Vorausschauender Schaffer
06.11.2020 JonenGemeindeschreiber Arnold Huber verabschiedet sich nach 38 Jahren
Am 1. November 1982 trat Arnold Huber seine Stelle als Gemeindeschreiber von Jonen an. Das Dorf zählte damals 800 Einwohner. 38 Jahre später gibt Huber den Posten seinem Nachfolger weiter. Mittlerweile leben hier 2200 Einwohner. Er übergibt es mit Weitsicht, so wie er es schon immer mitgestaltet hatte.
Roger Wetli
«Ich hatte immer zwei Devisen», erklärt Arnold Huber. «Erstens: Das Tagesgeschäft muss sauber laufen. Zweitens: Daneben den Kopf 20 Jahre in der Zukunft haben, damit in der Gegenwart die richtigen Weichen gestellt werden können.» Damit habe er eine Tradition weitergeführt, welche der Gemeinderat bereits während seiner Lehrzeit lebte. «Ich habe immer über dessen mutige und weitsichtige Entscheide gestaunt. Von diesen profitieren wir noch heute», ist Huber überzeugt.
Früh Homeoflce eingeführt
Nicht vorgesehen hatte er die Viruspandemie, die sein 38. und letztes Jahr auf der Joner Gemeindeverwaltung prägte. Aber auch hier handelte er weitsichtig, indem er die Verwaltung bereits im Februar für Homeoffice t machen liess. «Für mich funktionierte diese Heimarbeit aber nicht. Ich brauchte meine Unterlagen im Gemeindehaus», blickt Arnold Huber zurück.
Sein letztes Jahr hatte er sich definitiv anders vorgestellt. «Corona hätte jetzt niemand gebraucht. Anderseits ist es einfach eine weitere Herausforderung, die wir angenommen haben.» Es sei richtig gewesen, die «Gmeind» im Sommer durchzuführen, ist Huber überzeugt. «Dank ihr haben wir unter anderem bereits seit letztem Montag einen neuen Buswendeplatz. Und es gibt keine gefährlichen Situationen im Dorf, weil wir während des Bauens des neuen Hochwasserschutzes die Busse jetzt nicht durch die Quartiere leiten müssen.»
Schlaflose Nächte und Selbstzweifel
Zupacken und handeln ist sich der Bauernsohn gewohnt. «Ich kann nicht auf der faulen Haut liegen», stellt Arnold Huber fest. Grosser Einsatz war zum Beispiel gefragt, als er 1982 vom damaligen Gemeindeammann als Gemeindeschreiber von seiner Stelle in der Kantonalen Verwaltung abgeworben wurde. «Im ersten Jahr wusste ich eigentlich gar nicht, was mein Job ist. Ich hatte schlaflose Nächte und viele Selbstzweifel», erinnert sich Huber. «Ich brauchte die nötige Zeit, um in meinen Job hineinzuwachsen.»
Er sieht es als Vorteil, dass er hier aufgewachsen und weiterhin im Dorf wohnhaft ist. «So kann ich den Puls der Bevölkerung sehr gut spüren und ich kenne die Geschichten der einzelnen Personen. Das hilft als Gemeindeschreiber.» Er sei keiner, der sich in seiner Freizeit vor den Einwohnern versteckt hätte. Im Gegenteil: «Früher kam ich bei meinen Sonntagsspaziergängen nicht weit, weil die Leute mit ihren Anliegen auf mich zugekommen sind. Ich sah es als meine Aufgabe, ihnen zuzuhören», erklärt er.
Auch als Mitglied des Musikvereins sei er nach den Proben noch meist mit ins Restaurant gegangen. «Auch dort erfuhr ich, was das Dorf gerade beschäftigt.» Mit der Zeit sei er in den Beruf hineingewachsen. «Es ist zwar eine aufreibende und intensive Arbeit, dafür ist sie auch einmalig. Ich sah mich als Diener der Öffentlichkeit und als zentrale Anlaufstelle von Jonen. Diese Rolle habe ich angenommen und umgesetzt.»
Starke Wandlung des Berufes
Der Gemeindeschreiber sei nicht nur Verwalter, sondern habe bei den Gemeinderatssitzungen auch eine beratende Stimme. «Diese Funktion habe ich immer sehr ernst genommen», betont Arnold Huber. «Ich habe dafür zu sorgen, dass die Beschlüsse rechtlich umsetzbar sind.»
Bereits 2006 wurde in Jonen das Geschäftsleitermodell eingerichtet. «Es hat sich bewährt», ist Huber überzeugt. «Der Beruf des Gemeindeschreibers hat sich dadurch stark gewandelt. Die Führungsaufgaben haben an Bedeutung gewonnen, weil wir mittlerweile ein kleines Unternehmen mit zwöf Angestellten sind, inklusive die beiden Vollzeitstellen im Haus- und Werkdienst», sagt Huber.
Er habe immer versucht, aus den Angestellten ein starkes Team zu bilden, das aus den jeweiligen Stärken und Schwächen das Optimum herausholt. Dieses Team sei etwas, was er nach seiner Pension am meisten vermissen werde. «Wir hatten es immer sehr gut miteinander. Alle haben sich immer gegenseitig unterstützt.»
Glücklich ist Arnold Huber auch mit der Wahl seines Nachfolgers Lorenz Staubli. Auch er wuchs in Jonen auf. Sein Grossvater war der Gemeindeammann, der Arnold Huber einst eingestellt hatte. So schliesst sich ein Kreis. Huber konnte Staubli seit Juni in seine neue Funktion einarbeiten. «Dass er von hier kommt, freut mich riesig.» Staubli werde jetzt seinen eigenen Erfahrungsrucksack füllen, von dem ganz Jonen profitieren werde. «Ich hoffe deshalb, dass ihn die Aufgabe erfüllt, er lange bleibt und sich mit Herzblut für das Dorf einsetzt», so Huber.
Busauto fahren
Der Gemeindeschreiber sieht sich als «stiller Schaffer». Ähnlich vorausschauend, wie er sich für «seine» Gemeinde einsetzte, hat er sich auch auf seine Pension vorbereitet. Zur Ruhe setzen will sich Arnold Huber definitiv nicht. «Im Vergleich zu den vergangenen 38 Jahren wird meine Agenda aber deutlich reduzierter sein», erklärt er.
Seit 2013 fährt er als Abwechslung zum Beruf regelmässig wenige Tage pro Monat Linienbusse der otsansässigen Rolf Stutz AG. «Mit dem Erwerb des Carausweises habe ich mir einen Traum erfüllt. Ich wollte schon immer Bus fahren und damit auch die unmittelbare Verantwortung für die Passagiere übernehmen», schwärmt er. Dieses Hobby möchte er künftig auf 40 bis 50 Stellenprozente ausbauen. Daneben schwebt ihm vor, ebenfalls in Teilzeit noch handwerklich in irgendwelcher Art zu arbeiten. «Als Bauernsohn hat mich die Arbeit mit den Händen nie losgelassen. Nur eines möchte ich jetzt nicht mehr: im Büro arbeiten. Das habe ich genug lange und intensiv getan.»
Mit der Gemeindeverwaltung schliesst Arnold Huber endgültig ab. Loslassen könne er gut. «Ich übergebe die Gemeinde verwaltungsmässig in der Vollblüte.»