Sisha, Haare, Fussball

  04.09.2020 Fussball

Fussball, 1. Liga classic: Esat Balaj vom FC Wohlen vor dem Auswärtsspiel gegen Goldau (Sa, 16 Uhr)

Auf dem Platz ist er bekannt als aggressiver Leader, der dem Gegner auf die Füsse tritt. Neben dem Feld ist der 25-Jährige ein Selfmade-Mann, der eine Shisha-Bar und einen Coiffeurladen betreibt. FC-Wohlen-Trainer Thomas Jent sagt: «Mit elf Balajs auf dem Feld würden wir jedes Spiel gewinnen.»

Stefan Sprenger

«Wenn ich verliere, werde ich sauer», sagt Esat Balaj, der sich deshalb selbst als schlechter Verlierer bezeichnet. Doch nicht nur deshalb hat er in seinen bisher 18 Spielen für den FC Wohlen acht Verwarnungen kassiert. «Ich mag schönen Fussball, aber manchmal muss man einfach dem Gegner auf die Füsse treten und einen Ball weghauen.» Seine aggressive Spielweise ist für den FC Wohlen enorm wichtig. Denn: Wenn er nicht gerade eine Gelbsperre absitzt, ist der defensive Mittelfeldspieler in der Startelf.

«Er ist einfach Weltklasse»

Fussballerisch unbestritten stark. Und auch neben dem Platz macht er eine reife Figur. Er ist Geschäftsführer der Shisha-Bar «Oda» in Lenzburg und des Coiffeurladens «Jack’s Barber & Sun» in Niederlenz. Wie kam es dazu, dass der einstige KV-Lehring bei der Armeelogistik in Othmarsingen heute Chef von zwei Betrieben ist? «Die Bar habe ich von meinem Vater übernommen und renoviert. Beim Coiffeurladen hatte ich die Idee gemeinsam mit einem Kollegen. Es ist eine gute Investition», meint er. Selber Haare schneiden kann er nicht, aber samstagabends, bestenfalls nach einem Sieg des FC Wohlen, geniesst er manchmal eine Shisha. «Ich liebe meinen Job. Es gibt viel zu tun und ich habe viel Spass.» In der Coronazeit wurden die Gastronomie- wie auch die Coiffeurbranche hart getroffen. Balaj sieht es positiv: «Ich hatte so viel Zeit für meine Familie.»

Seine Eltern stammen aus dem Kosovo, sind seit 35 Jahren in der Schweiz. Er hat einen Bruder und zwei Schwestern. Donjeta Balaj kennt man vielleicht im Freiamt, sie arbeitet als Polizistin in Muri. Sein Vater betreibt mit seinem Bruder ein Baugeschäft in Wildegg. Die Balajs sind eine fleissige Familie, die sich bestens integriert hat in der Schweiz. Ein Musterbeispiel, wie man sich als Einwanderer in einem fremden Land mittlerweile einen starken Lebensstandard erarbeiten kann – mit viel Arbeit.

Freundin spielte in der Bundesliga

Esat Balaj wohnt noch in Möriken-Wildegg bei seinen Eltern, allerdings nicht mehr lange. Bald zieht er mit seiner Freundin zusammen nach Rupperswil. Mit ihr teilt er die Leidenschaft Fussball. Sie ist ein bekannter Name im Frauenfussball. Fabienne Bangerter spielte für den FC Basel, die Schweizer Frauenfussballnationalelf und auch in der Bundesliga beim SC Freiburg. Mittlerweile hat sie ihre Karriere beendet.

Zurück zum Fussball. FC-Wohlen-Trainer Thomas Jent schwärmt von Esat Balaj, der in der Juniorenzeit beim FC Zürich kickte: «Menschlich und fussballerisch ist er einfach Weltklasse. Ein Geschäftsmann, ein reifer Typ, bodenständig und aufgestellt. Auf dem Feld ist er brutal zweikampfstark, verliert fast keine Bälle und spielt auch tolle und überraschende Pässe.»

Esat Balaj, der via Wettswil und Cham vor einem jahr zum FC Wohlen kam, fühlt sich in den Niedermatten super wohl. «Das Team ist einfach toll, ich habe riesig Spass. Es ist wie eine Gruppe von Kollegen. Mit Ehrgeiz und Freude wollen wir etwas erreichen. Wir wollen in dieser Saison ebenfalls wieder oben mitspielen», so der 25-Jährige.

Im letzten Spiel gegen Luzern II verschoss er beim Stand von 2:0 für Wohlen einen Penalty. Ein behäbiger Anlauf, ein Ausrutscher – und der Goalie pariert. «Ich habe noch nie einen Penalty verschossen, an Selbstvertrauen mangelt es mir nicht. Dieser Versuch war jedoch schlecht. Aber ich nehme es mit Humor und denke, dass ich jetzt mal keine Elfmeter mehr schiessen werde», meint er lachend.

Goldau ist zu Hause stark

In den ersten beiden Spielen (4:1 gegen Buochs und 2:2 gegen Schötz) zeigt der FC Wohlen seine spielerische Klasse, aber auch seine Überheblichkeit. Dazu meint er: «Ich glaube nicht, dass es Überheblichkeit ist. Ich denke, wir verlieren die Konzentration und plötzlich gleitet uns das Spiel aus den Füssen. Immerhin: Wir haben daraus gelernt und gegen Luzern eine souveräne Partie gezeigt über 90 Minuten.»

3:0 hiess es am Ende gegen die zweite Mannschaft des FC Luzern. Und nun folgt das Auswärtsspiel am Samstag (16 Uhr) gegen Goldau. «Eine kampfbetonte Mannschaft. Da müssen wir nicht schön spielen, sondern dagegenhalten mit Aggressivität und einer stabilen Defensive», so Balaj. Trainer Jent sieht das ähnlich: «In der letzten Saison hat Goldau alle Auswärtsspiele verloren, aber zu Hause nur zweimal. Wir müssen Vollgas geben – und zwar über 90 Minuten.» So wie es Balaj jeweils macht.

«Ein kompletter Spieler»

Dazu sagt der Trainer: «Mit elf Balajs würden wir jedes Spiel gewinnen. Wir würden jeden Gegner mit Kampfgeist zerstören. Für mich als Trainer ist er ein kompletter Spieler. Es ist sensationell, so einen Kicker in seinem Team zu haben.» Gemäss Jent hätte es Balaj auch in höhere Ligen schaffen können, wenn denn der Wille da gewesen wäre. Vielleicht klappt das ja mit dem FC Wohlen bei einem allfälligen Aufstieg in die 1. Liga Promotion? Für das richtige Lokal bei der Aufstiegsfeier und den dazu gehörenden rasierten Aufsteigerkopf könnte Balaj mit seinen beiden Geschäften jedoch problemlos sorgen. «Spiel für Spiel. Und demütig bleiben», meint Balaj. Sein Ziel: In dieser Saison möglichst wenig sauer werden. Heisst: Der FC Wohlen verliert so wenig wie möglich.


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