Sie waren ein richtiges Team

  07.12.2021 Bünzen

In Bünzen verlassen per Ende Jahr drei langjährige Mitglieder den Gemeinderat

Marlise Müller, 16Jahre. Peter Huber, 14Jahre. Patrick Rüttimann, 11Jahre. Per Ende der Amtsperiode verliert der Bünzer Gemeinderat 41Jahre Erfahrung. Die drei blicken zurück auf ihre gemeinsame Zeit.

Annemarie Keusch

Miteinander. Das ist das Wort, das im Gespräch mit den drei langjährigen Bünzer Gemeinderäten wohl am meisten fällt. «Wir haben alle Herausforderungen angenommen und miteinander Lösungen erarbeitet», sagt etwa Gemeindeammann Marlise Müller. Nie wäre sie so lange im Rat geblieben, wenn dieser nicht als wirkliches Team funktioniert hätte. Erst recht, weil die Arbeit im Bünzer Gemeinderat oft nicht auf fünf Schultern verteilt werden konnte, weil Gemeinderäte fehlten.

Elf Jahre verbrachten Marlise Müller, Peter Huber und Patrick Rüttimann gemeinsam im Gemeinderat. Sie waren die Konstanten und wurden über die Jahre von verschiedenen weiteren Ratsmitgliedern ergänzt. «Es war eine schöne Zeit. Wir konnten im Rat immer sachlich diskutieren. Manchmal dauerte das ziemlich lange. Aber am Schluss konnten alle hinter einem Entscheid stehen», sagt Patrick Rüttimann. Peter Huber spricht von einer guten Streitkultur, die im Rat herrschte.

Privat keinen Kontakt

Viel haben sie miteinander telefoniert, diskutiert, einander geholfen. «Wir waren ein richtiges Team», sagt Marlise Müller. «Wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen können», fügt Patrick Rüttimann an. Alle kannten sie einander auch schon vor ihrer Zusammenarbeit im Gemeinderat. «Wie man sich eben kennt in kleinen Dörfern», meint Peter Huber. Privat hatten die drei nie Kontakt untereinander, auch jetzt nicht.

Die drei schauen zurück auf viele geglückte Projekte, aber auch auf Momente, die negative Spuren hinterlassen haben. Am Schluss ihrer langen Amtszeit sagen sie nicht ohne Stolz: «Wir haben es gut gemacht.» Sie betonen aber auch, einfach das gemacht zu haben, für das sie gewählt worden sind – sich für die Gemeinde einzusetzen. Nun treten alle drei zurück – aus ganz unterschiedlichen Gründen.


Bereut haben sie es nie

Über zehn Jahre wirkten Patrick Rüttimann, Peter Huber und Marlise Müller im Bünzer Gemeinderat mit

Ende Jahr ist Schluss. Mit dem Rücktritt von Marlise Müller, Peter Huber und Patrick Rüttimann geht im Bünzer Gemeinderat eine Ära zu Ende. Sie blicken zurück auf erfolgreiche Geschäfte, aber auch auf schwierigere Momente. «Wir wünschen den Neuen nur das Beste», betonen sie.

Annemarie Keusch

Das Gute weitertragen, das weniger Gute möglichst schnell vergessen. So soll es sein. «Es war eine schöne Zeit», sagt Marlise Müller. Patrick Rüttimann und Peter Huber nicken. Sie blicken auf viele Jahre im Bünzer Gemeinderat zurück, Müller auf 16, Huber auf 14 und Rüttimann auf 11. Noch ist aber das Negative nicht ganz vergessen. «Es ist schon so, dass die Anstandsgrenze gesunken ist», sagt Marlise Müller. Den gleichen Eindruck teilt Patrick Rüttimann. «Es hat zugenommen, dass die Leute nicht mehr direkt auf uns zukommen, sondern hintenrum reden.»

Trotzdem sind es die positiven Gefühle, die überwiegen. «Nein, bereut habe ich es nie, überhaupt kandidiert zu haben», sagt Patrick Rüttimann. Er ist der Dienstjüngste der drei, die nun zurücktreten. Und er ist derjenige, der nicht bei der ersten Anfrage zusagte. «Ich habe zweimal abgesagt, als ich für den Gemeinderat angefragt wurde», sagt er. «Später», das sei auch eine seiner Ausflüchte gewesen. Aber er hielt sich daran. «Ich bin in Waldhäusern aufgewachsen, lebe hier. Ich fühle mich dem Dorf sehr verbunden», sagt er. Bünzen als Gemeinderat etwas zurückgeben, das habe er gerne gemacht. «Jeder setzt doch die Freizeit nur für etwas ein, das ihm gefällt. Das ist bei mir nicht anders.»

Von der Finanzkommission in den Gemeinderat

Nicht beim ersten Mal Ja gesagt hat auch Peter Huber. Als ehemaliges Mitglied und ehemaliger Präsident der Finanzkommission wurde er für den Gemeinderat angefragt und lehnte dankend ab. «Mit der Zeit gab ich dann nach», sagt er und kann heute darüber lachen. Dieses Lachen dürfte wohl auch über Marlise Müllers Gesicht gehuscht sein nach Peter Hubers Zusage. «Aber er machte mich fast wahnsinnig, als die Anmeldung zur Kandidatur einfach nicht abgegeben wurde», blickt Marlise Müller zurück. Huber gab die Anmeldung noch ab, fünf Minuten bevor die Frist ablief. Bereut hat er diesen Schritt nie. «Es war sehr spannend, andere Seiten der Gemeinde kennenzulernen. Es war reizvoll, mitzugestalten», sagt Huber, der seit 25 Jahren in Bünzen lebt. Sich für das Gemeinwohl einsetzen, damit es allen möglichst gut geht, das habe ihm gefallen.

Ein ähnliches Fazit zieht auch Marlise Müller. «Es waren spannende Jahre. Es machte Spass, mit diesem Engagement der Gemeinde etwas zurückzugeben.» Sie habe sich in Bünzen auf Anhieb wohlgefühlt, als sie 1988 als «Auswärtige» hierherkam. «Bünzen ist eine schöne Gemeinde, eine, die zentral gelegen ist und trotzdem ländlich.» Die Entwicklung dieser Gemeinde während 16 Jahren im Gemeinderat und als Ammann mitgetragen zu haben, das mache sie schon stolz. Politik habe sie immer interessiert. Und sie habe sich auch nicht gescheut, an einer «Gmeind» das Wort zu ergreifen. Stimmenzählerin, Mitglied der Finanzkommission, Gemeinderätin, Gemeindeammann – so sieht ihre lokalpolitische Karriere aus.

Zusammen haben die drei viel bewegt in Bünzen. «Wir haben es gut gemacht», fi ndet Marlise Müller. Besonders in Erinnerung ist die 750-Jahre-Bünzen-Feier. «Ein ganz tolles Wochenende», fi nden alle drei. Aber primär sind Projekte in Erinnerung geblieben, deren Realisierung nicht immer auf Anhieb gelang.

Etwa das Mehrfamilienhaus an der Dorfstrasse 1, das anfangs auf grossen Widerstand stiess. Oder der Bau des Reservoirs zusammen mit Boswil, den am Anfang einige vehement ablehnten. Die Abfallsammelstelle oder die ICT an der Kreisschule sind weitere Beispiele. «Und wir haben uns sogar getraut, das Pachtreglement in Angriff zu nehmen», sagt Peter Huber. Auch die Fusion der Feuerwehr zur Regio-Feuerwehr Freiamt-Mitte mit Boswil und Kallern ging nicht ohne Gegenwind. «Wir haben alles angepackt, nichts liegt brach und die Pendenzenliste ist kurz», versichert Patrick Rüttimann.

Immer wieder Personalmangel

Die Gründe für ihre Rücktritte Ende Jahr sind unterschiedlich. Rüttimanns ist die steigende berufl iche Belastung. Marlise Müller wollte vor vier Jahren schon aufhören und tut es jetzt. Und Peter Huber hört auf, weil er das Amt des Ammanns auf keinen Fall hätte übernehmen können. «Gerade die letzten Jahre zehrten», sind sich die drei einig. Nach der Pensionierung des langjährigen Gemeindeschreibers Beat Kaufmann lief es nicht immer ideal auf der Verwaltung. Und wie schon früher – schon als Marlise Müller vor 16 Jahren anfi ng – herrschte im Bünzer Gemeinderat immer wieder Personalmangel.

Gute Wünsche für die Nachfolger

Zurückschauen wollen die drei aber nun nicht mehr gross. «Wir haben einfach das gemacht, wofür wir gewählt wurden. Und das ganz gut», fasst es Peter Huber zusammen. Vor allem die gute Stimmung untereinander, vielleicht sogar die Sitzungen am Montagabend, werden sie vermissen. «Natürlich auch die vielen Begegnungen.» Für die Zukunft wünschen sie den Bünzerinnen und Bünzern nur das Beste. «Dass sie offen bleiben für Neues und gleichzeitig kritisch», sagt Marlise Müller. Auch dem neuen Gemeinderat drücken sie die Daumen und wünschen viel Gutes. «Ausdauer und Durchhaltewillen», sagt Patrick Rüttimann. «Dass sie das Beste für die Gemeinde wollen und ergebnisoffen nach Lösungsansätzen suchen», sagt Peter Huber. «Einen breiten Rücken», wünscht Marlise Müller.


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