Corina Haller stellte der Historischen Gesellschaft Freiamt ihre Masterarbeit vor
«Der Niedergang der Stroh- und Hutgeflechtindustrie im Freiamt». Diesem Thema hat Corina Haller ihre Masterarbeit an der Uni Bern gewidmet. Nun gab sie den Mitgliedern der ...
Corina Haller stellte der Historischen Gesellschaft Freiamt ihre Masterarbeit vor
«Der Niedergang der Stroh- und Hutgeflechtindustrie im Freiamt». Diesem Thema hat Corina Haller ihre Masterarbeit an der Uni Bern gewidmet. Nun gab sie den Mitgliedern der Historischen Gesellschaft Freiamt einen Einblick in diese entscheidende Epoche der Strohindustrie.
Daniel Marti
Zusammen mit Daniel Güntert interviewte Corina Haller über 30 Personen, welche die Strohindustrie in Wohlen noch selbst erlebt oder sogar in diesem Industriebereich mitgearbeitet haben. Diese Interviews wurden ein wichtiger Bestandteil einer Ausstellung im Schweizer Strohmuseum vor zwei Jahren. Das Oral-History-Projekt, also mündlich überlieferte Geschichte, kam bestens an. «Vor allem der Niedergang der Strohindustrie hat Wohlen und das Freiamt geprägt», schaut Corina Haller zurück.
Die Interviews liessen sie nicht mehr los. Und so wurden die Gespräche zur Grundlage für ihre Masterarbeit mit dem Namen «Der Niedergang der Stroh- und Hutgeflechtindustrie im Freiamt». Diese Interviewpartnerinnen und -partner sind für Corina Haller alles «Persönlichkeiten. Und das Wissen über ihre Arbeiten konnte so erhalten bleiben. Wir haben diese Menschen bei den Interviews einfach sprechen lassen.» Und da sei es nicht immer nur um Fakten und Daten gegangen. «Nein, da ging es auch um Gefühle und Emotionen.» Wäre dies in den Gesprächen nicht eingefangen und aufgezeichnet worden, «wären sie irgendwann nicht mehr präsent», so Haller.
Bundesratsbesuch und prägende Gebäude
Vor allem diese Erfahrungen waren der Startschuss zu ihrer Masterarbeit. «Aber das allein reichte natürlich nicht», gab sie in ihrem Referat bei der Historischen Gesellschaft Freiamt zu. Und darum konzentrierte sie sich vor allem auf den Niedergang der einst so bedeutungsvollen und glorreichen Strohindustrie. Dieser Niedergang spielte sich in den Jahren 1950 bis 1990 ab. Und da beleuchtete sie auch einzelne besondere Ereignisse, wie beispielsweise den Bundesratsbesuch im Jahr 1966 in der Fabrik von Martin Bruggisser. Anfänglich war ein Besuch über Stunden geplant, «letztlich wurden daraus knapp zehn Minuten, aber dafür waren alle sieben Bundesräte in Wohlen anwesend», erzählte sie. Trotz der Kürze war es ein spezielles Ereignis für ganz Wohlen.
Corina Haller widmete sich auch dem Wohler Ortsbild. «Die Strohindustrie hat das Ortsbild geprägt, und es ist erstaunlich, wie viele Gebäude aus der Strohindustrie heute noch zu bestaunen sind.» Sowohl Werkstätten als auch Fabriken und Villen. Haller nannte das markante Gebäude der Georges Meyer AG, die Bleichi oder die Villa Isler, die nun das Strohmuseum beherbergt. Oder das Alters- und Pflegezentrum Bifang, denn das Land wurde beim Bau durch die Strohindustriellen von Wohlen zur Verfügung gestellt. «Anhand der Gebäude lässt sich manche Geschichte erzählen.» Bis hin zur globalen Bedeutung und Entwicklung der Strohindustrie, dies liess sich auch an der Architektur der verschiedenen Gebäude erkennen.
Corina Haller schaute sich auch die Berichterstattung über den Niedergang genauer an. Da gab es deutliche Unterschiede zwischen lokalen und nationalen Schlagzeilen und Storys. National wurde über das Scheitern viel intensiver recherchiert als zu Hause in Wohlen, wo die blühende Vergangenheit eher thematisiert wurde.
«Es ist eine Ehre für mich, meine Arbeit in der Jahresschrift der Historischen Gesellschaft Freiamt publizieren zu dürfen», sagte Corina Haller noch. Und deshalb wollte sie über das Fazit des Niedergangs nicht allzu viel verraten. Diese Jahresschrift wird erst im nächsten Frühling erscheinen. «So sind wir so richtig gwundrig auf diese Schrift», sagte Martin Allemann, Präsident der Historischen Gesellschaft Freiamt.
Viele Gründe für den Niedergang
Ein paar wenige Details hat sie dann doch noch verraten. «Es gibt ganz viele Gründe für den Niedergang», so Haller weiter. Die Marktverschiebungen, das Aufkommen von Billigware aus Japan und China oder die Veränderungen der Modebranche. «Und so spielten auch der Erste und der Zweite Weltkrieg eine Rolle. Oder auch die Ölkrise.» Das Fazit nimmt in ihrer Masterarbeit, die rund 150 Seiten umfasst, natürlich einen wesentlichen Teil ein. In konzentrierter Form wird dies dann in der Jahresschrift der Historischen Gesellschaft Freiamt nachzulesen sein. Corina Haller hat nun mal alle Interessierten im Strohmuseum «gluschtig und gwundrig» gemacht – so, wie vom Präsidenten der Historischen Gesellschaft angekündigt.