Spuren im Dorf hinterlassen
14.11.2025 Dintikon, Region UnterfreiamtAndré Meyer tritt Ende Jahr als Gemeindeammann zurück – und zieht Bilanz
18 Jahre im Gemeinderat, davon 12 als Vizeammann und vier Jahre als Ammann: André Meyer hat viel geleistet für Dintikon. Auch die zeitliche Belastung war gross. «Aber ...
André Meyer tritt Ende Jahr als Gemeindeammann zurück – und zieht Bilanz
18 Jahre im Gemeinderat, davon 12 als Vizeammann und vier Jahre als Ammann: André Meyer hat viel geleistet für Dintikon. Auch die zeitliche Belastung war gross. «Aber ich habe mein Amt immer gerne ausgeübt», sagt er. Trotzdem freut er sich jetzt auf mehr Freizeit.
Chregi Hansen
André Meyer erinnert sich noch gut an einen Abend vor über 18 Jahren. Ein Gemeinderat der FDP hatte seinen Rücktritt erklärt, die Partei suchte nach einem Nachfolger oder eine Nachfolgerin. «Meine Frau stammt im Gegensatz zu mir aus dem Dorf und war gut vernetzt. Darum hat der Präsident der Ortspartei sich zum Gespräch mit ihr getroffen. Doch sie hat abgelehnt und nur gemeint, er solle doch mich fragen», erzählt er.
Paul Meyer sagt ihm: «Mach das»
Die Politik war dem diplomierten Baumeister nicht fremd. Der gebürtige Villmerger ist der Neffe von Paul Meyer, welcher viele Jahre in Villmergen als Ammann tätig war. «Ich habe ihn gefragt, was er dazu meint. Doch er sagte bloss: Mach das, es ist sehr interessant», schaut Neffe Meyer zurück. Tatsächlich hat er seine Zusage und die anschliessende Wahl nie bereut. 18 Jahre war er im Gemeinderat Dintikon tätig, davon zwölf Jahre als Vizeammann und vier Jahre als Ammann. «Und das Amt macht mir immer noch Freude. Ich gehe immer gern an jede Gemeinderatssitzung. Die Abende, an denen ich eigentlich keine Lust hatte, lassen sich an einer Hand abzählen.»
Trotzdem ist Ende Jahr Schluss. Für André Meyer ist es wichtig, dass die Rücktritte und Nachfolgen in eher kleinen Ortschaften sauber und frühzeitig geplant werden. Eigentlich wollte er schon vor vier Jahren aufhören. Weil aber damals Ammann Ruedi Würgler seinen Rücktritt gab, hängte er noch eine Amtsperiode an. Jetzt aber sei der Zeitpunkt richtig. «Wir haben ein sehr gutes Kollegium. Und bei den letzten Wahlen hatten die Stimmbürger sogar eine Auswahl», freut er sich. Das sei keine Selbstverständlichkeit, wie der Blick in andere Gemeinden zeigt. «Es braucht Leute, die sich für das Dorf engagieren. Der Aufwand für ein solches Amt ist doch beträchtlich. Das lässt sich nicht so nebenbei machen», weiss er aus Erfahrung. Trotzdem hält er das Milizsystem für ein Land wie die Schweiz für die perfekte Lösung. Man kann da etwas bewirken, wo man lebt. «Aber wir müssen den Leuten auch Sorge tragen», so Meyer.
Menschen sind heute egoistischer geworden
Er selbst zieht ein positives Fazit seiner Gemeinderatszeit. «Es ist vielfach ein Geben und Nehmen. Ich glaube, im Grossen und Ganzen habe ich meistens mit allen eine verträgliche Lösung gefunden», schmunzelt er. Natürlich musste er dann und wann auch Kritik einstecken, das gehöre eben dazu. Die Menschen seien heute vielleicht etwas egoistischer, fühlen sich schnell gestört oder unfair behandelt. Das spürt André Meyer vor allem in seinem Ressort, dem Bauwesen. «Die innere Verdichtung führt dazu, dass die Leute näher zusammenrücken. Da gibt es schnell Streitigkeiten. Niemand schränkt sich gerne ein», so seine Erfahrung. Aber die Schweiz habe Ja gesagt zum Raumplanungsgesetz, nun gelten eben andere Vorgaben. «Es wird heute schneller Einsprache gemacht. Oft aber auch nur aus Unsicherheit. Darum rate ich immer allen, vor einem Bauprojekt mit den Nachbarn das Gespräch zu suchen und mit offenen Karten zu spielen. Damit kann man Widerstand abbauen.»
Immer mehr Vorschriften machen einem das Leben schwer
Meyer ist Bereichsleiter Elementbau der Xaver Meyer AG. Darum hat er nach seiner Wahl auf das Bauressort gehofft. Und es auch erhalten. Wobei der Aufwand durchaus gross war. «Da Dintikon über keine eigene Bauverwaltung verfügt, war ich bei vielen Projekten stark involviert. Bei der Sanierung der Bergstrasse war ich sogar meist die erste Ansprechperson bei Fragen und Problemen», berichtet er. Dazu kommt, dass es immer mehr Vorschriften und Verordnungen gibt, die berücksichtigt werden müssen. «Der Aufwand im Bereich der Gesetzgebung nimmt stark zu. Das macht die Arbeit aufwendiger», stellt Meyer fest.
Sein Vorteil: Er ist vom Fach. Und da er in Villmergen arbeitet, kann er auch mal schnell vor Ort sein, wenn es nötig ist. «Die Verantwortung ist gross. Gerade als Gemeindeammann. Man muss quasi 24 Stunden erreichbar sein», stellt er fest. Allerdings: Dass er spätabends angerufen wurde, das sei selten vorgekommen. «Aber beim Gang durch das Dorf wird man immer wieder mal angesprochen.» André Meyer hatte immer Freude an seinem Amt. Dies auch, weil er Freude am Dorf hat. «Wir sind zwar stark gewachsen, aber gut aufgestellt für die Zukunft. Wir haben unsere Infrastruktur und unsere Finanzen im Griff», sagt er. In seiner Amtszeit wurden einige grössere Projekte realisiert. Etwa die Sanierung und der Ausbau von Schule und Kindergarten. Oder der neue Werkhof für das Bauamt. «Ich habe tatsächlich viel Geld ausgegeben», lacht der noch amtierende Ammann. Zudem verfügt Dintikon nicht nur über attraktive Wohnlagen, sondern auch über verhältnismässig viele Arbeitsplätze. Und die Tatsache, dass das lokale Gewerbe die einzige Beiz im Dorf gerettet hat, beweise doch, dass die Gemeinschaft funktioniert. Meyer jedenfalls fühlt sich als Villmerger in Dintikon sehr wohl.
Auch wenn viele Aufgaben abgeschlossen sind, warten weitere grosse Herausforderungen auf die Gemeinde. Etwa der Aus- und Umbau des Kreisels Langelen. Auch wenn der Kanton hier am Ruder ist, sei dies für die Gemeinde ein «Riesenprojekt», wie Meyer betont.
Der neue Kreisel selber sei für das Dorf ein Vorteil. «Wir müssen aber gut überlegen, wie wir während der Bauzeit den Verkehr leiten», so der Amme. Der Schleichverkehr am Morgen und am Abend sei heute schon ein Problem. Wobei: Im Vergleich zum benachbarten Dottikon sei die Situation weniger dramatisch. «Wir spüren einfach die kurzen Stosszeiten.»
Spagat zwischen zwei Bezirken funktioniert problemlos
Apropos Nachbarn. Dintikon liegt am Rand des Freiamts, arbeitet in vielen Bereichen eng mit Dottikon und Villmergen zusammen, gehört aber zum Bezirk Lenzburg. André Meyer sieht darin kein Problem. «Der Spagat gelingt uns gut. Als kleinere Gemeinde sind wir uns gewohnt, vieles im Verbund anzupacken. Je nachdem richten wir uns eher nach Lenzburg aus oder nach Villmergen oder Wohlen», sagt er. Beim Jassen hingegen gebe es im Dorf keine zwei Meinungen, da kommen nur französische Karten auf den Tisch. Da muss sich Meyer, der die Deutschschweizer Karten gewöhnt war, anpassen. Und Jassen hat Tradition im Dorf, jedes Jahr findet ein grösseres Turnier statt. Auch das Chlaus-Chlöpfen und das Eierauflesen sind fest verankert in Dintikon. Das beweist, dass man doch zum Bezirk Lenzburg gehört.
Noch bis Ende Jahr ist er im Amt. Auch wenn er es noch immer gern ausübt, freut er sich, in Zukunft über mehr Freizeit zu verfügen. Auf etwa 30 Prozent schätzt er seinen Aufwand, wobei das saisonal sehr unterschiedlich sei. «Es reicht ja nicht, nur das eigene Ressort im Griff zu haben. Die vielen Sitzungen und die Vorbereitungen darauf sind doch sehr zeitintensiv. Da ist die eigene Agenda schnell voll», weiss er aus Erfahrung. Wenn man aber in einem guten Team wirken kann, nehme man das gerne auf sich. Und das habe man in Dintikon. «Wir sind überhaupt nicht immer einer Meinung. Aber die Diskussionen sind immer sachlich. Und in den meisten Fällen wird einstimmig entschieden», erzählt er.
In Zukunft wird er nicht mehr mitentscheiden. Aber interessiert an der Dorfpolitik wird er bleiben. Auch die «Gmeind» wird er weiterhin besuchen. Umgekehrt steht er seinen Nachfolgern gerne bei Fragen zur Verfügung. Er sei ja nicht aus der Welt, sagt er. Und sowieso – noch ist André Meyer im Amt. Am 19. November leitet er seine letzte Gemeindeversammlung. Wo ihm sicherlich ein gebührender Abschied bereitet wird.

