Vier Stunden, zwei Traktanden
14.11.2025 Büttikon, Region Unterfreiamt«Gmeind» Büttikon weist Budget und Kredit für Schulraumplanung zurück
Gleich um satte 15 Prozentpunkte wollte der Büttiker Gemeinderat den Steuerfuss erhöhen. Das führte an der «Gmeind» zu langen und intensiven ...
«Gmeind» Büttikon weist Budget und Kredit für Schulraumplanung zurück
Gleich um satte 15 Prozentpunkte wollte der Büttiker Gemeinderat den Steuerfuss erhöhen. Das führte an der «Gmeind» zu langen und intensiven Diskussionen. Nun muss er nochmals über die Bücher – mit dem klaren Auftrag, den Rotstift anzusetzen. Auch beim Schulraum wünscht der Souverän ein anderes Vorgehen.
Annemarie Keusch
Vier Stunden. Für nichts. Es sind harte Fakten, denen sich der Büttiker Gemeinderat nach der «Gmeind» gegenüber sieht. Budget zurückgewiesen. Planungskredit für die Schulraumerweiterung zurückgewiesen. Wobei, für nichts war die Versammlung trotzdem nicht. Die vielen Fragen und Anregungen zeigen, wo der Schuh drückt. Ganz konkret ist es zwar nur eine Strassensanierung, wofür im Budget 30 000 Franken eingesetzt waren, die mittels deutlichem Mehrheitsentscheid gestrichen werden. «Stattdessen soll man eine günstigere Lösung zusammen mit dem Zivilschutz suchen», monierten die Stimmbürger. Weitere konkrete Streichungsanträge gab es nicht. Behandelt wurden aber viele kleinere und grössere Posten des Budgets.
«Steigende Schülerzahlen, steigende Kosten», so erklärte Schulleiterin Franziska Bürgi die geplanten höheren Ausgaben im Bereich der Bildung. Gemeinderat Michael Erismann fügte an, dass die Zahl der Kinder, die Musikschulunterricht besuchen, in Büttikon besonders hoch sei. «Natürlich, die Eltern beteiligen sich, aber die Gemeinde auch.» Im Erdgeschoss des Kindergartens seien zudem Radon-Messungen geplant. Zudem sind auch Lohnerhöhungen vorgesehen, im Schulsekretariat zum Beispiel. «Hier mehr geben, da mehr geben und von uns verlangt man, 15 Prozentpunkte mehr Steuern zu zahlen.» Es sind solche Voten, die an diesem Abend immer wieder für Applaus sorgten.
Finanziell auf Investitionen vorbereiten
Genauestens analysierten die Stimmberechtigten vor der «Gmeind» auch das Budget zugunsten der Verwaltung. Auch hier ist eine Lohnerhöhung geplant – um ein Prozent. «Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Es herrscht Fachkräftemangel», betonte Michael Erismann. Auch hier folgte die Reaktion prompt: «Wenn wir kein Geld haben, können wir auch keines verteilen.» Büromöblierung, Klausurtagung des Gemeinderates, Spesenregelung. Fragen gabs zu ganz vielen Budget-Punkten. Gemeinderat und Jessica Meili, Leiterin Finanzen, beantworteten eine nach der anderen.
Warum die Erhöhung um gleich 15 Prozentpunkte geplant war, erklärte eingangs Gemeindeammann Gian Carlo Silvestri. «Ein Steuerprozent entspricht rund 25 000 Franken. Das ergäbe Mehreinnahmen von 375 000 Franken. Genau so viel, wie im vergangenen Jahr als Minus resultierte.» Ertragsüberschüsse einzufahren, oder zumindest keine Aufwandüberschüsse, das sei für die Gemeinde wichtig, um angesichts der anstehenden grossen Investitionen das Vermögen zu behalten. «Weshalb wir den Steuerfuss nicht früher, dafür nicht gleich um so viel, erhöhten? Vor 2024 schrieben wir immer Gewinne, auch wenn Verluste budgetiert waren», erklärte Silvestri. Und er betonte: «Wir sind bestrebt, die Kosten tief zu halten.» Nur seien dem Gemeinderat die Hände ein Stück weit gebunden. «Rund 80 Prozent der Ausgaben sind fremdbestimmt.»
Elektra sorgt für Emotionen
Ein Thema, das innerhalb des Budgets für besonders viel Diskussionen sorgt, ist die Elektra. Der Gemeinderat hat entschieden, die Betriebsführung der ibw abzugeben. «Es stehen massive technische Veränderungen an, die Thematik wird immer komplexer», erklärte Ammann Silvestri. Anhand verschiedener Offerten habe man sich für die Betriebsführungslösung durch die ibw entschieden. «Die Elektra zu verkaufen, das kam für den Gemeinderat nie infrage.» Aber auch für diesen Entscheid gab es Schelte seitens der Bevölkerung. Der zuständige Gemeinderat Christian Camenisch wurde gar frontal angegriffen. «Er hätte nicht abstimmen dürfen, weil er einst bei der AEW arbeitete, aber gekündigt hat. Dass nicht die AEW den Zuschlag erhielt, ist Rache.» Camenisch haute auf den Tisch, sprach von Verleumdung. Die Wogen glätteten sich aber schnell wieder. Nebst Initialkosten verursacht die externe Betriebsführung der Elektra übrigens jährlich Kosten von rund 40 000 Franken. Silvestri betonte: «Das wird über die Elektra abgerechnet und beeinflusst den Steuerfuss nicht.»
Die Meinung, das Budget nochmals durchzukämmen und den Rotstift anzusetzen, wurde mehrmals geäussert. Die Finanzkommission um Corinne Zumstein betonte: «Wir wollen nicht, dass die Gemeinde stillsteht.» Den Steuerfuss um 10 Prozentpunkte zu erhöhen, war ihr Vorschlag. Ein Stimmbürger argumentierte ähnlich und schlug ein um sieben Prozentpunkte erhöhter Steuerfuss vor. Doch es kam auch ein Rückweisungsantrag. «Wir sind verunsichert. Dieses Budget gehört überarbeitet und besser erklärt, um das Vertrauen wiederherzustellen», betonte der Stimmbürger. Und holte damit fast alle der 169 Anwesenden ab.
Occasion-Container für 1,5 Millionen Franken
Von Anfang an wehte auch dem Antrag, 90 000 Franken für das Planerwahlverfahren zur Ausarbeitung verschiedener Projektlösungen für die Schulraumerweiterung zu investieren, eine steife Brise entgegen. Gemeinderat Michael Erismann betonte immer und immer wieder, dass es darum gehe, verschiedene Varianten zu erarbeiten, eine Baukommission zu gründen und dann dem Souverän die beste Lösung für einen Projektierungskredit vorzuschlagen. Schon in der Broschüre war geschrieben, dass je nach Variante – Container-Lösung, Modulbau oder Massivbau – drei bis fünf Millionen Franken auf die Gemeinde zukommen. Spätestens als aus dem Plenum die Möglichkeit vom Kauf eines relativ neuen Occasion-Containers für 1,5 Millionen Franken eingeworfen wurde, waren die Meinungen gemacht. Einige wollten gar auf der Stelle über diese Möglichkeit abstimmen.
Die Argumente des Gemeinderates, das mit einem Planerwahlverfahren die Qualität des Projekts sicher hoch sei und dass in der Baukommission auch Vertreter der Bevölkerung Einsitz nehmen, vermochten nicht mehr zu überzeugen. Zurück an den Absender – so lautete auch hier das Verdikt. Mit dem Auftrag, der Gemeinderat solle bereits jetzt eine Baukommission gründen, das Planerwahlverfahren infrage stellen, das Projekt überarbeiten und die aktuelle Verfügbarkeit von Schulcontainern prüfen.
Kaffeemaschine für scheidenden Ammann
Einend und wertschätzend wurde es am Schluss der «Gmeind». Nach vielen Jahren im Amt hört Gian Carlo Silvestri am Ende des Jahres auf. Gemeindeschreiber Lukas Isler sprach von unzähligen Gesprächen, Geschäften, Telefonaten und Protokollen. «Deine Tür stand immer offen», wandte er sich an Silvestri. Sein Umgang mit Menschen, seine sachliche Gesprächskultur, das habe er immer geschätzt. «Wir wünschen dir das, was in der Agenda eines Ammanns zu kurz kommt: Zeit. Zeit für dich, deine Familie und das, was dir Freude macht.» Und Zeit, auch mal einen zweiten Espresso zu geniessen. Die passende Kaffeemaschine und ganz viel Applaus gabs als Geschenk dazu.
Die Beschlüsse
Von den 735 Stimmberechtigten nahmen deren 169 an der Einwohnergemeindeversammlung teil. «Rekord», vermeldete Ammann Gian Carlo Silvestri. Diskutiert wurde bereits über die Reihenfolge der Traktanden. Der Souverän wollte das Budget vor dem Schulraumplanungs-Kredit behandeln. «Wir brauchen zuerst die Grundlagen», lautete das Votum. Das Protokoll genehmigten sie diskussionslos. Das Budget wurde hart und detailintensiv diskutiert. Der Rückweisungsantrag fand mit 152 Ja-Stimmen schliesslich eine deutliche Mehrheit.
Gleich lautete das Verdikt nach einer langen Diskussion zu den 90 000 Franken, die zur Durchführung eines Planerwahlverfahrens zur Ausarbeitung verschiedener Projektlösungen für die Schulraumerweiterung hätten investiert werden sollen. Der entsprechende Rückweisungsantrag wurde mit 144 Ja-Stimmen angenommen. --ake

