Vom Nussbaum zur Sommerlinde
13.05.2025 WohlenBeim Friedensbaum des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren gedacht und weiteren Friedensbaum gepflanzt
Als der englische Premierminister Winston Churchill am 8. Mai 1945, der in England heute noch als Victory in Europe Day (VE Day) gefeiert wird, das Ende des 2. ...
Beim Friedensbaum des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren gedacht und weiteren Friedensbaum gepflanzt
Als der englische Premierminister Winston Churchill am 8. Mai 1945, der in England heute noch als Victory in Europe Day (VE Day) gefeiert wird, das Ende des 2. Weltkrieges verkündete, atmete auch die Schweiz auf. Doch weil hier der 8. Mai kein offizieller Feiertag ist, geriet das historische Ereignis langsam, aber sicher in Vergessenheit.
Walter Minder
Der auf Initiative von Max Koch, Traugott Gretler sen., Walter Mattmüller, Alfred Reusser und Alois Widmer im August 1945 gepflanzte und ein Jahr später eingeweihte Friedensbaum steht heute noch in bester Gesundheit beim ehemaligen Forstwerkhof an der Abzweigung zum Steffetsmösli. Nur war er bis vor Kurzem den meisten Spaziergängern nicht als solcher erkennbar, fehlte doch die entsprechende Beschriftung bereits seit längerer Zeit. Dass der Friedensbaum ein Nussbaum und keine Linde ist, die gemeinhin als Zeichen für Frieden, Freundschaft, Treue und Gerechtigkeit gilt, hat auch seinen Grund. Der dorfbekannte Volksläufer Kaspar «Chabi» Burkart, ein damals zehnjähriger Zeitzeuge: «Es war in jenen Tagen unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg einfach nicht möglich, eine Lindenbaum-Jungpflanze zu bekommen, also wurde ein Nussbaum gesetzt.» Er trifft sich noch immer jeweils am Bettag-Samstag unter dem Motto «Di alte Halder» mit anderen Zeitzeugen, «aber so viele sind wir nicht mehr …».
Eine feine, kleine Gedenkfeier
Auf Initiative der Wohler Künstlerin Heidi Widmer, Tochter von Alois Widmer, und von Herbert «Herbie» Wiederkehr lud die Gemeinde Wohlen zu einer Feier zum Gedenken ans Kriegsende 1945 ein, verbunden mit der Einweihung einer frisch gepflanzten Sommerlinde. «Denn», so Gemeindeammann Arsène Perroud in seinen Begrüssungsworten, «das Thema Frieden hat in den vergangenen Jahren leider wieder deutlich an Wichtigkeit zugelegt». Der Friedensbaum sei vor 80 Jahren ein Symbol der Hoffnung gewesen, dass Frieden eine verbindende Grundlage unseres Lebens bleibt. «Er ist still gewachsen, während sich die Welt weitergedreht hat. Seine Wurzeln reichen tief in die Erde hinein, seine Äste strecken sich dem Himmel entgegen, ein starkes Bild für Frieden, der Verwurzelung und Weitblick braucht.» Die Welt von heute ist voll von Gewalt, Vertreibung, Hass und Unterdrückung, autokratische Regimes verletzen Menschenrechte ebenso wie die Meinungsfreiheit. «Gerade in unserer Zeit mahnt uns der vor 80 Jahren gepflanzte Nussbaum, dass es Menschen braucht, die sich für den Frieden einsetzen. Auch der Baum lebt nur weiter, wenn wir ihn wie den Frieden schützen.» Er bedankte sich bei Heidi Widmer und Herbert Wiederkehr für die Idee der Erinnerungsfeier, denn es sei wichtig, dass sich Menschen im Kleinen wie im Grossen für den Frieden einsetzen.
Ein Blick zurück
Nach den zum Anlass und zum Ort perfekt passenden Alphornklängen der Ländlerfrönde übernahm Gemeindeammann Perroud für den verhinderten Heini Stäger den Blick in die Geschichte des Friedensbaums. Auf Initiative der erwähnten fünf Wohler Bürger Koch, Gretler sen., Mattmüller, Reusser und Widmer entstand das sogenannte Nussbaumkomitee, das mit regelmässigen Treffen die symbolische Bedeutung des Baumes lebendig hielt. Besondere Höhepunkte waren die jährlichen Friedensbaumfeste mit Musik, Reden und Gedenkminuten für die im Krieg verstorbenen Wohler Bürger.
Das Nussbaumkomitee pflegte nicht nur den geselligen Austausch, es war auch sonst aktiv und schrieb beispielsweise Winston Churchill einen Dankesbrief für die Rettung Europas, den dieser durch seine Sekretärin freundlich beantwortete – vom Gemeindeammann auf Englisch vorgelesen.
Bibel ist voller Bäume
Pfarrerin Sabine Herold spannte dann den Bogen vom Friedensbaum zur Bedeutung des Baumes in der Bibel, wo er als Symbol für das Leben an sich dargestellt wird. Bäume repräsentieren sowohl die Schönheit als auch die Zerbrechlichkeit der Schöpfung und widerspiegeln die göttliche Kraft und die Beziehung des Menschen zu Gott. «Der Blick auf einen Baum kann trösten, kann Kraft und Zuversicht geben.» Der Baum des Lebens schenkt ewiges Leben, wenn man von seinen Früchten isst. Und eine Baumkrone ist wie die schützende Hand Gottes über den Menschen.
Fazit: Bäume sind für die Menschen nicht nur wichtig, weil sie lebenswichtigen Sauerstoff erzeugen. Sie verfügen über eine spirituelle Kraft, die Schmerzen und Trauer lindern kann. Wobei die Linde für die Menschen einen besonderen Stellenwert hat. Sie vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit, für Martin Luther ist sie Symbol für Frieden und Freude. Zufriedene Menschen seien Nahrung für den Frieden, aber ohne Gott gebe es keinen echten Frieden. Mit einem «Gott segne diese Bäume» schloss Pfarrerin Herold ihre Worte. Dass der neue Friedensbaum auch eine Brücke zur Jugend sein soll, zeigten die anwesenden Mitglieder von Pfadi, Jungwacht und Blauring. Sie tränkten die junge Sommerlinde und schenkten ihr ein paar Schaufeln Erde. Mit einem Rundum-Dankeschön beendete der Gemeindeammann die Gedenkfeier und lud zum gemütlichen Apéro ein. Die Ländlerfrönde aus Hägglingen sorgten für den passenden musikalischen Rahmen.