Sehr gefragtes Angebot
23.04.2025 WohlenSeit einem Jahr gibt es in Wohlen einen Madame-Frigo-Kühlschrank
Der gelbe Kühlschrank an der Unteren Farnbühlstrasse 50 fällt auf. Und das soll er auch. Denn hier darf jeder Lebensmittel deponieren oder sich bedienen. Damit leistet Jacqueline Karrer ...
Seit einem Jahr gibt es in Wohlen einen Madame-Frigo-Kühlschrank
Der gelbe Kühlschrank an der Unteren Farnbühlstrasse 50 fällt auf. Und das soll er auch. Denn hier darf jeder Lebensmittel deponieren oder sich bedienen. Damit leistet Jacqueline Karrer einen Beitrag gegen Food Waste. «Es ist toll, wie gut das Angebot genutzt wird», sagt sie.
Chregi Hansen
«Ich kann gar nicht glauben, dass wir erst vor einem Jahr gestartet sind. Ich dachte, das sei schon viel länger her», sagt Karen Hug. Sie ist Projektleiterin bei der Caritas. Und freut sich, dass nach dem Start in Wohlen viele weitere Standorte gefolgt sind. Inzwischen stehen an sechs Orten der Region Kühlschränke von Madame Frigo.
Für Jacqueline Karrer, die den Startschuss zu dieser Erfolgsgeschichte gab, ist die Zeitrechnung einfacher. «Mein Sohn war damals ein Jahr alt, nun ist er zwei geworden», erzählt sie schmunzelnd. Und der Sohn trägt eine Teilschuld daran, dass an der Unteren Farnbühlstrasse nun Lebensmittel ihre Besitzer wechseln. Sie hatte ab und an zu viel Babybrei im Haus und überlegte sich, wie sie diesen Menschen geben kann, welche ihn noch brauchen können. Bei der Recherche im Internet ist sie auf das Konzept von Madame Frigo gestossen. Und war sofort begeistert.
Privathaushalte spielen bei Food Waste eine grosse Rolle
Madame Frigo ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Luzern, der einen Beitrag gegen Food Waste leisten will. Dabei spielen Privathaushalte eine grosse Rolle, gehören sie doch in der Schweiz zu den grössten Verursachern von Lebensmittelverschwendung. So landet rund ein Drittel aller Lebensmittel im Abfall. Mit öffentlichen Kühlschränken bietet Madame Frigo der Schweizer Bevölkerung eine praktische und einfache Handlungsmöglichkeit, den eigenen Food Waste zu reduzieren. Gleichzeitig fördern die Kühlschränke das gesellschaftliche Engagement. Das Konzept ist ganz einfach: Wer zu viel hat, legt Sachen in den Kühlschrank. Wer zu wenig hat, bedient sich daraus.
Mit ihrer Anfrage offene Türen eingerannt
Das gefällt Jacqueline Karrer. «Wir leisten einen Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Und helfen Menschen, die Unterstützung nötig haben», sagt sie. Sie hat sich bei Madame Frigo gemeldet und erfahren, dass die Caritas schon lange nach einem möglichen Standort in Wohlen sucht. «Das war sozusagen ein Match», lacht Karen Hug. Tatsächlich beschäftigte sich die Caritas schon länger mit dem Projekt. Mit ihrer Anfrage rannte Jacqueline Karrer also offene Türen ein. Nur ihr Mann war anfangs nicht begeistert von der Idee, dass vor dem Haus ein öffentlich zugänglicher Kühlschrank steht. «Er hatte die Befürchtung, dass darin dann viel Abfall abgelagert wird», erzählt seine Frau.
Ein Jahr später lässt sich sagen: Die Befürchtungen waren unbegründet. «Das Konzept funktioniert, das Angebot wird seit dem ersten Tag rege genutzt», freut sich Karrer. Da der gelbe Madame-Frigo-Kühlschrank direkt vor ihrem Wohnhaus steht, bekommt sie es manchmal mit, wie Leute zum Haus kommen und etwas deponieren. «Sie kommen mit dem Auto, dem Velo oder auch zu Fuss», stellt sie fest. Und meist dauert es nicht lange, bis die deponierten Lebensmittel von jemand anderem abgeholt werden. Bei den Bezügern schaut sie nicht so genau hin, wer hier vorbeikommt. «Wir haben den Standort des Kühlschranks extra so gewählt, dass wir ihn vom Fenster aus nicht direkt sehen», erklärt sie. Dass die Untere Farnbühlstrasse «nur» eine Quartierstrasse sei, erachtet sie sogar als Vorteil. Bei einem Standort in einer belebten Umgebung hätten die Bezüger vielleicht eher Hemmungen.
Jacqueline Karrer, die sich auch sonst gesellschaftlich stark engagiert, ist ein grosser Fan des Projekts. «Ich höre ab und zu die Kritik, dass das Ganze nicht funktioniere, denn der Kühlschrank sei meist leer. Aber das liegt eben daran, dass das Ganze so gut läuft. Es bleibt nichts lange liegen», sagt die Standortbetreiberin. Dabei bleibe der Aufwand für sie im Rahmen. Im Normalfall wird einmal täglich zum Rechten geschaut und kontrolliert, ob nicht etwa abgelaufene oder unverpackte Waren im Kühlschrank deponiert wurden. Regelmässig wird der Kühlschrank auch geputzt. Dabei kann sich Karrer auf ein Team von insgesamt sechs Personen stützen, die sich absprechen und die Aufgabe teilen.
Ihre Erfahrung nach einem Jahr: Es kommt höchst selten vor, dass Lebensmittel deponiert werden, die nicht geeignet seien. «Anfangs gab es auch den Fall, dass jemand sein nicht fertig verzehrtes Menü hineingestellt hat, das geht natürlich nicht», berichtet Karrer. Darum habe man nun ein Blatt mit «Regeln» aufgehängt. Seither läuft es gut. Und sie staunt, was den Weg in den Frigo findet. So fand sie an einem Tag ein Sechserpack eines modernen Hip-Getränks, von dem offenbar nur eine Flasche getrunken wurde. «Ich war neugierig und habe es probiert. Aber es hat mir auch nicht geschmeckt», lacht sie. Und ab und zu findet sie auch Geschenke, welche die Benützer der Betreiberin hinterlassen. Eine schöne Geste, wie sie findet. Aber auch «Tischlein deck dich» greift auf das Angebot zurück, wenn nach dem Verteilen Lebensmittel übrig bleiben, und deponiert sie hier. Hauptsache, es wird nichts weggeschmissen.
Dank Wohlen bekannt in der Region
Die Caritas wiederum ist froh um die Initiative von Jacqueline Karrer. Dank dem gelungenen Start in Wohlen wurde das Projekt in der Region bekannt, entwickelte danach eine gewisse Eigendynamik. So gibt es nun auch solche Kühlschränke in Bremgarten, Muri, Zufikon, Jonen und Fischbach-Göslikon. «Von allen hören wir, dass es gut läuft. Wir hoffen, dass noch weitere dazukommen. Gerade in einer Gemeinde wie Wohlen dürfte es mehr als einer sein», sagt Projektleiterin Karen Hug. Die Caritas hilft gerne mit, wenn sich jemand für dieses Projekt engagieren will. Sei es als Standortbetreiber oder als freiwilliger Helfer. Zudem hilft sie mit beim Aufstellen der Kühlschränke in der gelben Box. Auf dass das Motto des Teilens statt Wegwerfen sich weiter verbreitet.
Mehr Infos zum Projekt und alle Standorte findet man unter: www.madamefrigo.ch.