Schluss nach 49 Jahren
16.04.2024 Fahrwangen, Region UnterfreiamtIm April 1975 begann Hanspeter Frey aus Muri seine Lehre in der Schreinerei Fischer in Fahrwangen. Er blieb dem Betrieb all die Jahre treu, übernahm vor 19 Jahren auch dessen Geschäftsleitung. Nun aber ist Schluss. Sein letzter Mitarbeiter hat eine neue Stelle gefunden, Frey selbst geht ...
Im April 1975 begann Hanspeter Frey aus Muri seine Lehre in der Schreinerei Fischer in Fahrwangen. Er blieb dem Betrieb all die Jahre treu, übernahm vor 19 Jahren auch dessen Geschäftsleitung. Nun aber ist Schluss. Sein letzter Mitarbeiter hat eine neue Stelle gefunden, Frey selbst geht in Pension. Und will sich noch mehr für die Murianer Ortsbürger einsetzen, deren Präsident er ist. --chh
Etwas Wehmut und viel Vorfreude
Hanspeter Frey schliesst seine Schreinerei in Fahrwangen nach 49 Jahren am gleichen Ort
In wenigen Tagen ist Schluss. Dann gehen in der Schreinerei Fischer und Frey in Fahrwangen die Lichter aus. «Es ist der richtige Zeitpunkt», sagt der Murianer Hanspeter Frey, der vor 49 Jahren seine Lehre an diesem Ort begonnen hat, dem Betrieb immer treu blieb und ihn fast 20 Jahre lang führte.
Chregi Hansen
Eigentlich endet die Geschichte ein Jahr zu früh. Würde er noch ein Jahr weitermachen, käme er genau auf 50 Jahre im Betrieb. Und die Schreinerei selber auf genau 100 Jahre. Zudem könnte Hanspeter Frey dann das 20-Jahr-Jubiläum als Inhaber und Geschäftsführer feiern. 2025 wäre also eigentlich perfekt zum Aufhören.
«Das höre ich immer wieder von Freunden», berichtet Frey und lacht. Und winkt ab. «Für mich stimmt es so. Ich bin jetzt 66 Jahre alt, habe also schon ein Jahr länger gearbeitet. Und zum Weitermachen müsste ich noch einen weiteren Mitarbeiter suchen. Aber wer würde sich das antun, für ein Jahr zu kommen.» Zudem geht auch seine Frau diesen Frühling in Pension. «Wir haben jetzt die Möglichkeit, gemeinsam die Zeit zu geniessen», freut sich Frey. Die Vorfreude ist gross.
Höhen und Tiefen erlebt – doch das Positive überwiegt
Noch macht ihm das baldige Ende nicht zu schaffen. Derzeit erledigt er noch einige letzte Aufträge. Dann geht es ans Aufräumen. Am 24. Mai wird das gesamte Inventar verkauft – die Aufgabe übernimmt ein professioneller Liquidator. «Alles muss weg», lacht Frey. Das wird vermutlich der Moment, wenn ihm bewusst wird, dass nun Schluss ist. 49 Jahre lang war diese Werkstatt in Fahrwangen sein Arbeitsplatz. «Es war eine gute Zeit, auch wenn es natürlich schwierigere Phasen gab», sagt er. Und er hätte sich gefreut, wenn er einen Nachfolger gefunden hätte. «Drei Jahre lang habe ich gesucht, aber niemanden gefunden.»
Am 21. April 1975, also fast auf den Tag genau vor 49 Jahren – hat Hanspeter Frey seine Lehre in Fahrwangen begonnen. Er erinnert sich noch genau. Josef Brühlmann, der frühere Restaurator des Klosters Muri und ein Freund der Familie, hatte seinerzeit selber die Lehre bei Firmengründer Fritz Fischer gemacht. Der hatte seine Werkstatt 1925 eröffnet und war anfänglich spezialisiert auf Grammofon-Trichter. 1965 übernahm dessen Sohn Walter den Betrieb. Und zu ihm nahm Brühlmann den jungen Frey mit, um ihn dort vorzustellen. «Ich hatte sofort die Zusage, musste nicht mal schnuppern», erzählt der heutige Inhaber.
Grosse Stammkundschaft aufgebaut
Das Arbeiten mit Holz hat ihn schon in jungen Jahren fasziniert. Schreiner werden, das war sein grosser Wunsch. Und er blieb seinem Lehrmeister treu – sein ganzes Arbeitsleben lang. «Das liegt bei uns in der Familie. Meine Schwester hat ihre Stelle auch nie gewechselt», erzählt er. Umgekehrt ermöglichte ihm Walter Fischer immer wieder Weiterbildungen. Und gab ihm den Freiraum für seine sportlichen Aktivitäten – Hanspeter Frey war ein talentierter und zeitweise ehrgeiziger Langläufer. 17-mal hat er den Engadiner absolviert. Jetzt dann wieder mehr Zeit für den Sport zu haben, darauf freut er sich. «Einfach mal wieder bei schönem Wetter aufs Bike sitzen und losfahren», schaut er voraus.
Die Fahrwanger Schreinerei erlebte Höhen und Tiefen. Einst arbeiteten zehn Personen hier, zuletzt waren es nur noch drei. «Wir wollten gar nicht grösser werden. Wir sind spezialisiert auf Innenausbauten, Möbel, Küchen und Bäder. Bei uns sind praktisch alle Arbeiten Einzelanfertigungen und wir stellen fast alles im Betrieb her», erzählt der Murianer. Diese Vielseitigkeit und den Kontakt zu den privaten Kunden, das hätten er, aber auch die Mitarbeiter geschätzt. «Wir haben viele Stammkunden. Kürzlich meldete sich einer, der vor fast 50 Jahren bei Walter Fischer seine Haustür herstellen liess. Er habe gehört, dass wir schliessen. Und er wollte noch ein neues Schloss einbauen lassen. Und zwar von uns», erzählt Frey.
Werbung hätten sie nie gross gemacht, die Fahrwanger Schreinerei lebte von Mund-zu-Mund-Propaganda und der guten Zusammenarbeit mit einzelnen Architekten. Bekannt war die Firma im ganzen Seetal, aber dank den guten Beziehungen des Murianer Ortsbürgers auch im Bünztal. «Wir haben uns nie um die ganz grossen Aufträge bemüht, aber wir waren meist gut ausgelastet.»
Letzter Auftrag am 24. April
Im Jahr 2005 übernahm Hanspeter Frey das Geschäft von Walter Fischer. Er passte den Firmennamen zwar an in Fischer + Frey AG, liess aber den Namen des Gründers drin. Einerseits, weil der Begriff Fischer bewährt war. Aber auch aus Dankbarkeit. «Walter und ich haben viele Jahre gut miteinander gearbeitet. Er hat mir früh Verantwortung übertragen. Und nach der Übergabe kam er zwar oft vorbei, hat mir aber nie dreingeredet», erklärt Frey. Nicht zuletzt gehört die Liegenschaft in Fahrwangen der Familie Fischer. Was daraus wird, ist noch unklar.
Am 24. April wird Hanspeter Frey seinen letzten Auftrag ausführen. Er tut dies bei einem guten Freund, mit ihm kann er dann anschliessend gleich auf seinen Ruhestand anstossen. Langweilig wird es ihm aber auch in Zukunft nicht. Der Murianer ist seit 2002 Mitglied der Ortsbürgerkommission und nun schon in der dritten Amtsperiode deren Präsident. «Ich bin ein Murianer. Abgesehen von ein paar Monaten, in denen mein Haus gebaut wurde, habe ich immer hier gelebt», sagt er. Und für die Ortsbürger will er sich auch weiterhin einsetzen. Nach seiner Pensionierung auch vermehrt im Rebberg. «Die brauchen Verstärkung, da packe ich jetzt gerne mit an», schaut er schon voraus. Daneben will er das Leben geniessen, etwas reisen, Sport machen und etwas Zeit mit den Grosskindern verbringen. Nach 49 Jahren im gleichen Betrieb hat er sich diese Freiheit verdient.