Protestnote an den Gemeinderat
10.01.2025 WohlenDienstbarkeitsvertrag mit Stach AG: Vorgehen des Gemeinderates erntet von Ortsbürgergemeinde viel Kritik
Es war keine schöne Geschichte kurz vor Weihnachten. Der Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrags durch den Gemeinderat hat damals einigen Staub aufgewirbelt. ...
Dienstbarkeitsvertrag mit Stach AG: Vorgehen des Gemeinderates erntet von Ortsbürgergemeinde viel Kritik
Es war keine schöne Geschichte kurz vor Weihnachten. Der Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrags durch den Gemeinderat hat damals einigen Staub aufgewirbelt. Nun wehren sich neun Ortsbürger, die gleichzeitig dem Einwohnerrat angehören, mit einer Protestnote. Der Gemeinderat wird damit mit aller Schärfe kritisiert.
Daniel Marti
Nicht weniger als neun Einwohnerratsmitglieder, die zudem Ortsbürgerinnen und Ortsbürger sind, zeigen ihren Unmut und ihre Unzufriedenheit über das Vorgehen des Gemeinderates. Manfred Breitschmid, Roland Büchi, Peter Christen, Claudia Hauri (alle SVP), Stefanie Dietrich, Ruedi Donat, Sonja Isler-Rüttimann (alle Mitte), Laura Pascolin (SP) und Philipp Stäger (Grünliberale) haben ein Dokument unterzeichnet und damit eine Protestnote an den Gemeinderat gerichtet. Mit der Beteiligung von Ratsmitgliedern aus vier Parteien ist das Vorgehen auch breit abgestützt.
Ignoranz und «klare Verletzung unserer Volksrechte»
Es geht dabei um den Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrags zwischen der Ortsbürgergemeinde Wohlen, vertreten durch den Gemeinderat, und der Stach Investment AG, Schindellegi (siehe Ausgabe vom Freitag, 20. Dezember). Das Vorgehen des Gemeinderates hat damals ganz viele Ortsbürgerinnen und Ortsbürger sowie ein vierköpfiges Initiativkomitee verärgert.
Zur schriftlichen Protestnote, die beim Gemeinderat deponiert wurde: «Der Gemeinderat von Wohlen hat als Vertreter der Ortsbürgergemeinde entschieden, die Interessen der Ortsbürgerinnen und Ortsbürger zu ignorieren. Mit der Unterzeichnung des Dienstbarkeitsvertrags wird der Initiative, die mit 200 gültigen Unterschriften unterstützt wurde, jegliche Bedeutung genommen», so die einleitenden Worte. Dieses Vorgehen sei eine «klare Verletzung unserer Volksrechte und muss entschieden verurteilt werden. Es zeigt nicht nur einen Mangel an Fingerspitzengefühl, sondern auch ein Versagen im politischen Verantwortungsbewusstsein.»
Vertragsunterzeichnung rückgängig machen
Die Unterzeichnenden prangern zudem die «schlechten Informationsflüsse und die mangelnde Transparenz des Gemeinderats» an. Es wurden laut Protestschreiben wichtige Entscheidungen – wie die Unterzeichnung des Dienstbarkeitsvertrags – nicht rechtzeitig öffentlich gemacht. «Das lnitiativkomitee und die Ortsbürgerinnen und Ortsbürger fühlen sich dadurch übergangen, da die Initiative zur Rückübertragung der Entscheidungskompetenz an die Ortsbürgerversammlung nicht mehr berücksichtigt wird.»
Am 19. Dezember verfasste das Initiativkomitee bereits eine Stellungnahme (siehe Ausgabe vom 20. Dezember). Die neun Einwohnerratsmitglieder, welche die Protestnote unterzeichnet haben, unterstützen diese Haltung. Und sie fordern nun den Gemeinderat nachdrücklich auf, «die Vertragsunterzeichnung rückgängig zu machen und unsere demokratischen Rechte zu respektieren». Besonders nach der letzten Ortsbürgergemeindeversammlung vom 2. Dezember 2024 sei der Gemeinderat dazu verpflichtet. Weil an dieser Gemeindeversammlung klar aufgezeigt wurde, wie mit dem Parkensemble des betroffenen Anwesens Villa Isler und dem Vermögen der Ortsbürgergemeinde umzugehen sei.
Fünf klare Forderungen
Die neun unterzeichnenden Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte der Ortsbürgergemeinde fordern, «dass in diesem wichtigen Verfahren das Volk das letzte Wort hat». Konkret werden fünf wesentliche Aspekte verlangt: Die Überprüfung der Einhaltung des Verkaufsvertrags von 2007 zwischen Rudolf lsler und der Ortsbürgergemeinde im Zusammenhang mit dem Dienstbarkeitsvertrag der Stach Investment AG, Schindellegi SZ. – Die Wahrung des Ensembleschutzes. – Die Erhaltung des Vermögens der Ortsbürgergemeinde. – Eine Überprüfung des Vorgehens durch den Gemeinderat. – Transparenz und frühzeitige Informationen über die relevanten Projekte der Ortsbürgergemeinde.
Mit diesen fünf Forderungen werden die neun unterzeichnenden Politikerinnen und Politiker wohl auch einer Mehrheit der Ortsbürgergemeinde aus dem Herzen sprechen. Immerhin ein knappes Drittel aller Ortsbürgerinnen und Ortsbürger hat damals die angesprochene Initiative unterschrieben. 200 Unterschriften – dies war ein rekordverdächtiges Ergebnis.
«Überbauung macht Sinn»
Dieter Säger, FDP-Einwohnerrat
Nicht alle Ortsbürger, die gleichzeitig auch Einwohnerrat sind, haben die Protestnote unterschrieben. Am deutlichsten setzt sich hier Dieter Stäger von der FDP ab. Seine Haltung teilte Stäger persönlich auch Ruedi Donat, Sprecher des Initiativkomitees, mit.
Der Dienstbarkeitsvertrag, den der Gemeinderat abgeschlossen hat, stellt für ihn kein Ärgernis dar. Die fragliche Parzelle am Freihofweg sei wahrlich keine Augenweide. Verdichtung in den Zentren sei jedoch wichtig, um mit rarer werdendem Bauland haushälterisch umzugehen, urteilt Stäger. «Aus diesen Gründen macht eine Überbauung meines Erachtens sehr viel Sinn. Dass die ursprünglichen Besitzer der Parzelle bei der Abparzellierung das Thema Parkierung offenbar nicht geregelt haben, ist für die Ortsbürgergemeinde nicht von Belang.» Wichtig sei, dass sich das Projekt der Firma Stach städtebaulich genügend einfügt und den Bauvorschriften der Gemeinde Wohlen entspricht.
«Die Anlage kostet die Ortsbürger viel Geld»
Rings um das Strohmuseum habe es nicht nur architektonische Meisterleistungen, so Stäger weiter. «Meines Wissens sind nicht die Bäume auf der Grenze geschützt, sondern das Ensemble, also die Sicht darauf.» Und die Bedingungen, die der damalige Verkäufer der Isler-Villa ausgehandelt hat, empfindet Stäger als Zumutung: «Hätte die Familie Isler die Parzelle inklusive der mehr oder weniger maroden Gebäude der Ortsbürgergemeinde geschenkt, hätte ich ein wenig Verständnis dafür.» Der Preis sei auch aus heutiger Sicht sehr gut für die Verkäufer gewesen. «So schön die Anlage ist – auch ich schätze es, dass es diese Oase im Herzen Wohlens gibt –, sie kostet die Ortsbürgergemeinde jedes Jahr viel Geld.» Gleichzeitig werde dem «Otto-Normal-Verbraucher» stets das Gefühl vermittelt, «man dringe in ein Heiligtum ein. Dabei sollte es doch ein öffentlicher Park sein.» --dm