Ohne Spezialeffekte kaum tragbar
11.06.2024 WohlenDie Finanz- und Geschäftsprüfungskommission zur Jahresrechnung 2023 der Gemeinde
Nur dank der Aufwertungsreserve und dem kantonalen Finanzausgleich nähert sich die Rechnung der Gemeinde Wohlen an eine rote Null. Die Investitionen und Schulden steigen, die ...
Die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission zur Jahresrechnung 2023 der Gemeinde
Nur dank der Aufwertungsreserve und dem kantonalen Finanzausgleich nähert sich die Rechnung der Gemeinde Wohlen an eine rote Null. Die Investitionen und Schulden steigen, die Steuereinnahmen pro Kopf stagnieren weitgehend. Die aktuellen Zahlen bereiten der FGPK Sorgen.
Daniel Marti
Die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission hat die Jahresrechnung 2023 eingehend geprüft. Sie weist ein negatives Ergebnis von minus 0,31 Millionen Franken aus. Die FGPK ruft dabei in Erinnerung, dass im Gesamtergebnis die Entnahme aus den Aufwertungsreserven über 1,62 Millionen sowie die Einnahmen aus dem kantonalen Finanzausgleich über 4,87 Millionen Franken enthalten sind. «Ohne diese Spezialeffekte würde das Gesamtergebnis minus 6,8 Millionen Franken betragen.» Das sind die effektiven Tatsachen, das ist die Realität.
Deshalb betrachtet die FGPK mit «Sorge die unterdurchschnittliche Steuerkraft der natürlichen Personen und das geplante Investitionsvolumen». Daraus resultieren auch steigende Abschreibungs- und Unterhaltskosten.
Etliche kritische Werte bei den Kennzahlen
Der Selbstfinanzierungsgrad (20,1 Prozent) ist «klar ungenügend» und liegt deutlich unter dem langjährigen Mittel von 66,2 Prozent, das Kantonsmittel liegt gar bei 95,5 Prozent. Also düstere Aussichten.
Die FGPK hat diverse Bereiche unter die Lupe genommen. So beträgt der prozentuale Steuerausstand des aktuellen Rechnungsjahres 19,5 Prozent und hat sich gegenüber dem Vorjahr um 0,4 Prozent verbessert. Der Durchschnittswert der Aargauer Gemeinden liegt bei 14,3 Prozent. Die Entwicklung dieser Kennzahl müsse weiterhin im Auge behalten werden, schreibt die Kommission unter dem Vorsitz von Daniel Heinrich (Mitte).
Eine kritische Grösse hat eine weitere Kennzahl: die Selbstfinanzierung. Diese liegt im Jahr 2023 bei 20,13 Prozent und somit 12,44 Prozent unter dem Vorjahreswert. Gemäss Richtlinien sollte die Marke von 50 Prozent nicht unterschritten werden. Und die FGPK warnend weiter: «Die Selbstfinanzierungs- und Verschuldungskennzahlen werden sich durch die geplanten zukünftigen Investitionen negativ entwickeln.»
Auch bei der Steuerkraft pro Person liegt die Gemeinde Wohlen deutlich unter dem aargauischen Mittel. Im Jahr 2023 waren es in Wohlen 1974 Franken pro Einwohner, das kantonale Mittel liegt bei 2521 Franken. Wohlen ist von dieser Marke um 22 Prozent entfernt. Andererseits ist die Nettoschuld pro Einwohner auf 3196 Franken angestiegen, wobei die Marke von 2500 Franken als tragbar eingestuft wird. Und die Darlehensschulden betragen mittlerweile 70,2 Millionen Franken. Tendenz steigend. Der durchschnittliche Zinssatz machte auch einen Sprung: von 1,00 auf 1,26 Prozent.
Zur Erfolgsrechnung. Das betriebliche Ergebnis liegt im vergangenen Jahr bei minus 3,05 Millionen Franken. Trotz Finanzertrag (1,29 Millionen) und dem budgetierten Aufwertungsreserve-Betrag (1,44 Millionen) wurde also ein negatives Ergebnis von minus 0,31 Millionen erwirtschaftet. Im Vorjahr war es noch ein Plus von 4,48 Millionen.
Empfehlung zur finanziellen Lage
Bezüglich des Finanzplans und des daraus abgeleiteten Investitionsprogramms «empfehlen wir, pragmatische, nachhaltige und finanzierbare Lösungen zu finden», schreibt die Kommission. Der Steigerung der Steuerkraft der natürlichen Personen müsse «weiterhin grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden». Gleichzeitig müsse die Zunahme des Nettoaufwands gebremst werden.
Der Ausgaben- und Finanzplan 2025 bis 2034 zeigt auf, dass aufgrund der hohen Investitionen die jährlichen Abschreibungen ab dem Jahr 2027 ein Niveau von 7,4 Millionen Franken erreichen. «Damit muss die Selbstfinanzierung zwingend ebenfalls dieses Niveau erreichen, um ein ausgeglichenes Ergebnis der Erfolgsrechnung zu erzielen. Sollte dies nicht gelingen», so die FGPK, «würde die erwartete sehr hohe Fremdkapitalverschuldung noch weiter ansteigen.» Und ein weiterer Anstieg des Zinsniveaus wäre unter diesen Umständen eine «starke Belastung für das Finanzhaushaltsgleichgewicht».