Nun ist definitiv Schluss

  26.11.2021 Bünzen

Bünzen: Marlise Müller verabschiedet

16 Jahre, vier Legislaturen. So lange stand Marlise Müller der Gemeinde Bünzen vor. «Es war mir eine Ehre», sagt sie zum Schluss.

Der Applaus nimmt kein Ende. Marlise Müller steht auf der Bühne der Bünzer Turnhalle. «Das tut gut», sagt sie. Einige hätten gesagt, sie habe Haare auf den Zähnen. «Das braucht es als Frau, die führt.» Und das tat Marlise Müller 16 Jahre lang. Als Gemeindeammann setzte sie sich für die Gemeinde ein – und das an ganz vielen Fronten. «Es war nicht immer einfach, trotzdem war es eine schöne Zeit», blickt sie an ihrer letzten Gemeindeversammlung zurück.

Einen solchen Abschluss hatte sie vor vier Jahren schon. Damals wollte Müller eigentlich zurücktreten, eine Nachfolge fehlte aber. Also sprang sie nochmals ein. Nun ist definitiv Schluss. Und an der «Gmeind» wurde auch klar, wer in ihre Fussstapfen als Ammann treten will: Marcel Riesen. Zudem wurden mit Patrick Rüttimann und Peter Huber zwei weitere langjährige Mitglieder des Gemeinderates verabschiedet. --ake


Mit Wehmut von der Bühne

An der «Gmeind» in Bünzen wurden gleich drei langjährige Ratsmitglieder verabschiedet

Patrick Rüttimann seit 11 Jahren, Peter Huber seit 14 Jahren und Marlise Müller seit 16 Jahren. Auf einen Schlag verliert die Gemeinde ganz viel Erfahrung und Wissen. «Wir haben jeden Entscheid zum Wohle unseres Dorfes gefällt», betont die scheidende Frau Gemeindeammann Marlise Müller.

Annemarie Keusch

Wer ihr Nachfolger wird? Im Dorf kursierten ab und zu Gerüchte. Am Abend der Gemeindeversammlung kam Klarheit in die Sache. «Ich kandidiere als Gemeindeammann», verkündet Marcel Riesen. Damit ist die letzte Vakanz im künftigen Bünzer Gemeinderat beseitigt. Es ist der Abschluss einer turbulenten Zeit in Bünzen. «Es gab sachliche und weniger sachliche Diskussionen», blickt Ammann Marlise Müller zurück. Die vertieften Abklärungen für eine mögliche Fusion mit Boswil, das Referendum, die Rücktritte. Auf der politischen Ebene war in Bünzen in den letzten Monaten viel los. «Teilweise ging der Anstand verloren», sagt Müller.

Dass man es nicht allen recht machen könne. Dass man ein dickes Fell brauche. Das sagt Marlise Müller an diesem Abend mehrmals. Die 16 Jahre im Gemeinderat haben sie gelehrt. Trotzdem sagt sie am Schluss: «Ich habe das Amt gerne und mit Leidenschaft ausgeübt. Ich verlasse die politische Bühne mit Wehmut.» Sie werde die Begegnungen vermissen, die Diskurse, die Zusammenarbeit mit den Kollegen. Es sei Dankbarkeit, die sie nun verspüre. «Für das Vertrauen, für die Direktheit.» Der Respekt, überhaupt zu kandidieren, sei gross gewesen vor 16 Jahren. «Und er ist geblieben. Nach wie vor bin ich vor jeder Gemeindeversammlung nervös.»

Es war ihr eine Ehre
Stefan Kuhn, einziger Verbleibender im Gemeinderat, blickte auf Müllers viele Jahre im Dienst der Öffentlichkeit zurück. «Sie war neun Jahre Stimmenzählerin. Die meisten würden sagen, dass sie ihres getan haben.» Marlise Müllers Engagement ging aber erst richtig los, in der Finanzkommission, seit 2006 als Gemeinderätin und direkt als Vizeammann, zehn Monate später als Gemeindeammann. Die Liste ihrer Verdienste sei lang. Das Mehrfamilienhaus an der Dorfstrasse 1, das Wasserreservoir, Reglemente und, und, und. «Hinzu kamen zig kleine Aufgaben im Politalltag. Marlise ist in all den Jahren immer gesprungen», sagt Kuhn. Gesetzestreu zu sein und alle gleich zu halten, das sei ihr wichtig gewesen. «Nun gehst du, nach vier Legislaturen. Du hast immer das Beste gegeben für die Gemeinde, dafür sagen wir einfach nur Danke.»

Der Applaus, der folgte, war lang anhaltend. «Das tut gut», gibt Marlise Müller zu. Es sei ihr eine Ehre gewesen, Bünzen gegen aussen zu vertreten. Und der Bevölkerung gab sie letzte Worte als Gemeindeammann mit: «Bleiben Sie offen für Neues, es ist spannend, aufgeschlossen zu sein. Und bleiben Sie kritisch.»

Durch dick und dünn
Zuvor war es an Marlise Müller, ihre langjährigen Weggefährten im Gemeinderat zu verabschieden. «Dass ich das überhaupt tun muss, hätte ich nie gedacht. Ich meinte immer, ich sei die Erste, die geht.» Mit Patrick Rüttimann und Peter Huber bildete sie über zehn Jahre ein Team. «Gemeinsam sind wir durch dick und dünn gegangen, haben heisse Eisen angefasst. Danke, dass wir diesen Weg so lange gemeinsam gehen konnten.» Politik sei die Kunst, Lösungen zu finden. Es sei eine Aufgabe, die viel zurückgebe. «Es ist schön, nachhaltig mitgestalten zu können», hält sie fest.

Patrick Rüttimann beschreibt sie als unkompliziert, bodenständig, direkt und humorvoll. «Wir haben viel telefoniert miteinander, viel diskutiert und viel gelacht.» Rüttimann kümmerte sich um das Ressort Schule. «Als Mann ohne Kinder hättest du anfangs wohl lieber ein anderes Ressort übernommen, aber abgeben wolltest du es später doch nicht mehr», blickt Müller zurück. Peter Huber betreute das Ressort Finanzen. «Du wusstest wichtig und nichtig zu unterscheiden, wenn es um den Steuerfranken ging.» Auch von seinem Flair fürs Technische hätten der Gemeinderat und die Verwaltung immer wieder profitiert. «Dein Wort hat in Diskussionen Gewicht. Du bist offen, direkt.» Beide seien sie keine Kopfnicker-Gemeinderäte gewesen. «Es gab viele schöne, aber auch fordernde Momente», sagt Marlise Müller. Wer sich einsetze, setze sich eben aus. Wie sehr die drei zusammen funktionierten, zeigten die spontanen, aber innigen Umarmungen.

Zwei «Urgesteine»
Zudem wurden auch langjährige Kommissionsmitglieder verabschiedet. Elmar Huwyler engagierte sich 36 Jahre in der Steuerkommission, von 1986 bis 2001 als Ersatzmitglied, seit 2002 als Mitglied. «Ein Urgestein», formuliert es Marlise Müller. Gleiches gilt für Paul Müller, der von 2003 bis 2005 Stimmenzähler-Ersatz und seit 2006 Stimmenzähler war. «Ein alter Hase, der alles akribisch zählt, bei der Abstimmung zu den vertieften Abklärungen gar viermal.» Und auch die Schulpflegemitglieder Simone Müller, Renato Engel und Adrian Rosenberg wurden dankend verabschiedet. «Für eure Arbeit gibt es eine glatte 6 im Zeugnis.»


Die Beschlüsse

Von den 773 Stimmberechtigten nahmen deren 104 an der Einwohnergemeindeversammlung teil. Ohne Diskussionen und mit grosser Mehrheit wurde das Protokoll genehmigt. Gleiches gilt für das Kreditbegehren von 110 000 Franken für zusätzlichen Schulraum (Schulcontainer) und für die Satzungen der Kreisschule Bünz. Keine Diskussionen gab es auch bei den drei Krediten, die die Besenbürerstrasse betreffen. 150 000 Franken für behindertengerechte Bushaltestellen sowie einen Personenunterstand, 225 000 Franken für die Deckbelagssanierung, Kontrollschächte sowie Beleuchtung und 370 000 Franken für den Ersatz der Wasserleitung wurden bewilligt. Auch das Kreditbegehren von 90 000 Franken für die Teilsanierung des Radwegs Bünzen– Waldhäusern wurde diskussionslos angenommen.

Wortmeldungen gabs zum Budget. Im Zentrum stand der Betrag, den die Gemeinde der Musikgesellschaft jährlich zahlt. Wegen eines Rechtsstreits wollte der Gemeinderat diesen um 2000 Franken auf 3000 Franken senken. Maurus Schober stellte den Antrag, diesen bei 5000 Franken zu belassen. Dieser Antrag wurde mit 62 Jagegenüber 31 Nein-Stimmen angenommen. Dem damit ergänzten Budget gaben 88 Stimmberechtigte ihre Stimme. Unter Verschiedenes informierte der Gemeinderat unter anderem über den Stand der BNO-Revision. Die Verwaltung komme zusehends an ihre Kapazitätsgrenzen, darum werden das Einbürgerungs-, das Inventurund das Sozialwesen auf der Kanzlei in Boswil vorbereitet. «Die Entscheidungsbefugnis bleibt beim Bünzer Gemeinderat», hält Ammann Marlise Müller fest. Was die vertiefte Prüfung einer möglichen Fusion mit Boswil betrifft, orientierte Müller, dass die Bildung der Arbeitsgruppen erst im zweiten Quartal des nächsten Jahres angegangen wird. «So können sich die neuen Gemeinderätinnen und -räte zuerst in die Dossiers einlesen.» --ake

 

 


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