Sieg der Menschlichkeit

  18.10.2022 Bünzen

Theater Bünzen feierte mit dem neuen Stück «Häsli Häsli» eine wunderbare Premiere

Die Familie Häsli ist nicht gerade vom Glück verfolgt. Doch weil sie in der Not zusammenhält, gibt es am Schluss ein Happy End.

Chregi Hansen

Das Stück passt in die heutige Zeit, in der ganz viele Familien den Gürtel enger schnallen müssen. Und das Geld am Schluss des Monats doch nicht mehr reicht. So wie hier in Bünzen bei der Familie Häsli, in deren kargen Wohnung der Grossteil der Handlung spielt. Wo Mama Häsli schon mal neun Leute sattkriegen muss für 7.40 Franken.

Das neue Stück der Theatergruppe Bünzen, es zeichnet keine heile Welt. Am Küchentisch wird gelogen, dass sich die Balken biegen – ein jeder und jede verbirgt ein Geheimnis. Und es wird immer wieder gestritten – die engen Verhältnisse bergen eben grosses Konfliktpotenzial. Doch wenn es drauf ankommt, dann steht die Grossfamilie zusammen. Und erhebt sich am Schluss gegen diejenigen, welche für Recht und Ordnung sorgen in diesem fiktiven Land. Aber auch für eine Zementierung der Verhältnisse. «Es ist alles gut», wird via Fernseher immer wieder beteuert. Selbst wenn es draussen auf der Strasse ganz anders aussieht.

Wer jetzt glaubt, in Bünzen werde auf der Bühne schwer verdauliche Kost geboten, der täuscht sich. Trotz aller Probleme, die an die Oberfläche treten, wird viel gelacht an diesem Abend. Tragikomisch verläuft das Leben der Häslis. Und man gewinnt diese Familie lieb – weil es hier trotz aller Streitereien und Lügen eben auch ganz fest menschelt.


Wie das Leben so spielt

Theater Bünzen sorgt im neuen Stück «Häsli Häsli» für viel Chaos auf der Bühne

Absurd-komische Szenen und nachdenkliche Momente geben sich in diesem Stück die Hand. In einer vom Leben gezeichneten Familie ist nichts so, wie es zu sein scheint. Das gilt besonders für den Jüngsten am Tisch. Der aber am Schluss dann alles wieder gerade biegt.

Chregi Hansen

Bei Regisseurin Eva Mann ist die Nervosität kurz vor der Premiere fast schon greifbar. «Die Truppe hätte einen grossen Erfolg verdient, so hart hat sie in den letzten Tagen und Wochen gearbeitet», erklärt sie. Dabei waren die Voraussetzungen alles andere als einfach. «Wir können erst seit Kurzem auf der Bühne proben. Es gibt aber in diesem Stück und in der Kulisse so viele Details, die lassen sich im Probenraum nicht imitieren», so Mann weiter.

Tatsächlich ist die Szenerie ein Augenschmaus. Und lockt nach der Premiere ganz viele Zuschauer auf die Bühne, die sich an den Details nicht sattsehen können, Nicht, weil das Dekor so pompös ist – im Gegenteil. Auf der Bühne wurde die Wohnung einer sehr armen Familie aufgebaut – inklusive Küche, Bad und WC. Eine Wohnung, in der alles seinen Platz finden muss, damit sieben Leute hier wohnen können. Mit dem Esstisch als Mittelpunkt dieses kleinen Kosmos namens Häsli. So heisst die Familie in dieser Geschichte. Und weil der Jüngste damals mit zwei Vorderzähnen auf die Welt kam, erhielt er auch gleich den Vornamen Häsli. Er heisst darum «Häsli Häsli». Schon hat das Stück seinen Namen.

In der Wohnung wird es immer enger

Eva Mann hat «Lapin Lapin» der französischen Regisseurin und Schriftstellerin Coline Serreau in eine Mundartfassung gebracht. Und dafür gesorgt, dass der Abend trotz der im Kern eher tragischen Geschichte viele Lacher hervorbringt. All die Figuren im Stück sind wunderbar überzeichnet. Und sorgen für viel Chaos am Familientisch.

Dabei hatten Mutter und Vater Häsli (Brigitte Stutz und Hanspeter Meier) doch auf ruhigere Zeiten gehofft, nachdem die drei Töchter (Fabienne Keller, Nicole Kuhn und Regula Wohler) ausgezogen waren und nur noch die beiden Söhne (Patrick Grob und Samuel Stutz) zu Hause lebten. Doch zu früh gefreut, alle drei kommen zurück – samt ihren Problemen und teilweise sogar mit Anhang (Michi Diener). Und nachdem sich auch noch die Nachbarin (Andrea Schuler) in der Wohnung einquartiert, ist es mit der Ruhe erst recht vorbei. Dafür sorgen ganz aktiv auch die drei Polizisten (Pius Strickler, Daniela Ketterer und Maureen Kuhn).

Tolle Musik und ganz viel Liebe fürs Detail

Das chaotische Leben der Familie Häsli bietet viel Grund zum Lachen. Doch das Stück ist nicht bloss eine billige Komödie. Immer wieder denken die Figuren über ihr Leben nach – und richten sich dabei direkt an das Publikum. Diese Monologe werden geschickt genutzt, um die Szenerie im Hintergrund umzubauen. Gleichzeitig laden sie ein, über das eigene Leben nachzudenken. Dieser stete Wechsel zwischen lustigen und ernsten Momenten macht «Häsli Häsli» zu etwas Besonderem. Und die Musik von Jonas Arnet hebt das Ganze nochmals auf eine neue Ebene. Sie ist viel mehr als nur ein Pausenfüller, die Stücke sind der passende sphärische Soundtrack zum Geschehen.

In der Bünzer Aufführung wird viel Wert auf die Details gelegt. Und sie überrascht immer wieder mit neuen Wendungen. Jede Figur birgt ganz viele Facetten – und meist ein grosses Geheimnis. Die Familie redet den ganzen Abend aneinander vorbei, aber wenn es drauf ankommt, hält sie eben doch zusammen. Das macht Mut. Und den braucht es in diesen schwierigen Zeiten. Auf der Bühne bringt ein Ausserirdischer die zerstrittenen Menschen wieder zusammen. Im wahren Leben muss es die Menschheit wohl selber schaffen.

Neun weitere Aufführungen

Der Applaus wollte nicht enden nach der Premiere. Die Erleichterung war bei allen Beteiligten spürbar. Nun gilt es, den Schwung in die neun weiteren Vorstellungen mitzunehmen. Aufgeführt wird «Häsli Häsli» noch bis zum 12. November. Immer am Freitag- und Samstagabend sowie am Sonntag, 6. November, 16 Uhr. Ein Besuch bei der Familie Häsli lohnt sich in jedem Fall.

Infos und Tickets www.theater-bünzen.ch.


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