Noch grösser denken
23.04.2025 WohlenDie Wohler Sängerin Marlin ist «SRF 3 Best Talent» des Monats April
Lo & Leduc, Crimer und Steff La Cheffe hatten schon die Ehre – und wurden im Anschluss zu nationalen Grössen. «SRF 3 Best Talent» ist Auszeichnung und Plattform ...
Die Wohler Sängerin Marlin ist «SRF 3 Best Talent» des Monats April
Lo & Leduc, Crimer und Steff La Cheffe hatten schon die Ehre – und wurden im Anschluss zu nationalen Grössen. «SRF 3 Best Talent» ist Auszeichnung und Plattform zugleich. Jetzt ist die Reihe an einer jungen Wohler Sängerin. Die noch viel vorhat in diesem Jahr.
Chregi Hansen
Die Auszeichnung kam für sie völlig unerwartet. Die Wohlerin war gerade an der Arbeit, als Moderatorin Céline Werdelis sie anrief. «Ich dachte, es sei nur ein kurzer Call wegen des geplanten Interviews für die Sendung ‹punktCH› im Zusammenhang mit meiner neuen EP», erzählt sie.
Dass es dabei um die Auszeichnung «Best Talent» ging, kam für sie völlig überraschend. «Diese Auszeichnung bedeutet mir sehr viel. Ich habe in den letzten Jahren unglaublich viel Zeit, Energie und Herz in meine Musik gesteckt. Oft ohne zu wissen, ob das überhaupt wahrgenommen wird. Daher war das ein sehr emotionaler Moment für mich», gibt sie zu. Für sie war es wie eine Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg ist. «Ich war ehrlich gesagt erst einmal sprachlos und hab dann direkt Gabiga angerufen. Wir haben uns sehr gefreut.»
2019 den ersten Song produziert
Mit dem Dottiker Produzenten verbindet sie eine lange Freundschaft. «Unsere Zusammenarbeit ist etwas Besonderes. Wir kennen uns seit der zweiten Kanti und haben damals angefangen, zusammen Musik zu machen. Seitdem sind wir ein starkes Team. Gabiga gibt mir musikalisch viel Raum und bringt gleichzeitig neue Impulse rein. Er fordert mich heraus, aber er fängt mich auch auf, wenns mal nicht läuft», erzählt sie. Der Dottiker hat 2019 ihren ersten Song produziert und war auch bei ihrem neusten Werk, der kürzlich erschienenen EP, wieder mit von der Partie. «New Her» heisst das Werk, das auf wunderbare Weise R&B mit Pop verschmelzen lässt.
Doch zurück zu «SRF3 Best Talent». Mit diesem Titel zeichnet das Schweizer Radio jeden Monat aufstrebende Musiker aus der Schweiz aus und stellt sie je einen Monat lang in den Fokus. An den Swiss Music Awards besteht dann die Möglichkeit, zum «SRF 3 Best Talent» des Jahres gewählt zu werden und einen Förderpreis von 10 000 Franken zu erhalten. Die Auszeichnung kann der Startschuss einer grossen Karriere sein. So war im Juni 2024 Zoë Më «SRF 3 Best Talent». Und vertritt nun die Schweiz am Eurovision Song Contest. Entsprechend begeistert waren auch die Reaktionen in Marlins Umfeld. «Ich habe unglaublich viele liebe Nachrichten und Komplimente bekommen», erzählt sie. Auch von Menschen, die sie nicht kennt. «Besonders berührend waren die Rückmeldungen von Leuten, die mir geschrieben haben, wie sehr sie sich in meinen Texten wiederfinden konnten oder wie sehr sie der Liveauftritt bewegt hat. Solche Reaktionen bedeuten mir fast noch mehr als jede Auszeichnung.»
Echtes Interesse gespürt
Verbunden mit der Auszeichnung war ein Besuch im Radiostudio. Eine Stunde lang stellte sich die Wohlerin den Fragen von Céline Werdelis. Und spielte live einige Songs zusammen mit ihrer Band. «Das war auf jeden Fall eine ungewohnte, aber sehr besondere Erfahrung», schaut sie auf den Auftritt zurück. Es waren nur die Band, zwei Kameraleute und sie im Raum. «Abgesehen von der Musik war es still und fast schon intim – fast so, als würden wir nur für uns selbst spielen. Gleichzeitig war mir bewusst, dass da draussen Tausende zuhören. Im Moment selbst konnte ich das gar nicht richtig realisieren. Trotzdem war da eine besondere Energie. Ich war nervös, aber auf eine gute Art.» Auch das Interview empfand sie als positiv. «Ich hatte das Gefühl, dass echtes Interesse da war. Das hat mir geholfen, mich trotz Nervosität wohlzufühlen und bei mir zu bleiben.»
Sie investiert viel – und ist unglaublich diszipliniert
Marlin weiss genau: Solche Plattformen sind extrem wichtig, gerade in einem kleinen Land wie der Schweiz. «Man wird sichtbarer, knüpft neue Kontakte, bekommt Konzertanfragen oder wird für andere Projekte angefragt», sagt sie. Ihrem Ziel, später einmal von der Musik leben zu können, kommt sie so Schritt für Schritt näher. Mittlerweile verdient sie einen Teil ihres Einkommens mit Musik – hauptsächlich durch Auftritte. «Aber fast genauso viel investiere ich auch wieder zurück in meine Kunst», fügt sie an. Marlin arbeitet Teilzeit und nutzt den Rest ihrer Zeit für Musik. Es sei ein Prozess. Dabei geht sie inzwischen sehr strukturiert vor. «Disziplin war früher nicht meine Stärke», gibt sie zu, aber sie arbeite stetig an gesunden Routinen. Meistens startet sie mit Meditation und Journaling (dem kreativen Festhalten von Gedanken) in den Tag, danach arbeitet sie an Songs, macht Content, Gesangsübungen und spielt Gitarre. Am Nachmittag geht sie oft ins Gym – «das ist für mich ein wichtiger Ausgleich». Bei all der Routine sei es als Künstlerin aber wichtig, flexibel zu bleiben. Manchmal verschieben sich Prioritäten, je nachdem, welche Projekte gerade anstehen. «Nicht jeder Tag läuft nach Plan und das ist auch okay», sagt sie.
Ihr Ziel: Die Menschen mit ihrer Musik berühren
Viel Zeit nimmt sie sich für ihre Songs. Die entstehen auf ganz unterschiedliche Weise. «Manchmal kommt plötzlich eine Textzeile, aus der sich die ganze Story ergibt. Manchmal spiele ich einfach Gitarre und finde dabei eine Melodie, die sich gut anfühlt», berichtet Marlin. Sie lasse sich stark von Gesprächen, Beobachtungen und ihrem Privatleben inspirieren. Sie schreibe manchmal allein oder im Studio mit Gabiga, arbeite aber auch gerne mit anderen zusammen, wenn es sich richtig anfühlt. Ihr Ziel: Die Menschen mit ihrer Musik zu berühren – ganz egal, wo sie im Leben stehen. «Ich möchte, dass sie sich verstanden fühlen und den Mut finden, sich selbst treu zu bleiben, auch in schwierigen Phasen. Ich will Nähe schaffen, Emotionen greifbar machen und zum Nachdenken anregen. Wenn jemand einen Song hört und denkt, genau so fühle ich mich auch, dann habe ich mein Ziel erreicht.»
Stolzer Grossvater
Marlin ist in der Schweiz aufgewachsen, hat aber Wurzeln in Ghana und Uganda. Durch ihren Vater fand sie als Kind bereits zum R&B, Hip-Hop, Reggae und Rap der 90er- und 00er-Jahre. Heute interessiert sie sich vor allem für Künstler und Künstlerinnen, die sich nicht in Schubladen stecken lassen. Etwa Bina, Jessie Reyez, Jordan Rakei und Erykah Badu. «Aber auch Bob Marley läuft bei mir immer wieder. Das ist die Musik, mit der ich aufgewachsen bin – mein Vater ist ein grosser Fan. Für mich ist das ein Stück Kindheit und Heimat», erzählt sie. Ebenso wichtig wie ihr Vater ist für sie ihr Grossvater – von ihm hat sie im Radiointerview mehrfach gesprochen. «Mein Grossvater war unglaublich stolz. Schon Tage vor dem Auftritt hat er immer wieder davon gesprochen. Er ist wirklich einer meiner grössten Fans und Supporter. Das berührt mich sehr», erzählt sie. Aber auch der Rest ihrer Familie und ihre Freunde und Freundinnen seien total happy. «Sie stehen hinter mir und geben mir Rückhalt.»
Grosse Auftritte stehen an
Mit diesem Rückhalt und dem Titel als «Best Talent» startet sie nun in den Sommer, in dem Auftritte an einigen schönen Festivals anstehen – unter anderem das «Stars in Town» in Schaffhausen und das Radar Festival in Zürich. Auch neue Musik ist in Planung: Am 25. April erscheint eine gemeinsame Single mit Cossmo, die während der Zeit in der Zermatt Unplugged Mountain Academy entstanden ist. Ihr Weg hat eben erst begonnen. Und soll sie immer weiter nach vorne bringen. Die Auszeichnung hilft ihr dabei. «Sie motiviert mich, noch grösser zu denken», sagt die junge Wohler Sängerin zum Schluss.