Schule Merenschwand
03.11.2023 MerenschwandPilotprojekt an der Schule Merenschwand
Praxis anstatt nur Theorie. Im Medien- und Informatik-Unterricht in Merenschwand ist das eine grosse Erfolgsgeschichte.
«Bei diesem Kapitel bietet es sich einfach an», sagt Lara Widmer. Sie ist ist ...
Pilotprojekt an der Schule Merenschwand
Praxis anstatt nur Theorie. Im Medien- und Informatik-Unterricht in Merenschwand ist das eine grosse Erfolgsgeschichte.
«Bei diesem Kapitel bietet es sich einfach an», sagt Lara Widmer. Sie ist ist Klassenlehrperson und PICTS-Verantwortliche der Schule Merenschwand. Komponenten von Laptops kennenlernen, an Geräten schrauben, selber versuchen, sie neu aufzusetzen – so lauten die Lernziele. «Das alleine im Klassenzimmer zu machen, wäre schwierig», sagt Widmer. «Wir lernen weiter» und Tobias Schär bieten die Lösung. --ake
Mit Praxis Theorie ergänzen
Schule Merenschwand setzt auf Zusammenarbeit mit Betrieb der Privatwirtschaft
Das Innenleben eines Computers oder eines Smartphones kennenlernen. Es ist das erste Kapitel des Medien- und Informatikunterrichts der 6. Klasse. Statt dies nur in theoretischer Form im Schulzimmer zu behandeln, arbeitet die Schule Merenschwand mit «Wir lernen weiter» zusammen. Ein Pilotprojekt, das rundum erfolgreich war.
Annemarie Keusch
Es ist dem Leuchten in den Kinderaugen anzusehen. Auch durch die Schutzbrille. Alle lachen. Wenn sie einen gefundenen Bestandteil eines Laptops in die Kamera oder am Schluss das Zertifikat in den Händen halten. «Ein voller Erfolg», schwärmt Lara Widmer. Sie ist Klassenlehrperson einer 6. Klasse in Merenschwand und zusätzlich eine von drei PICTS-Verantwortlichen. Heisst, sie kümmert sich um den pädagogischen ICT-Support an der Schule. «Die Kinder hatten unglaublich viel Spass am Workshop. Was ich ihnen mühsam zu erklären versuchen würde, haben sie an diesem Nachmittag handelnd erlebt.» Welche Bestandteile in einem Laptop zu finden sind, wie diese aussehen, sich selbst beim Zusammenbauen eines Geräts zu versuchen. «Im Schulzimmer wäre das unmöglich», sagt Widmer.
Mit dem Lehrplan 21 ist Medien und Informatik ein Schulfach, das ab der fünften Klasse unterrichtet wird.
«Ab dem Kindergarten sind diese Themen aber Bestandteil des Lehrplans», weiss Lara Widmer. Altersgerechtes Lernen ist auch hier das Stichwort. «Während es im Kindergarten vielleicht darum geht, das Gerät einzuschalten und erste Handlungen zu tätigen, wird es laufend komplexer.»
Dem Thema Raum und Ressourcen geben
Natürlich gehört zu Medien und Informatik auch die Ausstattung der Schule mit entsprechenden Geräten. «Wir haben dafür ein eigenes Konzept entwickelt. Denn uns war es wichtig, dass wir die Geräte nicht einfach anschaffen, sondern sie dann auch entsprechend nutzen», sagt Schulleiter Stefan Woodtli. Zumal die Anschaffung an der «Gmeind» damals zu keinerlei Diskussionen führte. «Wir sind es den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ein Stück weit schuldig, diese Geräte nun gezielt und mit maximaler positiver Wirkung für die Schülerinnen und Schüler einzusetzen.» Die Schule Merenschwand schaffte entsprechende Ressourcen, bildete drei Personen zu PICTS aus. «Eine CAS-Ausbildung, die fast zwei Jahre dauert», erklärt Lara Widmer. Die PICTS kümmern sich um die ICT-Themen an der Schule, verfolgen Trends, aktuelle Themen. «Das heisst nicht, dass wir Drucker reparieren. Es geht um den pädagogischen Ansatz», betont sie.
Schon vor der Pandemie startete der PICTS-Einsatz in Merenschwand. Die Zeiten des Fernunterrichts waren wie ein Turbo für die Weiterentwicklung. Und die passierte auch bei den Lehrpersonen. «Drücken kann sich niemand mehr. Medien und Informatik sind Teil des Lehrplans», sagt Stefan Woodtli. Trotzdem, die Bandbreite ist laut Lara Widmer gross. «Einige brauchen viel Betreuung, um digitale Themen in den Schulalltag aufzunehmen, andere haben gar keine Unterstützung notwendig.» Workshops brachten alle auf einen ähnlichen Stand. Jetzt helfen Coachings, die die Lehrpersonen niederschwellig beanspruchen können. «Durchschnittlich sind es rund vier Lektionen pro Woche», sagt Lara Widmer.
Begeisterte Schülerschaft
«Connected» heisst das Lehrmittel, mit dem die Schule Merenschwand im Bereich Medien und Informatik unterwegs ist. «Die allererste Lektion damals mit 24 Kindern war schon sehr überfordernd», erinnert sich Lara Widmer. Mittlerweile sei nicht nur sie versierter, sondern auch die Kinder. «Sie bringen die Fähigkeiten mit, die ihnen ab dem Kindergarten vermittelt werden. Und es ist ein Thema, das sie sehr begeistert. Plakate gibts bei Vorträgen kaum mehr, alle machen Powerpoint-Vorträge.»
Software, Hardware, einzelne Bestandteile der Geräte. Diese Themen sind im ersten Kapitel der 6. Klasse im Vordergrund. «Wie soll ich das vermitteln? Ich kann selber keinen Laptop in Einzelteile zerlegen.» Es sind solche Fragen, die sich wohl nicht nur Lara Widmer stellte. Die theoretischen Grundlagen erarbeiten ist das eine, aber Praxis hilft viel mehr. Und da kommt Tobias Schär mit seinem Projekt «Wir lernen weiter» ins Spiel. Seit 2020 setzen er und sein mittlerweile stark angewachsenes Team in Merenschwand ausrangierte Laptops neu auf, verteilen sie und ermöglichen so digitale Bildung. Mit über tausend Gemeinden schweizweit arbeitet er mittlerweile zusammen. Vor zwei Jahren waren es Kinder der Schule Merenschwand, die einen ersten Workshop ausprobierten. Weil dieser gut ankam, verfolgte Schär das Projekt weiter. Nun ist es die Schule Merenschwand, die für den Medien- und Informatik-Unterricht, konkret für dieses eine Kapitel, mit ihm zusammenarbeitet.
Verschiedene positive Nebeneffekte
Einen ganzen Nachmittag tauchen die Schülerinnen und Schüler, in Halbklassen aufgeteilt, ein in die Welt der Laptops. An drei Posten schrauben sie Geräte auf, lernen die Komponenten kennen, setzen selber einen Laptop auf. «Sie können den Unterrichtsstoff handelnd erleben», fasst Lara Widmer zusammen. In einem Wettbewerb wenden sie das Erlernte in Gruppen an. «Zu sehen, wie die Kinder in einer Stresssituation zusammenarbeiten, ist wirklich schön», sagt Schär. Überfachliche Kompetenzen kommen zum Zug.
Nach den ersten erfolgreichen Workshops plant er, dieses Angebot auszubauen. 20 seien nächstes Jahr geplant, fünf sind schon durch die Schule Merenschwand belegt. Für Lara Widmer ist klar: «Diese Zusammenarbeit ist für uns Lehrpersonen eine riesige Entlastung.» Und Tobias Schär betont: «ICT lässt sich auch theoretisch lernen, aber das Praktische machts viel einfacher.» Die Begeisterung ist viel schneller da und sie ist nachhaltiger. «Wenn es hilft, dass mehr Kinder technische Berufe erlernen, weil sie in diesem Workshop mit ihnen in Kontakt treten, dann wäre das ein toller Nebeneffekt», sagt Schulleiter Woodtli. Ebenso sieht Schär praktische Nebeneffekte. «Wenn die Kinder lernen, wie sie einen Laptop reparieren und neu aufsetzen, dann werfen sie das Gerät nicht beim kleinsten Schaden weg.»
Eine Win-win-win-Situation. So nennt es Woodtli. Der Verein «Wir lernen weiter», die Schule, die Kinder, alle profitieren. Nur für Schär bringt es Herausforderungen mit sich. «Wir haben nicht die Kapazität für noch viel mehr Workshops.» Aber Ideen, wie er dies sonst lösen könnte, hat er bereits.