Stube in den Saal verlegt
27.10.2020 LiteraturDer Literatur-Anlass des Sternensaals vom 21. November muss sein Konzept ändern
Geschichten und ihre Autoren zu den Menschen nach Hause bringen, das ist die Grundidee der Stubengeschichten, welche schon seit vielen Jahren zum Programm des Sternensaals gehören. In diesem Jahr ist aber alles anders.
Chregi Hansen
«Eigentlich wollte ich jetzt Werbung für die Stubengeschichten machen und neue Gastgeber werben», sagt Andreas Weber. Er hat die Organisation des Anlasses vor ein paar Jahren von Urs Heller übernommen. Und die Stubengeschichten sind ihm ans Herz gewachsen. «Es ist eine wunderbare Art, Literatur zu erleben», sagt er.
Die Idee: Das Publikum kommt nicht zu den Autoren, sondern die Autoren zum Publikum. Wer mag, kann sich als Gastgeber melden und bis zu 18 Freunde und Bekannte zu sich nach Hause einladen. Der Sternensaal organisiert einen Autor, der zu den Gastgebern nach Hause kommt und dort im kleinen Rahmen aus seinem Werk vorträgt. Fast immer sorgen die Gastgeber für einen kleinen Imbiss, fast immer bleibt man nachher lange sitzen. Der Abend ist für die Besucher gratis, die Gagen übernimmt der Sternensaal.
Absage wäre ärgerlich
«Es sind jeweils wunderbare Anlässe», sagt der Villmerger Roli Schumacher, der sich schon seit Jahren regelmässig als Gastgeber zur Verfügung stellt. «Durch den intimen Rahmen kommt man sich näher, kommt schnell ins Gespräch, mit dem Autoren, aber auch mit den anderen Zuhörern. Oft bleibt man nachher lange sitzen», berichtet er. Auch die eingeladenen Schriftsteller würden die Ambiance schätzen. «Es ist schön, dass es diese Stubengeschichten gibt», sagt Schumacher. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Leute aufzufordern, andere zu sich nach Hause einzuladen, um gemeinsam in der Stube eine Lesung zu erleben, das geht in der momentanen Situation einfach nicht. «Damit würden wir ein komisches Signal aussenden und unsere Verantwortung nicht wahrnehmen», so Weber. Aber den Anlass einfach absagen, das wollte er auch nicht. Dies umso mehr, als die sechs diesjährigen Autoren sich auf den Auftritt freuen. «Die meisten leiden ebenfalls unter der Situation, können sich nicht präsentieren in diesem Jahr», weiss Weber. Und eine Absage wäre umso ärgerlicher, weil ausgerechnet Dorothee Elmiger zu den geladenen Autoren gehört. Sie wurde dieses Jahr für den Bayerischen Buchpreis und den Schweizer Buchpreis nominiert. «Dass sie nach Wohlen kommt, das ist der Hammer», sagt Weber.
Und darum hat er das Konzept des Abends überarbeitet. Statt Stubengeschichten gibt es am 21. November eine Geschichtenstube. Die Bühne des Sternensaals wird zum Wohnzimmer, auf dem Sofa nehmen drei Autoren Platz. «Alle sechs, das wäre zu viel gewesen. Die drei, denen wir absagen mussten, werden wir sicher in einem späteren Jahr wieder einladen», erklärt der Organisator. Die sechs Schriftsteller hätten grosses Verständnis gezeigt. «Sie wären alle gerne gekommen, aber verstehen natürlich auch, dass dies nicht geht.»
In der Geschichtenstube dürfen sich nun Ursula Hasler, Joachim B. Schmidt und natürlich auch Dorothee Elmiger präsentieren. Um für den Abend den passenden Rahmen zu haben, soll die Bühne tatsächlich in ein Wohnzimmer verwandelt werden. Der Autor und die beiden Autorinnen werden aus ihren Werken vorlesen, aber auch Fragen beantworten. «Wir hoffen, dass das Publikum die Möglichkeit nutzt und die Gäste in eine Diskussion verwickelt. Und hoffentlich ergibt sich auch ein Austausch unter den Schriftstellern selber», sagt Weber, der den Abend moderieren wird. Da der Sternensaal über ein gut funktionierendes Schutzkonzept verfügt, ist für die Sicherheit aller Beteiligten gesorgt. Der Nachteil: Derzeit stehen im Kulturlokal nur die Hälfte der Plätze zur Verfügung. «Es wird also auch diesmal wieder ein eher intimer Rahmen sein», sieht Weber auch Vorteile.
Auch wenn er sich freut, dass eine Alternative gefunden wurde, so möchte Andreas Weber nächstes Jahr wieder lieber die normalen Stubengeschichten anbieten. Und darum macht er trotz allem Werbung für neue Gastgeber. «Es wäre toll, wenn sich neue Leute melden, die eine solche Lesung bei sich zu Hause anbieten möchten. Es lohnt sich», sagt er.