatort, hat es ihn nach vielen – auch beruflich begründeten – Umzügen immer wieder in seine Heimat zurückgezogen, wo er nun seit zehn Jahren mit seiner Lebenspartnerin Nadine Lerf in Hägglingen sesshaft ist.
In Boswil absolvierte er die Primarschule, bevor es dann weiter nach Muri in die Oberstufe ging. Am Ende der Schulzeit wusste er nicht, was er einmal werden wollte. Die Absolvierung einer Handelsschule in Aarau, eine kaufmännische Ausbildung bei der Korkstein AG, Boswil, der Einstieg im Auto-Elektro-Betrieb seines Vaters mit einer Anlehre als KFZ-Elektroniker sowie parallel die obligatorische Rekrutenschule öffneten ganz langsam seinen beruflichen Interessensfächer. «Ich hatte in dieser Zeit eigentlich nur den Sport und die typischen Jugendthemen im Kopf», erklärt Bernd Horn. Sein beruflicher Weg sollte sich ihm erst später eröffnen.
Kameradschaft als wichtiger Wert
Im Militärdienst im Berner Oberland lernte er seine persönlichen Fähigkeiten besser kennen. In seinem militärischen Umfeld kennt man ihn unter dem Namen Beni. «Ich glaube, dieser klingt ein wenig kumpelhafter und hat sich deshalb durchgesetzt, da die Kameradschaft ein wichtiger Wert im militärischen Alltag ist», erklärt er mit einem Schmunzeln. Es faszinierte ihn, mit Menschen aus der ganzen Schweiz zusammenzukommen, Neues zu erlernen, und es begeisterte ihn, in Teams seinen militärischen Beitrag zu leisten. «Ich erlebte zum ersten Mal, was eine intensive Kameradschaft und ein starker Zusammenhalt in schwierigen Situationen ausmachen», erzählt er. Als sehr sportlicher Rekrut erhielt er erstmals Führungsverantwortung als Sportleiter für einen Zug, also dreissig Rekruten. Diese führte dann zu einem Vorschlag für eine Kaderausbildung zum Gruppenführer, welchen er nach anfänglichem Zögern akzeptierte.
Lehrer und Polizist als Alternativen
Diese machte ihm schliesslich so grosse Freude, dass er sich dazu entschied, seine militärische Weiterbildung zum Offizier weiter fortzusetzen. «In dieser Zeit habe ich den Knopf aufgetan und gemerkt, dass ich mit Menschen zusammenarbeiten und als Ausbilder tätig sein will», teilt er mit einem Leuchten in den Augen mit. «Das ist bis heute meine Berufung, welche ich als Berufsoffizier mehrheitlich leben kann.» Dabei war ihm nicht von Anfang an klar, in welche Richtung es gehen sollte. Drei Optionen hatte er sich selber zurechtgelegt. Die Ausbildung zum Lehrer, die Aufnahmeprüfung zum Polizisten oder die Selektion zum Berufsoffizier. Die Verbundenheit zur Armee sowie der Gedanke, sich für die Sicherheit der Schweiz einzusetzen, sowie die Vielfältigkeit des Berufsbildes Berufsoffizier führten ihn zu seinem Entscheid, Teil des Berufskorps der Armee zu werden.
Bevor er jedoch die Ausbildung antreten wollte, benötigte er mehr Sicherheit und Erfahrung. Er meldete sich als Zeitsoldat bei den Logistiktruppen und kam in Bern, Fribourg und später auch bei den Übermittlungstruppen in Kloten als Kompaniekommandant zum Einsatz. Um Berufsoffizier zu werden, besuchte er die Militärakademie in Zürich und machte den Abschluss zum eidgenössisch diplomierten Berufsoffizier im Alter von 30 Jahren. «Die meisten Berufsoffiziere erlernen bereits in jüngeren Jahren den Beruf – mit meiner Vorgeschichte war ich als Quereinsteiger natürlich da schon etwas älter», erklärt er mit einem Lächeln. Wenn er heute zurückschaut, so stellt er fest, dass er seit diesem Einstieg im Durchschnitt alle drei Jahre eine neue Aufgabe übernommen hat und in diesem Zusammenhang immer weiter ausgebildet wurde. So gehörte er unter anderem dem Stab einer Brigade an und durfte als zugeteilter Stabsoffizier direkt dem Brigadegeneral als persönlicher Mitarbeiter und Berater dienen.
Viele Herausforderungen
Zwischenzeitlich verfügte er über einen ausserordentlichen Erfahrungsschatz. Er besuchte die Ausbildungsstätte für Höhere Kaderausbildung in der Armee (HKA) und wurde als Coach und Ausbilder ziviler Firmen und Führungspersonen im Rahmen von Leadership und Krisenmanagement eingesetzt. Bevor er wieder in seinen Heimatkanton Aargau zurückkehrte, wurde er zum Chef Projekte und Entwicklung des Kommandos Ausbildung in Bern ernannt. In diesem 3-Sterne-Kommando durfte er die militärische Unternehmensentwicklung im Bereich Ausbildung anhand der Vision 2030+ der Armeeführung mitgestalten und aufbauen. «Der Schwerpunkt lag in der Kommunikation, Kultur und Digitalisierung sowie dem Dienstleistungsmodell», sagt Bernd Horn und ergänzt: «Das sind nach wie vor aktuelle Themen und grosse Herausforderungen, mit denen wir die Rahmenbedingungen für die zukünftige Ausbildung in der Armee weiterentwickeln wollen.»
Vielen ist sicherlich nicht bekannt, dass auch die Berufsmilitärs – gleich wie jeder männliche Schweizer Bürger – dienstpflichtig sind. Im Beruf bei den Genietruppen tätig, blieb er in seinen Milizfunktionen der Logistikbrigade treu. Speziell waren die Einsätze an der Tour de Suisse, der Ski-WM, am ESAF und weiteren Anlässen. «Ich hatte Glück, diese Erfahrungen sammeln zu dürfen und dass ich nie einen schweren Unfall in meinem Verantwortungsbereich hatte», sagt er mit nachdenklicher Stimme. «Ich hoffe, dieses Glück bleibt mir hold.»
Was zeichnet Bernd Horn aus? «Ich habe grossen Spass darin, neue Herausforderungen anzunehmen und an diesen zu wachsen, was die Berufsoffizier-Lauf bahn auch automatisch mit sich bringt», sagt er und meint damit auch, dass die zwischenzeitlich angeeigneten Fähigkeiten ihn weitergebracht haben. Sei dies im Militär wie auch im zivilen Umfeld. Hat er einen hohen Anspruch an sich selbst? «Ich möchte meine Arbeit immer sehr gut machen und meinen Unterstellten als Beispiel vorangehen sowie dabei mithelfen, das System Armee weiterzuentwickeln, um den heutigen Anforderungen noch gerechter zu werden.»
Sicherlich sind seine Einstellung und militärische Ausbildung eine optimale Ausgangslage für seine Aufgabe als Kommandant in Brugg. In der Genieschule73 führt er rund 50Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zirka 600Milizangehörige der Armee während den Rekrutenschulen. Ebenfalls ist er verantwortlich für die Unteroffiziersausbildung sowie die Waffenplatzbelange. Ein Ziel von Bundesrätin Viola Amherd lautet, den Frauenanteil auf 10 Prozent zu erhöhen bis 2030. Bernd Horn macht deutlich, dass es noch zu wenig Frauen sind, die in Brugg Dienst leisten. «Für mich ist Sicherheit auch weiblich», sagt er. Er stellt aber fest, dass es gerade in seiner Genieschule mit ihrem Handwerkerprofil bei der Rekrutierung schwierig ist, mehr Frauen zu gewinnen.
Frauen tun der Armee gut
Dabei sind Frauen auch in diesen Fachgebieten wichtig – was einige unter seiner Leitung bereits bewiesen haben. «Je diverser ein Team ist, also wenn neben dem Geschlecht auch beispielsweise unterschiedliche Kulturen und Religionen vertreten sind, desto polyvalenter ist dieses», sagt er und ergänzt: «Ich nehme positiv wahr: Dort, wo Frauen in den Teams vertreten sind, gibt es mehr Fähigkeiten und somit einen besseren Teamspirit.»
Mehr Vielfalt bedeutet aber auch grössere Herausforderungen – mit welchen muss er im Alltag umgehen? Selbstverständlich geht es um Themen wie Gender, Kultur und Religion. Da muss auch das Essensangebot auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Vegane, vegetarische oder laktosefreie Speisen müssen nach Bedarf zusätzlich bereitgestellt werden. Auch andere Themen wie Burn-out, sexuelle Belästigung, Machtmissbrauch und Mobbing können ihn beschäftigen. Das sind sehr herausfordernde Themen. Mit präventiven Massnahmen und Sensibilisierungen bei den Kadern gibt es zum Glück selten Verfehlungen in diesen Bereichen. «Wir sind ein Spiegelbild der Gesellschaft und können charakterliche Defizite nicht in der kurzen Zeit, in der die jungen mündigen Bürger und Bürgerinnen bei uns Dienst leisten, wettmachen», sagt er ernst.
Aus alten Strukturen ausbrechen
Seit Kurzem werden Begegnungszonen für Mitarbeiter und die Milizangehörigen bereitgestellt. Die Kaserneninfrastrukturen bieten heute zu wenig für die Anforderungen der jungen Schweizer Bürgerinnen und Bürger. «Wir benötigen mehr Sportinfrastrukturen, Aufenthaltsbereiche und Begegnungszonen, welche eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung an Randzeiten zulassen und so eine Entlastung zum militärischen Alltag bieten», meint er. Er lanciert für die aktuelle Rekrutenschule das Pilotprojekt «CAMPUS», in welchem er aus alten Strukturen ausbricht und neue Wege ausprobiert. Mit dem Menschen arbeiten, gemeinsam im Austausch sein und bleiben, gehört zu seinen Erfolgsfaktoren. «Ausserdem ist es mir wichtig, dass, wenn Fehler gemacht werden, wir daraus lernen», sagt er. Bei sicherheitsrelevanten Themen gilt aber die Nulltoleranz.
Neben seinem Job bringt er sich in verschiedenen Vereinen mit ein. Seit einigen Jahren ist er im Lions Club Freiamt tätig. Des Weiteren ist er unter anderem Präsident des Aargauer Genievereins und Mitglied der Offiziersgesellschaft Freiamt sowie der Gesellschaft der Generalstabsoffiziere. «Das Milizprinzip ist der Erfolgsgarant der Schweiz», sagt er. «Es wird in Zukunft entscheidend sein, dass es weiterhin Schweizer Bürger gibt, die bereit sind, zugunsten unserer Gesellschaft mehr zu leisten, ohne den eigenen Profit ins Zentrum zu stellen.» Sei dies in der Armee, der Feuerwehr, der Politik, in Sportvereinen oder anderen Institutionen. «Ich hoffe, die Generation Z erkennt dieses Erbe an», wünscht der Hägglinger sich.
Ukraine als Thema
Inwieweit beschäftigt ihn und sein Umfeld in Brugg der Krieg in der Ukraine? «Dieser Krieg ist omnipräsent und beschäftigt uns sehr. Die Armee und somit auch wir Genisten richten uns anhand des aktuell gültigen sicherheitspolitischen Berichts gezielt auf neue Bedrohungen und Gefahren aus.» Bis vor Kurzem wurden die Genietruppen für subsidiäre Dienstleistungen vor allem im Bereich Unterstützung bei Naturkatastrophen eingesetzt. Aktuell geht es darum, die Fähigkeiten im Verteidigungsfall wieder vermehrt zu trainieren. «Es besteht aber keine Unruhe – die Stimmung ist gut», bestätigt er und ergänzt dazu, «wir spüren aber auch, dass der Sinn nach einer funktionierenden Armee in der Bevölkerung erkannt und wohlwollend betrachtet wird.»
Hat er bei all dieser intensiven Arbeit neben den vielen persönlichen Ausbildungen noch Zeit für Privates? Bernd Horn lehnt sich entspannt zurück, lacht und sagt: «Mit Nadine habe ich Gott sei Dank einen sehr starken Anker in meinem Leben gefunden.» Neben der Partnerin leben in Hägglingen zwei Katzen, die ihn ebenfalls erden. Für weiteren Ausgleich helfen ihm sein Garten, das Fitnesstraining, welches er zu Hause im Keller regelmässig absolviert, oder er setzt sich auf seine Harley und fährt eine gemütliche Runde um den Hallwilersee. In den Ferien geht er gerne wellnessen zum Entspannen.
Uniform mit Stolz tragen
Was fasziniert ihn am Militär? «Ich möchte einen Beitrag für die Sicherheit unseres schönen Landes leisten. Es ist für mich nicht selbstverständlich, dass ich das Glück habe, in einem Land wie der Schweiz leben zu dürfen. Dies ist vergleichbar mit einem Lottosechser», begründet er. Für ihn ist es auch ein ideologischer Ansporn, die Uniform mit Selbstverständlichkeit und Stolz zu tragen. Sicherlich könnte er seinen Beitrag auch bei der Feuerwehr oder der Politik umsetzen. «Die Arbeit kam bislang zu mir – ich hatte keinen Karriereplan», erklärt er, «dazu muss man aber offen und neugierig sein.» Was allein sein Wesen, wenn man ihm gegenübersitzt, bestätigt. Sicherlich helfen ihm sein Ehrgeiz, Fleiss und seine Disziplin – wenn er etwas anfängt, bringt er es auch zu Ende. So auch dieses Gespräch, für das er sich ausserordentlich viel Zeit genommen hat, bevor ihn der Alltag als Kommandant der Genieschule 73 in seiner Kaserne in Brugg wieder einholt.